Stadtnachricht

Mobile Jugendarbeit ist 30 Jahre alt


Sie sind die Gesichter der Mobilen Jugendarbeit: Anja Fuchs und Wolfgang Holzwarth.

Wenn sie über ihre Arbeit sprechen, ist zu spüren, wie sehr sie ihnen am Herzen liegt: Anja Fuchs und Wolfgang Holzwarth sind seit Jahren die Gesichter und Macher der Mobilen Jugendarbeit Schorndorf. In diesem Jahr feiert die Einrichtung, die von Beginn an im ehemaligen Pförtnerhäuschen der Villa Arnold in der Augustenstraße 2 ihr Zuhause hat, ihr 30-jähriges Bestehen.

Modellcharakter

Die ersten Überlegungen, eine solche Einrichtung zu gründen, gab es bereits im Jahre 1983. In diesem Jahr stimmte der damalige Kultur-, Jugend- und Sozialausschuss einer Konzeption für das Arbeitsfeld „Mobile Jugendarbeit“ grundsätzlich zu. Fünf Jahre später, im Juli 1988 begann Werner Kübler als erster Streetworker in Schorndorf mit der Arbeit. Die Mobile Jugendarbeit Schorndorf war damit die erste Einrichtung dieser Art im Rems-Murr-Kreis und hatte Modellcharakter. Schon ein Jahr später stieß Sabine Ramsayer als weitere Streetworkerin dazu. „Es war sehr schnell klar, dass speziell für die Arbeit mit den Mädchen auch eine weibliche Ansprechpartnerin vonnöten ist. Seitdem arbeiten wir immer in Zweierteams, ein Mann, eine Frau“, erzählt Wolfgang Holzwarth. Der 47-Jährige ist selbst seit dem Jahr 2000 Mitarbeiter der Mobilen Jugendarbeit.
Neben der Arbeit mit den jungen Menschen stand ganz zu Beginn erst einmal der Umbau des Pförtnerhäuschens an. Die Hausrenovierung außen und die Heizungs- und Elektroinstallation gab die Stadtverwaltung in Auftrag. Die Renovierung im Innenbereich setzte Kübler hauptsächlich zusammen mit Jugendlichen um, denen gemeinnützige Stunden vom Gericht auferlegt worden waren. So entstanden im Erdgeschoss zwei Gruppenräume und die Teeküche, im Obergeschoss ein Beratungsraum, der heute ein Raum für Mädchen ist. Außerdem ein Büro und im Keller ein Diskoraum und ein Bad mit Dusche und Waschmaschine.

„Wir wollen helfen, die Lebenssituationen zu verbessern.“

Anja Fuchs und Wolfgang Holzwarth

Der Übergang von Schule in Beruf, der Weg aus der Arbeitslosigkeit und Unterstützung bei der Jobsuche - damals wie heute sind die schwerpunktmäßigen Themen, die die Jugendlichen beschäftigen, wie Wolfgang Holzwarth und Anja Fuchs, seit 2008 Mitarbeiterin der Mobilen Jugendarbeit, berichten. „Und wir arbeiten seit jeher unter dem Motto ,Zuwendung statt Ausgrenzung’“, betonten die beiden Streetworker. Ungefähr gleich geblieben ist auch der Anteil von Jungen und Mädchen, mit denen Holzwarth und Fuchs in Kontakt sind: 60 bis 70 Prozent sind Jungs, 30 bis 40 Prozent Mädchen. Zwischen 150 und 200 Jugendliche betreut das Zweierteam derzeit. „Wir sind ganz unterschiedlich in Kontakt mit den jungen Menschen. Zum einen durch die klassische aufsuchende Streetworkarbeit. Zum anderen arbeiten wir aber auch intensiv mit Gruppen und Einzelpersonen hier im Haus“, erklärt Wolfgang Holzwarth. Das Ziel, das beide stets vor Augen haben: „Wir wollen denjenigen die zu uns kommen, helfen, ihre Lebenssituation zu verbessern.“ Dabei betonen beide: „Die Jugendlichen kommen freiwillig zu uns.“
Auf die Frage, was sich in der Arbeit in den vergangenen Jahren am stärksten verändert hat, fällt die Antwort des Teams ganz klar aus: „Die Jugendlichen sind viel mobiler und viel spontaner als früher.“ Das erschwere natürlich die Arbeit und erfordere eine deutlich höhere Mobilität bei den Streetworkern selbst. Zwar sei der Bahnhof nach wie vor ein stark frequentierter Treffpunkt, ansonsten seien die Jugendlichen aber deutlich „schnelllebiger“, was ihre Treffpunkte in Schorndorf angehe.

Selbstverständlich ist auch: Ohne die neuen Medien geht es im Bereich der Jugendarbeit nicht mehr. „Die sozialen Netzwerke beeinflussen die jungen Menschen schon sehr stark und das wird auch so bleiben“, sagt Anja Fuchs. Die Spiel- und Handysucht, Mobbing und „die Verbreitung von Schrott“, wie Holzwarth es nennt, nehme dadurch zu. Deshalb achten Wolfgang Holzwarth und seine Kollegin darauf, dass die Zeit im Haus genutzt wird, um miteinander ins Gespräch zu kommen, oder eine alternative Freizeitgestaltung im Vordergrund steht und hierbei das Handy auf die Seite gelegt wird. Eine Herausforderung auf der einen Seite, eine Erleichterung auf der anderen: Denn auch die Streetworker nutzen die sozialen Netzwerke inzwischen, um mit ihren Klienten in Verbindung zu treten. „Unsere Terminvereinbarungen laufen sehr häufig über die Smartphones“, berichtet die 32-Jährige. Klar sei bei der Kommunikation über die sozialen Netzwerke: „Der erste Kontakt zum Beispiel bei Facebook geht von dem jeweiligen Jugendlichen aus, nicht vom Streetworker“, erklärt Fuchs. Das sei klar definiert.

Gestaltung der Lebensentwürfe

Künftig, da sind sich Anja Fuchs und Wolfgang Holzwarth sicher, werde es zunehmend wichtiger werden, den jungen Menschen Hilfe bei der Gestaltung ihrer Lebensentwürfe zu bieten. Häufig fehle der notwendige Halt innerhalb der Familien, seitens der Eltern. Und: Die Jugendlichen bräuchten Plätze im öffentlichen Raum. „Sie müssen sich willkommen und als Teil unserer Stadtgesellschaft fühlen. Daran werden wir in den nächsten Jahren gemeinsam arbeiten. „Hierfür sind wir in der Stadt und auch in der Region gut aufgestellt. Denn die Zusammenarbeit beispielsweise mit der Offenen Jugendarbeit, das heißt mit dem Jugendhaus Altlache und dem Jugendzentrum Hammerschlag, und auch den vielen anderen Einrichtungen in Schorndorf ist über die Jahre in einem stets offenen Austausch eng zusammengewachsen und wir ergänzen uns bestens mit unseren unterschiedlichen Angeboten.“