Stadtnachricht

Klimaschutz in Schorndorf


Schorndorf macht sich auf den Weg, bis 2035 klimaneutral zu werden. Der Gemeinderat stimmte in seiner Märzrunde bei zwei Gegenstimmen der Erarbeitung eines Gesamtklimaschutzkonzepts für das Erreichen der Klimaneutralität 2035 in der Stadt Schorndorf zu. In dieser Ausgabe von Schorndorf Aktuell beziehen die Fraktionen CDU (Hermann Beutel), SPD (Tim Schopf), FDP/FW (Gerhard Nickel), GRÜNE (Ulrich Kost) und AfD (Lars Haise) sowie die Grüne Liste Schorndorf (Werner Neher) und Einzelstadträtin Andrea Sieber und Einzelstadtrat Andreas Schneider Stellung zum Klimaschutz in Schorndorf.

Einwohnerantrag

Grundlage der Verwaltungsvorlage zum Klimaschutz ist der Einwohnerantrag „Schorndorf soll klimaneutral werden“ der Bürgerinitiative Klimaentscheid Schorndorf. Den Kommunen kommt beim Klimawandel eine besondere Bedeutung zu. Denn einerseits wird ein großer Teil der klimarelevanten Emissionen in Städten, Gemeinden und Kreisen erzeugt, andererseits hat die Kommune mit ihren vielfältigen Funktionen als Vorbild, Planungsträgerin, Eigentümerin, Versorgerin und größte öffentliche Auftraggeberin weitreichende Handlungsmöglichkeiten, um den Klimaschutz vor Ort voranzubringen. Die Stadt Schorndorf ist sich dieser Bedeutung bewusst und ist gewillt, ihren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten und bis zum Jahr 2035 klimaneutral zu werden. Es werden Leitlinien für eine klimaneutrale Stadtentwicklung erarbeitet. Maßnahmen und Handlungsfelder sollen hierbei unter anderem die Förderung und Nutzung erneuerbarer Energien, klimaschonende Stadtplanung, nachhaltige kommunale Beschaffung und klimaschonende Verkehrsentwicklung sein. Zur Umsetzung dieser Maßnahmen wird eine neue Stabsstelle „Klimaschutz und Mobilität“ eingerichtet. Die Bevölkerung soll im Rahmen vielfältiger Beteiligungsangebote die Möglichkeit haben, sich intensiv am Prozess zu beteiligen.

Textlängen

Es folgen die Texte der Fraktionen, Gruppen und Einzelräte. Abhängig von der Größe der Fraktionen beziehungsweise Gruppe war eine maximale Textlänge vorgegeben. Daher fallen die Texte unterschiedlich lang aus.

