Stadtnachricht

Flüchtlingshilfe im guten Miteinander


2015-12-10_Infoveranstaltung-Asyl
Wie auch zu den vergangenen Infoveranstaltungen kamen wieder viele Bürgerinnen und Bürger in die Barbara-Künkelin-Halle, um sich zu informieren.

Die Stadtverwaltung Schorndorf und das Landratsamt Rems-Murr-Kreis informierten am Dienstagabend in der Barbara-Künkelin-Halle umfassend über den aktuellen Stand in der Flüchtlingshilfe. Den Bürgerinnen und Bürgern Rede und Antwort standen der Erste Landesbeamte Bernd Friedrich, Oberbürgermeister Matthias Klopfer, der Leiter des Polizeireviers Schorndorf Thomas Georgi, Nicole Marquardt-Lindauer, Leiterin des Fachbereichs Bildung, Sport und Erziehung, Dieter Leins, Schulleiter der Gemeinschaftsschule Rainbrunnen, Angelika Stock, Leiterin des Kreisjugendamts, und Hanne Mörtl, Leiterin des SOS-Kinderdorfes.

Viele Menschen auf der Flucht

„Es sind nach wie vor sehr viele Menschen auf der Flucht“, betonte Oberbürgermeister Matthias Klopfer zu Beginn. Und im Dezember müsse der Rems-Murr-Kreis entsprechend der festgelegten Quote rund 1.100 Menschen aufnehmen, verdeutlichte Erster Landesbeamter Bernd Friedrich. „Umso mehr ist die kommunale Familie gefordert, Leerstände von Gebäuden zu nutzen“, sagte Klopfer. Platz für rund 160 Asylsuchende gibt es in der neuen Gemeinschaftsunterkunft im ehemaligen Kelch-Verwaltungsgebäude in der Wiesenstraße. Um den 7. Januar herum soll es bezugsfertig sein. „Insgesamt ist dort eine gute Infrastruktur gegeben“, sagte Klopfer, der sich vor Ort bereits über die Gegebenheiten informiert hat. Seitens der Stadtverwaltung werden – wie bereits in anderen Unterkünften – sogenannte Hausverantwortliche eingesetzt, die als Bindeglied zwischen den für die Gemeinschaftsunterkünfte zuständigen Sozialarbeitern des Landratsamtes und der Stadtverwaltung fungieren und die ehrenamtliche Unterstützung vor Ort koordinieren. Klopfer wiederholte in diesem Zusammenhang die Bitte an das Landratsamt, den Betreuungsschlüssel von 1:120 zu gewährleisten. Das bedeute, dass sechs Sozialarbeiter in Schorndorf für die Flüchtlingshilfe tätig sein müssten. Derzeit sind es vier, weitere Kräfte sind angekündigt. Zwar habe das Landratsamt eine „Dauerausschreibung“ für Sozialarbeiter laufen, wie Friedrich erklärte, es sei derzeit aber auch nicht einfach, diese Stellen schnell und gut zu besetzen. Man setze alles daran, die Betreuung der Unterkünfte dem Schlüssel gemäß zu gewährleisten. „Die Herausforderung ist nach wie vor groß, aber durch ein gutes Miteinander werden wir diese meistern“, bekräftigte er.

Dass es keinen stichhaltigen Beleg dafür gibt, dass Asylsuchende krimineller sind als andere Menschen, bekräftigte Thomas Georgi, Leiter des Polizeireviers Schorndorf. „Kriminalität macht sich nicht, und auch nicht in Schorndorf an der Nationalität oder der Volkszugehörigkeit fest.“ Er wolle nicht verharmlosen, dass Asylsuchende sehr wohl auch Straftaten begehen, er könne aber mit Überzeugung sagen, dass es sich über das laufende Jahr um eine sehr geringe Fallzahl handle – auf Schorndorf bezogen sind es deutlich unter 100 Straftaten von Asylsuchenden. Demgegenüber stehen aktuell 4.000 Straftaten (einschließlich Verkehrsstraftaten) im gesamten Bereich des Polizeireviers Schorndorf. Rund 50 Prozent der von Asylsuchenden begangenen Straftaten seien sogenannte Eigentumsdelikte, davon drei Viertel Ladendiebstähle. Keine Erkenntnisse gebe es, dass sich eine Drogenhandelsszene etabliere und zudem gebe es so gut wie keine körperlichen Übergriffe auf Bürgerinnen und Bürger. Wenn es zu Körperverletzungen komme, dann in erster Linie unter den Asylsuchenden. Thomas Georgis deutliche Botschaft: „Der weitaus größte Teil der Asylsuchenden verhält sich absolut gesetzeskonform.“

