Stadtnachricht

Vor 500 Jahren Aufstand "Armer Konrad"


Er gehört mit zu den bedeutendsten Ereignissen in der württembergischen Landesgeschichte: der Aufstand des "Armen Konrad" im Jahre 1514, der im heutigen Weinstädter Stadtteil Beutelsbach seinen Anfang und sein Ende zugleich fand. Und es war das Remstal, von dem diese erste große Volksbewegung als Vorläufer des Bauernkriegs gegen die herrschende Obrigkeit ausging. Im Jubiläumsjahr 2014 deshalb die Ereignisse vor 500 Jahren mit einem umfangreichen Festprogramm in den Städten Fellbach, Waiblingen, Weinstadt und Schorndorf in Erinnerung gerufen werden.

Schon jetzt sind im Remstal die ersten Vorbereitungen für dieses Großereignis im Gange. Neben einer großen Ausstellung ist ein umfangreiches kulturelles, wissenschaftliches und museumspädagogisches Begleitprogramm mit Vorträgen, Führungen, Theater, Lesungen und anderem mehr geplant, das der Bevölkerung, gerade auch Schülern und Jugendlichen, dieses Ereignis spannend und anschaulich vermitteln soll. Dazu wurde jetzt eine interkommunale Arbeitsgruppe eingesetzt, die in Zusammenarbeit mit dem Landesmuseum sowie anderen staatlichen Stellen und Einrichtungen das Konzept der Jubiläumsveranstaltungen erarbeiten soll. Denn die Oberbürgermeister Andreas Hesky (Waiblingen), Jürgen Oswald (Weinstadt), Matthias Klopfer (Schorndorf) und Christoph Palm (Fellbach), der das Ereignis initiiert hat, sind sich einig, dass dieses überaus wichtige geschichtliche Jubiläum gerade in der heutigen, ebenfalls von Umbrüchen gekennzeichneten Zeit an den ehemaligen Schauplätzen des Volksaufstandes gebührend begangen werden muss.

Revolte gegen eine neue Steuer

Eine neue Steuer ist es, die im Jahr 1514 im Herzogtum Württemberg das Fass zum Überlaufen bringt. Nachdem die Landesherrschaft schon seit Jahrzehnten die angestammten Rechte der dörflichen Gemeinden beschnitten und die Bevölkerung mehr und mehr von der lebensnotwendigen Nutzung des Waldes und des Gemeingutes ausgeschlossen hatte, und nachdem die letzten Jahre ohnehin schon Missernten und überhöhte Lebensmittelpreise mit sich gebracht hatten, war die von Herzog Ulrich zur Abwehr des Staatsbankrotts eingeführte neue Verbrauchssteuer einfach zu viel. Und der Erste, der sich im ganzen Land dagegen wehrte, war der Taglöhner Peter Geis, auch Geispeter genannt, aus Beutelsbach. Er warf die mit der Steuererhöhung eingeführten neuen Gewichte unter großem Zulauf der Bevölkerung in die Rems! Zwar nahm der Herzog angesichts des sich abzeichnenden Aufstands die Steuer wieder zurück, doch die Lawine des angestauten Unmuts war schon losgetreten und erforderte politisches Handeln der Obrigkeit. Denn es ging den Aufbegehrenden - vor allem den Bauern, aber auch den städtischen Bürgern - nicht nur um irgendeine Steuer, sondern sie wollten nichts weniger als ihre alten Rechte wiederhergestellt sehen. Dazu forderten sie etwas, das heute selbstverständlich ist, damals aber unerhört war: Politische Mitsprache der großen Mehrheit des (männlichen) Volkes, nämlich der Bauern und Dorfbewohner im Landtag. Der Landtag von damals hat mit dem heutigen demokratischen Parlament freilich fast nichts gemein, er war eine Vertretung der oberen Stände und der Städte gegenüber dem Herzog unter völligem Ausschluss der Masse des Volkes. Nach anfänglichem Entgegenkommen des Herzogs wurden die Unzufriedenen aber ausgebootet. Ulrich einigte sich mit dem Landtag auf den Tübinger Vertrag, worin er diesem gegen die Übernahme seiner Schulden bedeutende Mitspracherechte einräumte - sicher ein Meilenstein in der Verfassungsgeschichte Württembergs und weit darüber hinaus! Er kam aber ohne jede Beteiligung der Aufständischen zustande, deren Anliegen denn auch mit keiner Silbe berücksichtigt wurden. So breitete sich jetzt der Aufstand des "Armen Konrad", was übrigens wohl so viel wie "jedermann, das ganze Volk" heißen soll, erst recht über ganz Württemberg aus. Doch angesichts der erdrückenden militärischen Überlegenheit der herzoglichen Truppen brach der Aufstand zusammen, bevor es überhaupt zu einer Schlacht gekommen wäre. Und er endete, wo er begann: Im Remstal. Das letzte Widerstandsnest auf dem Beutelsbacher Kappelberg löste sich auf, und vor den Toren Schorndorfs ließ Herzog Ulrich die Rädelsführer des Aufstands hinrichten.

Der Aufstand des Armen Konrad ist nicht nur der wichtigste Vorläufer des wenige Jahre später folgenden großen Bauernkriegs. Er steht zugleich zumindest in Württemberg für das erste übergreifende Aufbegehren des Volkes gegen die politische Obrigkeit und setzt damit hierzulande, über die damals direkt gestellten Forderungen hinausgehend, den ersten Markstein in der langen Entwicklung hin zur heutigen Demokratie.