CDU: Hermann Beutel

Klimaschutz muss Spaß machen

Porträt Hermann BeutelWahrscheinlich kennen viele von uns das Zitat von Edward Murphy: Alles, was Spaß macht, ist entweder verboten, unmoralisch oder macht dick. Dabei denkt wohl jede(r) von uns an etwas anderes. Bezogen auf die Maßnahmen gegen die Klimaerwärmung fällt mir dabei das Verbot von Ölheizungen ab 2026 ein, die uns bequeme wohlige Wärme schenken. Oder dass es bei manchen schon unmoralisch ist, Fleisch beziehungsweise Wurst zu essen oder Kurzstrecken zu fliegen statt den Zug zu nehmen. Und dick sein geht ja gar nicht mehr, solange woanders noch Menschen hungern. Tatsächlich denkt man bei mancher Debatte oder Publikation zum Thema, dass der Mensch von morgen ein autoloser Fahrrad fahrender Vegetarier ist, der nur noch Bio kauft, mit dem ÖPNV zur Arbeit fährt und den Urlaub in heimatlichen Gefilden verbringt. Wie bei so vielem liegt die Wahrheit weder bei dieser Vision, noch bei einem weiter so, sondern irgendwo in der Mitte. Klar ist, dass unsere Art zu leben in Europa auf Dauer unverträglich ist für den Planeten. Zuviel Ressourcenverbrauch, zu viel Schadgasemissionen. Änderungen sind dringend nötig, die aber sozialverträglich, nachvollziehbar und für die Wirtschaft leistbar sein müssen. All dies kostet Zeit, die wir dringend benötigen und die wir vorübergehend durch Maßnahmen zur Kompensation von CO2 in anderen Teilen der Welt gewinnen können. Mehr zu Kompensationsmaßnahmen finden Sie in Facebook unter CDU-Fraktion im Gemeinderat. Natürlich müssen wir die dadurch gewonnene Zeit nutzen, um uns hier klimaverträglicher zu entwickeln. Neben den sattsam bekannten Maßnahmen wie Energie sparen, weniger Auto fahren, grüne Energieträger einsetzen oder PV-Anlagen montieren und anderen mehr gibt es weitere Handlungsfelder: Weniger konsumieren zum Beispiel. Jedes Produkt verursacht beim Herstellungsprozess CO2 Emissionen. Corona zeigt, dass das Leben auch dann gut sein kann, wenn man nicht ständig Dinge kauft. Artikel, die nur kurz oder gar nicht genutzt werden und anschließend im Abfall landen, der danach wieder exportiert wird. Laut einer Studie der Uni Würzburg exportierte Deutschland in 2018 in Tonnen gerechnet mehr Müll als Maschinen. Nicht umsonst ist ,,Magic Cleaning“ von Marie Kondo ein millionenfach verkaufter Ratgeber zum Aufräumen und vor allem zum Ausmisten von zu viel gekauften Dingen. Weniger, dafür hochwertige Artikel kaufen, vielleicht auch gebraucht, diese länger nutzen und danach möglichst recyceln wäre ein Lösungsansatz. Wie bei vielem, liegt Deutschland auch beim Papierverbrauch an der Spitze. Wir verwenden hier so viel Papier, wie die Kontinente Afrika und Südamerika zusammen. Mit Schuld ist die Zunahme des Online-Versandhandels. Das spricht dafür, doch öfter mal unsere Läden in Schorndorf zu besuchen, wenn diese wieder öffnen dürfen. Wichtig ist der CDU-Fraktion auch die soziale Verträglichkeit. Menschen, die Angst haben, dass die Spülmaschine demnächst den Geist aufgibt, können sich keine Dämmung für ihr Haus oder schicke Elektroautos leisten, auch wenn sie Zuschüsse erhalten. Sie sind mit den steigenden Spritpreisen für die (zurecht erhobene) CO2-Steuer genug belastet. Dass die Wirtschaft mehr Zeit benötigt, zeigt ein aktuelles Beispiel aus der Kommunalpolitik in Schorndorf. Dort wurde die Forderung erhoben, bei Neubauten von Wohnhäusern nur noch Holzbauweisen zuzulassen. Komplett ignoriert wird dabei die Tatsache, dass momentan Bauholz bei langen Lieferzeiten äußerst knapp ist und die Preise explodieren. Die CDU-Fraktion will deshalb keine Klimaplanwirtschaft, sondern verträgliche, pragmatische und für die Menschen nachvollziehbare Maßnahmen, um den Klimaschutz in Schorndorf voranzubringen. Weniger mit Verboten arbeiten oder moralisierend unterwegs sein, sondern den Menschen mehr Eigenverantwortung zutrauen. Denn es muss auch Spaß machen, das Klima zu schützen.

SPD: Tim Schopf

Sozial. Digital. Klimaneutral.