Derzeit sind noch rund 75 Prozent der Asylsuchenden, die nach Schorndorf kommen, über 18 Jahre alt. „Das wird sich ändern“, erklärte Nicole Marquardt-Lindauer, Fachbereichsleiterin Bildung, Sport, Erziehung. Es kämen immer mehr Familien, was sowohl für die Kindergarten- wie auch die Schulplanung eine große Herausforderung darstelle. Es könne derzeit nicht sofort für jedes Kind ein Platz im Kindergarten oder ein Platz in den sogenannten Vorbereitungsklassen, die auf den Regelunterricht vorbereiten, gewährleistet werden. Die Stadtverwaltung arbeite aber mit Hochdruck und in enger Abstimmung mit den Schulen und den anderen Kindergartenträger zusammen. Gemeinsam sollen diese notwendigen Plätze geschaffen werden. Zudem ist eine zentrale Verteilung der Kiga- und Schulplätze seitens des Fachbereiches geplant, um Konzentrationen an einzelnen Standorten zu vermeiden.

Friedliches Miteinander

Sehr aktiv in dieser Hinsicht ist die Gemeinschaftsschule Rainbrunnen, wie Rektor Dieter Leins berichtete. Eine Alphabetisierungsklasse, eine Vorbereitungsklasse für Kinder von sechs bis zwölf Jahren und zwei Vorbereitungsklassen für Kinder von zwölf bis 14 Jahren gibt es derzeit an dieser Schule. „Hauptziel ist, dass die Kinder so rasch wie möglich Deutsch so beherrschen, dass sie am Regelunterricht teilnehmen können“, erklärte Leins. Und er betonte: „Wir haben große Erfolge und ein friedliches Miteinander.“

Gast- und Pflegefamilien für Kinder und Jugendliche gesucht

Neben den vielen Familien kommen auch viele Kinder ohne ihre Eltern nach Deutschland. Eine Wohngruppe für sogenannte unbegleitete minderjährige Ausländer (UMA) hat das SOS-Kinderdorf in dieser Woche in der Burgstraße 71 in Schorndorf eröffnet. Hier ist Platz für acht Jugendliche, die seitens des Trägers intensiv betreut werden, wie Hanne Mörtl, Leiterin des SOS-Kinderdorfes, erläuterte. „Wir brauchen für diese vielen Jugendlichen, die zu uns kommen, unterschiedliche Unterbringungsformen“, erklärte die Leiterin des Kreisjugendamtes, Angelika Stock. Dazu haben sich die vier freien Träger der stationären Jugendhilfe für den Rems-Murr-Kreis zusammengeschlossen: die Evangelische Gesellschaft Stuttgart, die Diakonische Jugendhilfe Heilbronn, das SOS-Kinderdorf Baden-Württemberg und die Paulinenpflege Winnenden.
Gesucht seien nun Gast- und Pflegefamilien, in denen Kinder und Jugendliche unterkommen können. „Die Familien werden selbstverständlich von uns vorbereitet und begleitet“, so Angelika Stock. Zudem gebe es eine finanzielle Unterstützung für die Betreuung und den Unterhalt der Jugendlichen. Interessierte können sich per E-Mail an gastfamilie(at)rems-murr-kreis.de wenden. Außerdem findet eine Infoveranstaltung zum Thema Gast- und Pflegefamilien am kommenden Dienstag, 15. Dezember von 19 bis 21 Uhr im ZiB, Schlachthausstraße 5, statt.

Fragerunde

In der anschließenden Fragerunde standen kritischen Stimmen viele positive Äußerungen von Schorndorfer Bürgerinnen und Bürgern gegenüber, die sich vehement für Toleranz und Hilfsbereitschaft einsetzten. „Ich danke allen, die versuchen, aus der derzeitigen Situation das Beste zu machen“, brachte es ein Bürger auf den Punkt. Und hinsichtlich der Kritik, dass es nun eine weitere Gemeinschaftsunterkunft in der Nordstadt gebe, bekräftigte Oberbürgermeister Matthias Klopfer, dass das Ziel weiterhin sei, die Unterkünfte auf die ganze Stadt zu verteilen. Allerdings sei zu Beginn des Jahres nicht abzusehen gewesen, wie viele Menschen tatsächlich nach Schorndorf kommen. „Wir müssen vor allem schauen, wo wir geeignete Unterkünfte finden.“ Es gebe eine Konzentration in der Nordstadt aber bei Weitem keine Ghettoisierung, wie es eine Bürgerin äußerte. Eine andere entgegnete: „Ich lebe ganz in der Nähe der Unterkunft in der Wiesenstraße und ich habe überhaupt kein Problem damit, so nahe zu wohnen.“ Und Oberbürgermeister Klopfer ergänzte: „Ich bin froh und dankbar, in einer Region zu leben, die von einer großen Vielfalt an unterschiedlichen Menschen geprägt ist. Diese macht mein Leben reicher.“