Stadtnachricht

Offener Brief des Oberbürgermeisters Matthias Klopfer zu den Ereignissen auf dem Schorndorfer Stadtfest "SchoWo"


Liebe Schorndorferinnen und Schorndorfer,
liebe Besucherinnen und Besucher unseres Stadtfestes,

wir alle stehen noch unter dem Eindruck der Vorkommnisse in den vergangenen Tagen. Nach wie vor erreichen mich viele Anfragen der Presse und von Bürgerinnen und Bürgern aus Schorndorf und ganz Deutschland. Nach wie vor kursieren viele falsche Behauptungen und Gerüchte, die als Tatsachen dargestellt werden, und die es uns allen schwer machen, die Ereignisse sachlich aufzuarbeiten. Deshalb informiere ich Sie an dieser Stelle über die aktuelle Lage der Fakten, wie sie auch die Polizei bestätigt.

• Die Kriminalpolizei ermittelt (Stand Mittwoch, 19. Juli) in sechs Fällen wegen sexueller Belästigung. Bislang konnte die Polizei einen irakischen Tatverdächtigen sowie drei afghanische Tatverdächtige ermitteln. Die Kriminalpolizei setzt ihre Ermittlungen fort. Ich bedaure sehr, was den jungen Frauen widerfahren ist, ihnen gilt mein Mitgefühl.

• In der Nacht von Samstag auf Sonntag haben sich laut Polizei - wie in den vergangenen Jahren während der SchoWo auch - bis zu 1.000 junge Menschen im Schlosspark versammelt, der weitaus größte Teil hat friedlich gefeiert. Es waren Menschen aus vielen Nationen - darunter auch Asylsuchende, Flüchtlinge und Migranten. Aber vor allem Schülerinnen und Schüler und junge Erwachsene aus Schorndorf und Umgebung. Einzelne Gruppen - wobei die Identitäten der Gruppenmitglieder bislang noch ungeklärt sind - sind aneinandergeraten und haben die Gelegenheit genutzt, in der Anonymität dieser friedlichen Menschenansammlung zu randalieren und Flaschen auf Mitmenschen und auf die Polizei zu werfen. Randalierer widersetzten sich dem Zugriff der Polizei, es wurden Einsatzfahrzeuge beschädigt. Die Polizei bekam die Lage mit Unterstützung der Bereitschaftspolizei in den Griff. Zum Glück wurde kein Polizist verletzt. Das DRK bestätigt, dass in dieser Nacht nicht mehr Besucherinnen und Besucher behandelt werden mussten, als in den Jahren zuvor.

• Allerdings hat es ein solches Ausmaß an Ausschreitungen und aggressivem Verhalten bislang bei Feierlichkeiten im Schlosspark nicht gegeben. Stadt und Polizei hätten am Samstag frühzeitiger und intensiver die Situation im Schlosspark beobachten und daraus die entsprechenden Konsequenzen ziehen müssenDeeskalierend, aber klar. Ich sage zu, dass wir dies künftig besser lösen und in Abstimmung mit der Polizei den Schlosspark gegebenenfalls früher räumen.

• Es trifft nicht zu, dass kleinere Gruppierungen randalierend durch die Innenstadt gezogen sind. Die Polizei ermittelt aber, inwieweit einzelne Menschen Messer bei sich trugen. Dazu gibt es noch keine gesicherten Erkenntnisse.

• Zudem haben wir in Schorndorf seit einigen Wochen eine Gruppe mit 20-30 arabischstämmigen Personen, die nicht aus Schorndorf kommen, sich allerdings immer wieder in unserer Stadt versammeln und seitens der Polizei bereits konkret im Fokus stehen. Diese Gruppe wurde auch am Samstagabend in Schorndorf gesichtet. Inwieweit diese Gruppe in die Vorfälle verwickelt war, ist ebenfalls noch nicht geklärt.

Ich stelle klar, wir – sowohl die Polizei wie auch die Stadt – dulden keine Übergriffe gegen wen auch immer. Und ich habe immer gesagt und fordere dies weiterhin: Asylsuchende, die straffällig werden, müssen im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten konsequent abgeschoben werden. Wir unterstützen die Polizei weiterhin bei ihrer Aufklärungsarbeit und der Verfolgung der Straftaten, mit allen Möglichkeiten, die wir als Stadt haben. Dazu gehört auch der kritische Blick zurück von allen Beteiligten. Wir werden künftig mit mehr eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern während der gesamten SchoWo vor Ort sein. So lange, bis der letzte Gast seinen Heimweg antritt. Auch unser Sicherheitskonzept werden wir nochmals anpassen.