Porträt Tim SchopfDer Klimaschutz wird in Deutschland von einem breiten gesellschaftlichen Konsens getragen. Die Hemmnisse bei der Umsetzung werden jedoch zunehmend deutlich. So reichen zum Beispiel die Entwicklung energiesparender Technologien und die Digitalisierung allein nicht aus, da diese immer noch unzureichend ausgebaut sind. Die Hemmnisse liegen vor allem im Verhalten aller Akteure. Das Ziel des Klimaschutzes und der Digitalisierung ist damit sowohl eine technische Herausforderung als auch eine an das menschliche Verhalten. Es müssen Strategien entwickelt werden, um notwendige Veränderungen im Verhalten und von Lebensstilen herbeizuführen. Es geht dabei sowohl um die Reduzierung von umweltschädigendem Verhalten als auch um die Stärkung umweltfreundlicher Verhaltensalternativen. Ökologische und soziale Herausforderungen müssen explizit zusammengedacht werden. Soziale Ideen und gemeinschaftliches Handeln finden am leichtesten dort statt, wo der Ansatz für Problemlösungen konkret wird. Besonders den Kommunen kommt bei der Verbreitung von Innovationen und dem Aufbau gemeinsamer Ansätze des Klimaschutzes eine zentrale Bedeutung zu. Umso wichtiger, dass wir uns diesem Thema auch in Schorndorf annehmen. Vielen Dank an die Initiative „Klimaentscheid Schorndorf“ für die wichtigen Impulse.

Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei den ZDS sind echte Expertinnen und Experten: Kreisverkehre werden naturnah angelegt, alte Bäume stehengelassen und aufwendige einjährige Blühflächen weichen dauerhaften Staudengärten. Unser Förster Julian Schmitt baut den Stadtwald nachhaltig um und nimmt die Bürgerinnen und Bürger mit. Die Stadtwerke entwickeln Pläne für Solarangebote und E-Tankstellen, während die Stadtbau Schorndorf ökologisches Bauen mehr und mehr in den Vordergrund stellt. Die Kläranlage ist eine der modernsten Anlagen in der Umgebung. Eine fachbereichsübergreifende Steuerung als Stabsstelle ist aus unserer Sicht der richtige Ansatz. Die Projektteams innerhalb der Stadtverwaltung haben sich nicht erst seit der Gartenschau bewährt. Liebe Verwaltung, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wir nehmen wahr, dass schon richtig viel umgesetzt wird! Die SPD beackert diese Handlungsfelder bereits seit vielen Jahren: Das 1.000-Dächer-Solar-Programm, Streuobstwiesenprogramme, Verkehrswegeplanungen und dabei insbesondere der weitere Ausbau der Radwege, oder das ökologische Bauen. Es darf nicht nur beim wollen bleiben, wir müssen konkret werden und es endlich machen. Wir brauchen verbindliche Instrumente für alle Bauvorhaben, klare Vorgaben wie in unserer Stadt gebaut werden kann und wie wir Emissionen vermeiden. Emissionsvermeidung steht dabei generell vorrangig gegenüber der Kompensation. Es kann nicht sein, dass es für Unternehmen oder Staaten wirtschaftlicher ist, CO2-Zertifikate zu kaufen als in Technologien zu investieren, die das Klima schonen. Dabei muss das vorrangige Ziel sein, Bürgerinnen und Bürger in vielfältiger Weise einzubeziehen und für die Öffentlichkeit eine angemessene Transparenz herzustellen. Dazu müssen unsere Ziele messbar und für die Bevölkerung zugänglich gemacht werden. Dann erhöhen wir die Akzeptanz für Maßnahmen und steigern die Bereitschaft zur Mitwirkung. Bürgerinnen und Bürger sollen die Möglichkeit bekommen, ihre Ideen für ein nachhaltiges Schorndorf vorzuschlagen, die dann auch von der Verwaltung zu prüfen sind. Um zügig voranzukommen und möglichst mit breiter Mehrheit Maßnahmen umzusetzen, wünschen wir uns im vorgestellten Maßnahmenkatalog eine Matrix, die nicht nur nach kurz-, mittel und langfristigen Maßnahmen unterscheidet, sondern auch eine Kosten-Nutzen-Rechnung berücksichtigt. Dann ist es unsere Aufgabe als Gremium, die Schnittstellen auszumachen, die uns allen gemeinsam wichtig sind - denn gemeinsam kommen wir am schnellsten ans Ziel.

