Stadtnachricht

20 Jahre Wasserverband Rems


Hochwasser im Januar 2011 zwischen Geradstetten und Winterbach.

Wenn es donnert und blitzt, wenn man meint, da öffnet einer auf einmal alle Schleusen, wenn urplötzlich regelrechte Wasserfälle vom ansonsten blauen Himmel auf die Erde niederdonnern, dann steigt nicht nur an den Ufern der Rems der Pegel, manch Kanalisation kapituliert und der eine oder andere Weg steht plötzlich unter Wasser. Dann steigt auch bei Hans-Peter Sieg, Roland Kuhn und Mischa Allgaier der Adrenalin-Pegel rapide an. Die drei Männer arbeiten nämlich beim Wasserverband Rems und sind damit mitverantwortlich für die Hochwasserschutzmaßnahmen der Gemeinden entlang der Rems.

Die Schorndorfer Vorstadtstraße im Hochwasser 1956.Der Wasserverband Rems feiert in diesen Tagen seinen 20. Geburtstag. 20 Jahre in denen die Gefahr, die vom Fluss Rems ausgeht, dank etlicher Maßnahmen etwas gebändigt werden konnte. Roland Kuhn hat als Geschäftsführer den Wasserverband Rems von Anfang an mit begleitet. Noch bis Juli steht er seinem Nachfolger Mischa Allgaier zur Seite, der das Amt des kaufmännischen Geschäftsführers im Januar 2018 übernommen hat.

Kuhn erinnert sich noch gut an die Anfänge des Wasserverbandes. Wie so oft musste es erst zu einer Hochwasserkatastrophe wie im Jahr 1990 kom-men, nach der die Verantwortlichen in den Gemeinden aufwachten, sich zusammenschlossen und gemeinsam gegen die Bedrohung durch das Hochwasser angingen.

Das Hochwasser im Remstal im Februar 1990 mit Schäden von über 20 Millionen DM hatte nicht nur Verwüstungen in den betroffenen Gebieten hinterlassen, sondern auch Spuren in den Köpfen. Jetzt endlich begriffen die Verantwortlichen in den Städten und Gemeinden entlang der Rems, dass nur ein Hochwasserschutzkonzept für das ganze Tal die Überschwemmungsgefahr vermindern kann. Bislang hatte man versucht, die Rems zu zähmen: Man hatte sie begradigt und an ihren Ufern hohe Schutzdämme errichtet. So floß zwar das Wasser bei Hochwasser schnell ab - die flussabwärts liegenden Gemeinden bekamen dadurch aber die Wucht des Wassers umso stärker ab. Besonders betroffen vom Hochwasser 1990 waren die Gemeinden Urbach, Schorndorf und Winterbach. Der damalige Urbacher Bürgermeister, Johannes Fuchs, später Landrat des Rems-Murr-Kreises, ergriff die Initiative zur Gründung einer Hochwasserschutz-Solidargemeinschaft, die alle Anrainergemeinden erfassen sollte. Und man verwarf vor 20 Jahren auch das bisher gültige Modell, die Rems immer mehr zu begradigen und Dämme zu bauen. Rückhaltebecken sollten nun das Wasser im Hochwasserfall aufnehmen und dadurch den Fluss entlasten.

Kein einfaches Unterfangen, daran erinnert sich Roland Kuhn noch gut. Das Umdenken brauchte seine Zeit. Doch von heute aus betrachtet lobt Kuhn die konstruktive Zusammenarbeit zwischen den Kommunen, dem Landkreis und auch dem Land Baden-Württemberg.
So konnte 1993 die Planungsgemeinschaft Rems gegründet werden. Eine Gemeinschaft, die sich nicht nur dem Hochwasserschutz verpflichtete, sondern sich zunehmend auch den Naturschutz zur Aufgabe machte.

Im April 1998 fand in Schorndorf die Gründungsversammlung des Wasserverbands Rems statt, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nach dem Wasser- und Bodenverbandsgesetz. Als erster Vorsitzender des Verbands wurde der Schorndorfer Oberbürgermeister Winfried Kübler gewählt. Heute führt Matthias Klopfer den Wasserverband. Das Büro der Mitarbeiter und damit auch die Leitzentrale ist in der Johann-Philipp-Palm Straße untergebracht.

Die Herren des Wasserverbandes sprechen von vielseitigen Aufgaben: Man will die Rems in Schach halten, den örtlichen Hochwasserschutz verbessern und eine ökologische Verbesserung der Flusslandschaft erreichen. Dazu gehören auch solche Großprojekte wie die Umgestaltung der Rems in Winterbach, die vom Wasserverband planend und beratend begleitet wird. Hans-Peter Sieg kommt dabei richtig ins Schwärmen und spricht von der Rems, die in Teilabschnitten „enorm aufgewertet wird“, von „flachen zugänglichen Böschungen und der Natur überlassene Gewässerabschnitte“ und Mischa Allgaier, auch einer, der wie seine Kollegen nicht nur mit dem Verstand, sondern auch mit dem Herzen bei seinen Aufgaben ist, fügt noch die schönen Begriffe wie „Seitenarme und Altarme“ hinzu, die alle wieder zu ihrem Recht kommen.

Oberstes Ziel aller Bemühungen Hochwasserschutz ist es, einem 100-jährigen Hochwasser (HQ100) gewachsen zu sein. Dabei wissen die Männer des Wasserverbandes zu gut, dass dieser Name trügt. So wie Jahrhundertstürme leider zunehmend nicht 100 Jahre warten, bis sie wieder toben, so müssen sich die Menschen auch deutlich öfter als alle 100 Jahre auf verheerende Hochwasserereignisse einstellen. Dabei sind es nicht immer nur die Flüsse, die über ihre Ufer treten. In Braunsbach, im Landkreis Hohenlohe, war es im Jahr 2016 ein kleiner Bach, der den Ort verwüstete. Zunehmend machen lokal begrenzte Starkregen den Menschen zu schaffen.

Auch bei den Unwettern in diesem Frühjahr blieb die Rems weitgehend ruhig, dafür schwollen kleine Bäche bedrohlich an und die Kanalisation drückte gefährlich nach oben.

Doch auch die Gefahr, dass die Rems über ihre Ufer tritt, bleibt bestehen. Roland Kuhn, Mischa Allgaier und Hans-Peter Sieg plädieren nicht nur deshalb dafür, dass die Idee einer Solidargemeinschaft auch in Zukunft stark bleiben muss, auch dann, wenn man mal ein paar Jahre auf dem Trockenen sitzt.
  • Fertiggestelllt:
    Hochwasserrückhaltebecken Nr. 1 Schwäbisch Gmünd / Reichenhof Einstauvolumen V [m³]: 770.000
    Hochwasserrückhaltebecken Nr. 9 Lorch / Waldhausen Einstauvolumen V [m³]: 760.000
    Hochwasserrückhaltebecken Nr. 6 Schorndorf / Winterbach Einstauvolumen V [m³]: 1.260.000
  • Im Bau:
    Hochwasserrückhaltebecken Nr. 4 Plüderhausen / Urbach Einstauvolumen V [m³]: 670.000
  • In Planung:
    Hochwasserrückhaltebecken Nr. 5 Urbach / Schorndorf Einstauvolumen V [m³]: 1.130.000