Stadtnachricht

Informationsfahrt zu Bibliotheken


2016-09-29_Buecherei-Ehningen

Um sich im laufenden Meinungsfindungsprozess ein Bild davon zu machen, wie Bibliotheken in mehrstöckigen historischen Gebäuden aussehen können, lud die Stadtverwaltung am vergangenen Samstag zu einer Informationsfahrt ein. Gemeinsam mit Oberbürgermeister Matthias Klopfer und dem künftigen Bürgermeister Thorsten Englert waren Gemeinderäte, Leserinnen und Leser der Stadtbücherei sowie Vertreter und Vertreterinnen der Lokalen Agenda, des Weststadtvereins, des Freundeskreises der Stadtbücherei, des Seniorenforums sowie Jugendliche der Gottlieb-Daimler-Realschule unterwegs.

Ehningen und Radolfzell

Die gut 30-köpfige Delegation besuchte zwei im Jahr 2015 eröffnete Bibliotheken. Beide zeichnen sich dadurch aus, dass renovierungsbedürftige Gebäude durch die Umnutzung nach einem längeren politischen Prozess zu neuem Glanz fanden. Die südöstlich von Böblingen liegende Gemeinde Ehningen zählt etwa 8.000 Einwohner.

Sie renovierte für ihre Bücherei ein historisches Wohnhaus und erweiterte es durch einen modernen Anbau mit Eingangsbereich, Treppenhaus und Aufzug. Den Innenraum des denkmalgeschützten Fachwerkhauses prägen die freigelegte Balkenkonstruktion und seine untergliederte Raumstruktur. Hatte die Bücherei zuvor zwei Klassenzimmer einer Schule zur Verfügung, kann sie heute 570 Quadratmeter für 26.000 Medieneinheiten nutzen. Büchereileiterin Dominique Hotzy gab den Besucherinnen und Besuchern aus Schorndorf eine positive Erfahrung mit: „Seit ihrem Umzug ist die Bücherei viel mehr als eine Ausleihstelle für Bücher. Sie ist ein beliebter Treffpunkt und die Menschen nutzen sie für den Aufenthalt.“ Sobald die Bücherei um 10 Uhr ihre Türen öffnete, konnten sich die Gäste mit eigenen Augen überzeugen: Am Lesetisch der Zeitschriftenabteilung packten Schachspieler ihre Bretter aus.

Radolfzell am Bodensee (circa 30.000 Einwohner) hat für seine Stadtbibliothek ein beeindruckendes Kleinod umgebaut und renoviert: das Österreichische Schlösschen. Damit kann das Gebäude seit der Grundsteinlegung 1619 heute erstmals seinen Schlosscharakter ausspielen. Ursprünglich sollte der Bau dem österreichischen Erzherzog Leopold V als Stadtschloss dienen, aus verschiedenen Gründen verzögerte sich die Fertigstellung jedoch. Bis ins 18. Jahrhundert wurde das halb fertige Gebäude als Fruchtschütte und Speicher genutzt, später als Schule und seit 1973 war auch die Bücherei in einzelnen Räumen untergebracht. Heute hat sie für ihre 46.000 Medieneinheiten das ganze Haus mit 1.100 Quadratmeter Publikumsfläche auf fünf Etagen zur Verfügung.

Herausforderungen

Die Schorndorfer Delegation zeigte sich angetan von den hohen Räumen mit ihren restaurierten Gewölbe- und Stuckdecken. Von den Herausforderungen der Bauarbeiten berichtete der städtische Architekt Gerhardt Schöpperle: „Zeitweise konnte man durch mehrere Geschosse hindurchsehen, weil wir die Decken neu aufgebaut und verstärkt haben“. Dass die Radolfzeller ihre neue Stadtbücherei schätzen, ließ sich schon im Eröffnungsjahr an den Zahlen ablesen: Die Leiterin der Bibliothek, Petra Wucherer, zählte 150.000 Besucher und eine Ausleihsteigerung um 30 Prozent.

Die Stadtbücherei ist zum Wohnzimmer der Stadt geworden. Kooperationspartner wie Schulen und Kindergärten zeigen großes Interesse am Angebot. Es gehen so viele Anfragen nach Klassenführungen ein, dass die Wartezeit für einen Termin zwei Monate beträgt. Die Bibliothek nutzte den Umbau auch, um zeitgemäße Technik einzubinden. Die Ausleihe der Medien geschieht über RFID-Selbstverbuchung. Jugendliche finden in ihrer Abteilung selbstverständlich eine Spielekonsole vor. Die Kinderabteilung präsentiert eine Lese- und Liegelandschaft in Grün und Blau – ganz wie der nahe gelegene Bodenseestrand.
Im obersten Geschoss, 13 Meter über dem Marktplatz, wird die Nähe zum Wasser erneut aufgenommen: Durch ein Fensterband im Dach weitet sich der Blick auf den Untersee.