FDP/FW: Gerhard Nickel

Neues Denken braucht das Land

Porträt Gerhard NickelNichts auf der Welt ist so mächtig wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist. Daher ist Klimaschutz das Gebot der Stunde, dem sich niemand mehr entziehen kann. Ausgelöst durch die Bewegung „Fridays for Future“ und verstärkt durch die weltweit auftretenden Folgen der Klimaveränderung, die wir täglich miterleben können, setzte ein Lernprozess ein, der zeigt, dass es letztlich alternativlos für die Menschheit ist, sich den Problemen des Klimawandels zu stellen.
Daher ist es richtig, dass wir uns für Schorndorf das Ziel setzen, bis zum Jahre 2035 klimaneutral zu werden. Ob dieses Ziel bis 2035 erreichbar ist, wissen wir nicht. Wir werden nicht nur Fehler machen, sondern auch Kompromisse schließen müssen. Wichtig wird auch sein, das Bewusstsein aller für die Vielfältigkeit der vor uns stehenden Aufgaben zu schärfen.
Dies betrifft alle Bereiche unserer Kommune: Alle Entscheidungen, ob zur zukünftigen Mobilität, zur Stadtentwicklung im Hinblick auf Wohn- und Gewerbeflächen, zur Innenstadtentwicklung und zur zukünftigen Energieversorgung müssen auf ihre Auswirkungen auf das Ziel der Klimaneutralität betrachtet werden. Dabei wird es nicht ausbleiben, dass wir auch Entscheidungen fällen müssen, die dem hehren Ziel der Klimaneutralität entgegenstehen. Wir tragen Verantwortung nicht nur für die zukünftigen Generationen, sondern auch für die heute in Schorndorf lebenden und arbeitenden Menschen. Dies dürfen wir nicht außer Acht lassen, weshalb natürlich auch über Kompensationen nachgedacht werden muss. Greenwashing wollen wir aber nicht betreiben.
Auch der Ausbau der erneuerbaren Energien muss unser Ziel bleiben. Wir wünschen uns, dass unsere Stadtwerke an dem Ziel festhalten, auf dem ehemaligen Bundeswehrdepot Richtung Wangen auf den dort schon jetzt versiegelten Flächen den Bau von Windrädern weiterplanen. Vielleicht werden sich aufgrund der im Wahlkreis Waiblingen sich anbahnenden Veränderungen die Grundvoraussetzungen für Windkraft verbessern.
Zunächst im Scherz haben wir in der Fraktion über die Eignung des Stadtkirchendaches für Photovoltaik diskutiert. Aus Spaß wurde Ernst, nachdem uns signalisiert wurde, dass die Evangelische Kirchengemeinde dem nicht grundsätzlich ablehnend gegenübersteht. Es muss doch im 21. Jahrhundert möglich sein, unter Berücksichtigung der Statik eine optische Lösung für Photovoltaik zu finden, die sich mit dem Denkmalschutz versöhnen lässt. Da vertrauen wir der Ingenieurskunst. Hätten Aberlin Jörg und die ihm nachfolgenden Baumeister des 16. und 17. Jahrhunderts schon Photovoltaik gekannt, so hätten sie bestimmt diese auf dem Kirchendach installiert.
Neues Denken braucht das Land.

