Stadtnachricht

Schorndorfs flexibles Bussystem – eine Zwischenbilanz


Das flexible Bussystem des Reallabors entwickelt sich weiter.
Das flexible Bussystem des Reallabors entwickelt sich weiter.

Seit dem 10. März sind von Freitagnachmittag 15 Uhr bis Sonntagnacht (Betriebsschluss) die flexiblen Kleinbusse in Schorndorfs Südstadt unterwegs. Die Busse fahren von Bussteig 1 ab und können via Handy-App, VVS-Homepage (www.vvs.de) oder Telefon (0711/68628815) bis zu drei Tage vor geplanter Abfahrt, spätestens jedoch fünf Minuten vor Abfahrt der Busse am Bahnhof gebucht werden. Darüber hinaus ist es möglich, am Bahnhof spontan, also ohne vorherige Buchung in die Busse einzusteigen. Ein Ausstieg ist dann auf der Route, die der Fahrer fährt möglich. Ein spontaner Zustieg, verbunden mit dem Wunsch zur Änderung der geplanten Fahrt-Route ist nicht umsetzbar. Die Möglichkeit des Spontanzustieges am Bahnhof, wird während der ganzen Projektlaufzeit (diese endet Mitte Dezember 2018) gegeben sein. Während des Einsatzes der flexiblen Busse werden die Fahrten von Projektmitarbeitern begleitet. Diese können jeweils Freitagnachmittag (15 bis 19 Uhr) sowie Samstagvormittag (9 bis 15 Uhr) in den Bussen angetroffen werden. Die Projektmitarbeiter informieren, helfen bei Bedarf und nehmen Anregungen auf.

Sechs Wochen Flexibilität in Schorndorf – positive Entwicklung

Der Start des flexiblen Busbetriebes war schwierig. Eine unstabile App, ein zeitweiser Buchungssystemausfall sowie lange Wartezeiten bei der Telefonzentrale waren alles andere als ideal. An dem Startwochenende gelang es dem Projektteam lediglich 60 Prozent der Buchungsanfragen erfolgreich umzusetzen. Eines war somit klar: Das muss besser werden und zwar schnell. Die Zeit zwischen den Wochenenden, also die Tage, an denen die flexiblen Busse nicht im Einsatz sind, wird für Verbesserungen und Änderungen am Buchungssystem genutzt. Mit Hochdruck arbeitet das Projektteam daran, Fehler zu beheben. Mit Erfolg: Sukzessive konnte die Anzahl der durchgeführten Fahrten und damit einhergehend die Anzahl der erfolgreichen Buchungen erhöht werden. Zuletzt lag dieser Anteil bei 89 Prozent.

Hierbei zeigte sich im Verlauf der vergangenen Wochen auch ein verändertes Buchungsverhalten der Fahrgäste: Während an den ersten beiden Einsatzwochenenden überwiegend zum Telefonhörer gegriffen wurde und eine Fahrt via telefonischer Bestellung gebucht wurde, hat sich nun der Anteil der Appnutzer stark erhöht – bei gleichzeitiger Absenkung der Telefonbuchungen. Interessant ist, dass auf die Option „Buchung via Web“ – also vom Computer aus – von den Fahrgästen kaum zurückgegriffen wird. Auch verzeichnet das Projektteam einen rückläufigen Anteil an Spontanzustiegen, wobei dieser freitags nach wie vor hoch ist, an Samstagen und Sonntagen niedriger. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Zum einen sind momentan Dauerbuchungen nicht möglich. Da freitags aber sehr viele Berufspendler auf das Buchungssystem zugreifen, wollen diese nicht Woche für Woche neu buchen und behalten sich daher die Option des spontanen Zustieges vor. Zum anderen gelang es aber auch die Oberfläche der App kundenfreundlicher zu gestalten und die App stabiler laufen zu lassen, so dass mittlerweile vielfach in wenigen Minuten eine Fahrt per App buchbar ist. Einige Fahrgäste melden dies auch dem Projektteam zurück und zeigen sich begeistert von den neuen Möglichkeiten.

Aber dennoch gibt es für das Projektteam nach wie vor viel zu tun, immer noch läuft nicht alles rund, wie Diana Gallego Carrera von der Stadtverwaltung Schorndorf sagt. „Probleme sehe ich an drei zentralen Stellen: erstens bei der Fahrtroutenbündelung, zweitens bei der Kompatibilität von Schnittstellen sowie drittens im Bereich der Verhaltensänderungen. Das Thema „Fahrtroutenbündelung“ betrifft die Frage, wie viele Fahrtwünsche pro Fahrt-Umlauf berücksichtigt werden können. Je mehr Fahrtwünsche das Buchungssystem aufnimmt, desto mehr Haltepunkte gibt es und desto länger dauert die Fahrt. Eng damit verbunden ist die Frage der sinnvollen Routenführung. In beiden Bereichen (Fahrtwunschberücksichtigung und sinnvolle Routenplanung) konnten Dank der vielfachen und dezidierten Rückmeldungen seitens der Fahrgäste erhebliche Verbesserungen vorgenommen werden. Letztlich bewegt sich das Projektteam in diesem Bereich aber auf einem schmalen Grad, denn die Flexibilität des Systems sinkt mit der steigenden Anzahl an Haltewünschen. Schwierig also, beides zur Zufriedenheit aller zu bewerkstelligen.“

Die Thematik „Schnittstellen“ betrifft demgegenüber das Herzstück des Projektes. Denn die Reallabor-Busse sind Bestandteil des regulären öffentlichen Personennahverkehrs. Das bedeutet, dass die Buchungsanfragen und das Ticketing für die Reallabor-Busse auf die Plattformen des VVS zurückgreifen. Veränderungen dort, ziehen somit Folgen im Buchungsablauf nach sich. Auch bedeutet dies einen hohen Abstimmungsbedarf zwischen dem VVS, dem örtlichen Busunternehmen Knauss, der Telefonzentrale sowie den restlichen Projektmitgliedern. Diesen Abstimmungsbedarf zu bündeln und zu koordinieren bedarf eines verstärkten Einsatzes.

Der dritte angesprochene Punkt betrifft den Aspekt der „liebgewonnenen Gewohnheiten“. „Wir wissen aus anderen Projekten, dass es bis zu drei Jahre lang dauern kann bis sich Verhaltensänderungen im Mobilitätsbereich eingespielt haben. Da sind wir mit unseren neun Monaten Reallabor sportlich unterwegs“, so Chefplaner Manfred Beier. Klar ist auch, dass sich der eine Fahrgast mit der Flexibilität leichter tut als der andere. Was für den einen einen Zugewinn an Freiheiten bedeutet stellt für den anderen einen erhöhten Aufwand dar.

Insgesamt betrachtet, zeigt sich, dass im Reallabor-Projekt im Laufe der letzten sechs Wochen erhebliche Verbesserungen bei der Busbestellung erwirkt werden konnten. Dennoch gibt es weiterhin Herausforderungen, die angegangen werden müssen. Das Projektteam befasst sich hierfür mit den Rückmeldungen zum Einsatz der Busse seitens der Bürgerschaft und wertet die Buchungsdaten aus. Letztlich ist das der große Vorteil eines Reallabores: Anpassungen können im Projekt vorgenommen und Lernerfolge direkt umgesetzt werden. Auf dieser Basis hoffen die Projektmitglieder zu einem Bussystem zu gelangen, dessen Vorteile in Summe überwiegen.