Konsequenzen

Dass Schorndorf mit den Ereignissen bundes- und weltweit in die Schlagzeilen gekommen ist, und wir uns mit einer nie gekannten Medienberichterstattung konfrontiert sehen, ist das Resultat aus der medialen Verbreitung einer ersten Meldung der Polizei. Diese hat bei Journalisten den Eindruck erweckt, dass 1.000 Jugendliche, die zu einem Großteil Migrationshintergrund haben sollten, randalierend durch die Stadt gezogen sind und Frauen belästigt haben. Dies entspricht nicht den Tatsachen. Dennoch ist es sicherlich notwendig, die Kommunikation seitens der Behörden zu verbessern. Was ist in der Kommunikation am Sonntag schiefgelaufen? Wie hätte die Eskalationsspirale in der Nacht auf Sonntag frühzeitig erkannt werden können? Welche Anlaufstellen brauchen Frauen und Jugendliche während eines Stadtfestes? Aus all diesen Fragen ziehen wir gemeinsam im Schulterschluss mit der Polizei die Konsequenzen für die kommenden Jahre.

Ich stelle auch klar, dass ich als Oberbürgermeister dieser Stadt keine Tatsachen vertusche oder schönrede. Wenn es Probleme, Missstände oder beängstigende Vorkommnisse gibt, dann benennen wir diese, nehmen sie ernst und versuchen, Lösungen zu finden. Mir geht es um Sie, die Menschen in dieser Stadt, und ich bin jederzeit bereit, mir Ihre Sorgen und Ängste anzuhören.
Ich bin aber nicht bereit, mich vor allem in den sozialen Medien, aber auch am Telefon, per E-Mail und im persönlichen Gespräch auf hetzerische Art und Weise anfeinden oder gar bedrohen zu lassen. Auch meine Familie, die Polizei, die SchoWo-Macher, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung, die vielen Ehrenamtlichen und Menschen, die sich für das gute Miteinander aller in unserer Stadt einsetzen, werden massiv angegangen. Ich kenne unsere Stadt anders. Ich kenne sie als offen und tolerant, eine Stadt, in der man sich gegenseitig unterstützt, auch wenn es Kritik und Meinungsverschiedenheiten in der Sache gibt. Ich hoffe und wünsche mir, dass in Schorndorf weiterhin ein Klima der Toleranz, der Weltoffenheit, der Hilfsbereitschaft und der gegenseitigen Wertschätzung herrscht. Bei uns engagieren sich viele Ehren- und Hauptamtliche für ein gutes und friedliches Zusammenleben. Dafür sind wir schon mehrfach bundesweit ausgezeichnet worden. Ich bin mir sicher, dass wir diesen Rückschlag überwinden werden und die anstrengende Integrationsaufgabe in den Griff bekommen.

Hetzern entgegentreten

Ich bitte Sie, treten Sie Hetzern entgegen, überlassen Sie nicht jenen das Feld, die Falschmeldungen verbreiten, um rassistische und diskriminierende Stimmung zu machen. Zeigen Sie offen, dass Schorndorf eine Stadt ist, die geschlossen für unsere demokratischen Werte steht. Und an all die Politikerinnen und Politiker, die gerade versuchen, das Thema politisch zu nutzen, appelliere ich: Werden Sie ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht, machen Sie keinen Wahlkampf auf Kosten anderer.

Diese SchoWo wird uns noch lange im Gedächtnis bleiben. Meine Aufgabe wird in den kommenden Wochen und Monaten vor allem sein, den mehr als tausend Ehrenamtlichen der Vereine Mut zu machen, gemeinsam die 50. SchoWo gut vorzubereiten und sich auch jetzt schon darauf zu freuen. Über Jahrzehnte wurde hier Vorbildliches geleistet. Das lassen wir uns nicht durch eine in Teilen unangemessene, ausschließlich der Logik der schnellen Schlagzeile gehorchenden Berichterstattung nehmen. Wir hatten 48 Jahre eine tolle SchoWo, das Stadtfest 2017 begann großartig und wurde in einen unverschuldeten Strudel gezogen. Im nächsten Jahr werden wir gemeinsam eine friedliche, ausgelassene, kulturell vielfältige und sichere SchoWo 2018 feiern. Dazu lade ich Sie schon heute herzlich ein.
Ihr

Matthias Klopfer
Oberbürgermeister