GRÜNE: Ulrich Kost

Wir dürfen uns nicht zurücklehnen

Porträt Ulrich KostWiebke Winter gründet die Klima-Union, Katharina Reuter den Bundesverband nachhaltige Wirtschaft. Klimaschutz ist also inzwischen (fast) überall als Aufgabe von höchster Priorität angekommen. Klimaschutz ist mehr als die Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgasen; ja, aber vorrangig wird es darum gehen, unsere Lebensweise so umzugestalten, dass wir möglichst bald weniger Treibhausgase freisetzen als die Natur aufnehmen kann. Zu diesem Prozess kann eine einzelne, kleine Kommune wie Schorndorf natürlich nur sehr wenig beitragen. Dennoch wäre es fatal, wenn wir uns einfach zurücklehnen und nichts tun würden. Denn diese komplexe Aufgabe können wir nur meistern, indem wir das öffentliche und das private Leben so gestalten, dass auch künftige Generationen überall gut leben können. Der Gemeinderat hat mit überwältigender Mehrheit dem Antrag der Verwaltung zugestimmt, gemäß unserem Antrag für Schorndorf ein Gesamtklimaschutzkonzept auszuarbeiten. Eine Stabsstelle „Klimaschutz und Mobilität“ soll bis Juli 21 eingerichtet werden. Es ist sehr gut, dass die Verwaltung bereits eine Reihe von Förderanträgen gestellt hat, um so die Kommune finanziell zu entlasten, denn wir dürfen wichtige Vorhaben zum Klimaschutz auf keinen Fall aus Kostengründen zurückstellen oder ganz streichen.
Klimaentscheid und Bürgerrat sind sehr zu begrüßen, denn alle die notwendigen Veränderungen können nur gelingen, wenn die Schorndorfer Bürgerinnen und Bürger mitgestaltend in diesen Prozess eingebunden sind. Dass die Kommune mit gutem Beispiel vorangehen muss, ist für uns selbstverständlich: Photovoltaik auf allen städtischen Liegenschaften, Überarbeitung sämtlicher Bebauungspläne für Neubauten unter ökologischen Gesichtspunkten… Die Stadtwerke sind gefordert, mehr für die Erneuerbaren zu tun. Baumsatzung und Grünplan müssen dringend kommen, vor allem, um den Baumbestand in der Innenstadt zu schützen und auszubauen. Wir machen uns stark für Innenverdichtung vor dem Bauen auf der grünen Wiese. Das ist ein Gebot des Umwelt- und Artenschutzes. Aber diese Innenverdichtung muss behutsam erfolgen, Neubauten müssen sich einfügen in die bestehenden Strukturen und wertvoller Baumbestand muss geschützt werden. Zur Mobilität nur so viel: Radwegekonzept und Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs sind zentrale Aufgaben des Klimaschutzes. Und, vor allem angesichts der neuen Wohnviertel in der Nordstadt, müssen Fußwegebeziehungen neu gedacht und geplant werden. Die Beschlussvorlage der Verwaltung ist eine sehr gute Grundlage, um gemeinsam in eine grünere Zukunft zu gehen.

AfD: Lars Haise

Vernunft statt Hysterie

Porträt Lars HaiseEntgegen verbreiteten Behauptungen bestreiten wir den Klimawandel nicht. Er ist vielmehr ein ständiger Prozess, der in der Erdgeschichte schon immer allgegenwärtig war und das schon lange, bevor es überhaupt Menschen gab. Das ist im Gegensatz zu den apokalyptischen Szenarien der Klimahysteriker des 21. Jahrhunderts nicht nur eine Theorie, sondern empirisch belegbar. So wie im Übrigen auch das weitestgehende Ausbleiben anderer Katastrophenszenarien wie Waldsterben, nicht schließende Ozonlöcher und weitere. Viele dieser Weltuntergangsprophezeiungen haben sich im Nachgang als weitaus weniger dramatisch herausgestellt.
Dennoch müssen wir uns mit den Folgen des Klimawandels auseinandersetzen und sehen es als unsere primäre Aufgabe an, uns an die Auswirkungen anzupassen. Dies geschieht derzeit zum Beispiel vorbildhaft bei Neupflanzungen in unserem Stadtwald durch resistentere Baumarten, die dem sich ändernden Klima Rechnung tragen. Weitere Maßnahmen zur Stadtbegrünung zum Schutz vor Hitze und weiteren Wetterextremen sind erstrebenswert.
Sekundär ist die Rolle der sogenannten „Klimaneutralität“ zu betrachten, zu der es wissenschaftlich keine einheitliche Definition gibt und die auch aus dem Antrag der Verwaltung zur Gemeinderatssitzung am 25. März nicht klar hervorging. Unter diesem rein ideologisch zu bewertenden Kampfbegriff sind häufig Maßnahmen zu verstehen, die das Bauen und Wohnen, die Mobilität und das Leben in Zukunft teurer machen werden. Das fällt ausgerechnet in eine Zeit, in der viele Bürger ohnehin durch prekäre Beschäftigungsverhältnisse sozial stark gefordert sind. Dies lehnen wir ab.
Der Kampf gegen die Corona-Pandemie zeigt, dass der Mensch nicht in der Lage ist, alle Gefahren zu beherrschen. Ebenso lässt sich das Klima vom Menschen allein weder beschützen noch wesentlich beeinflussen. Das Gegenteil zu behaupten ist im Grunde genommen eine unglaubliche Anmaßung, man könnte auch sagen: Größenwahn. Vielfach drängt sich der Eindruck auf, dass die Klimaideologie zwischenzeitlich die Funktion einer Ersatzreligion eingenommen hat. Während traditionell für die Menschen die Religion Antworten auf letzte Fragen gegeben hat, versucht man überall dort, wo dem menschlichen Einfluss Grenzen gesetzt sind auf Klimaschutzmanager, Radwegekoordinatoren, Mobilitätsbeauftragte und sonstige Schaumschläger zu vertrauen. Deren Arbeit kostet den Steuerzahler viel Geld, ohne dass ein effektiver Nutzen erkennbar ist. Von diversen Stuhl- und Arbeitskreisen abgesehen, die einen angeblich vorhandenen gesellschaftlichen Konsens simulieren sollen. Wir stehen dagegen für eine Umweltpolitik mit bürgerlicher Vernunft.

Grüne Liste Schorndorf: Werner Neher

... nicht ohne technischen Fortschritt

SPorträt Werner Neherelbst wenn es keinen Klimawandel gäbe, wären unsere Anstrengungen und Investitionen für den Klimaschutz nicht umsonst: Damit schützen wir nämlich nicht nur das Klima, sondern helfen unserer lokalen Wirtschaft, auch in Schorndorf, enorm. Solardachverpflichtung bei Neubauten, regionale Windkraft im Staats- und Stadtwald, der Ausbau von Speichertechnologie, ÖPNV- und Radverkehrsförderung sind wichtige Bausteine für eine aktive Klimapolitik. Fast alle diese Themen sind auch kommunale Themen. Die neue Landesregierung unterstützt Schorndorf hoffentlich dabei. Aber wir müssen auch selbst aktiv werden und nicht zuwarten. Das tun zum Beispiel unsere eigenen Stadtwerke bereits. Viele technische Anwendungen, die auch dem Klimaschutz helfen und ihn zum Teil erst ermöglichen, funktionieren allerdings ohne zukunftsweisende Kommunikationstechnologien nicht. Ohne 5G geht leider gar nix. So verfügt zum Beispiel die chinesische Stadt Shenzhen (13 Millionen Einwohnern) bereits über fast 50.000 Basisstationen für den neuen Mobilfunkstandard. Sie ist damit die erste Region weltweit, die über ein komplettes 5G-Netz verfügt. Das bedeutet Datenübertragung nahezu in Echtzeit und eine bis zu 100 Mal höhere Geschwindigkeit als bei der Vorgängergeneration 4G. In Deutschland sind es zurzeit gerade mal ein paar Hundert Masten! Wenn wir nicht aufpassen, sind wir Europäer in Kürze vom technischen Fortschritt abgehängt. Darum ist unserer Meinung nach die Möglichkeit einer Teilnahme am Programm „Modellkommune Smart Cities - Stadtentwicklung und Digitalisierung“ ein Glücksfall für Schorndorf und Schwäbisch Gmünd. In diesem Entscheidungsprozess können und müssen natürlich auch alle Bedenken vorgebracht und ausgeräumt werden. Das ist die unabdingbare Voraussetzung für ein Gelingen. Und das ist auch Teil der geförderten Maßnahmen.

Einzelstadträtin Andrea Sieber

In die Umsetzung kommen

Porträt Andrea SieberDer Klimawandel ist die zentrale Menschheitsfrage des 21. Jahrhunderts“, macht Ministerpräsident Winfried Kretschmann nicht erst seit gestern deutlich. Er formuliert Herausforderungen für die nächsten Jahre und unterbreitet Lösungsvorschläge. Denn wir müssen von der Idee zur Lösung, beziehungsweise Umsetzung kommen, um das 1,5 Grad Ziel einzuhalten. Gemeinsame Kraftanstrengungen sind dazu auf allen politischen Ebenen notwendig. Die derzeitigen Koalitionsverhandlungen auf Landesebene scheinen das ernst zu nehmen - Stichwort Klimaschutzland Baden-Württemberg. Auch in Schorndorf ist das Thema angekommen. Mein persönlicher Dank gilt dazu der Gruppe „Klimaentscheid Schorndorf“. Als zivilgesellschaftliches Bündnis haben sich die Akteurinnen und Akteure mit ihrem Bürgerantrag, Schorndorf soll bis 2035 Klimaneutral werden, durchgesetzt. Die Haushaltsanträge der Gruppe unterstreichen den Antrag. Auch Oberbürgermeister Matthias Klopfer nahm das Thema nach Gesprächen mit der Gruppe auf und stellte die Wichtigkeit des Klimaschutzes als letzten Punkt in seiner Haushaltsrede dar. Der Gemeinderat hat im März nun den ersten „Klima-Haushalt“ beschlossen. Mit der Gründung der Stabsstelle „Nachhaltige Stadtentwicklung, Klimaschutz und Mobilität“ geht die Stadtverwaltung den Klimaschutz als Querschnittsaufgabe priorisiert an. Die kommunalpolitische Herausforderung wird sein, von den grundsätzlichen Zustimmungen zum Thema, zu den notwendigen Beschlüssen im Gemeinderat zu kommen. Die Diskussion um die zulässige Bauweise im Baugebiet „Obere Straßenäcker“ machte dies in der letzten Sitzung sehr deutlich. Wir haben die richtigen Weichen gestellt in Richtung „Klimaneutralität 2035“. Ich bin zuversichtlich, dass es uns gelingen wird, die Ziele zu erreichen. Mit einer konstruktiv fordernden und kritischen zivilgesellschaftlichen Begleitung. Auf diese Arbeit in den nächsten Jahren freue ich mich!

Einzelstadtrat Andreas Schneider

Zweifel, das Ziel zu erreichen

IPorträt Andreas Schneiderch unterliege nicht der Selbstüberschätzung, auf 50 Zeilen etwas Substanzielles zum multidimensionalen Menschheitsthema Klimaschutzpolitik schreiben zu können. Um hierzu wirklich Erhellendes zu erfahren, eignet sich die Lektüre wissenschaftlicher Texte besser. Ich habe auch keine Lust, Lobreden auf das Ziel zu halten, dass Schorndorf bis 2035 klimaneutral werden soll. Obwohl ich das begrüße und ihm zugestimmt habe. Doch oft verkündet Politik ambitionierte Ziele, erreicht sie aber selten. Beispiele: die Milleniumsziele der UN, die „Maastricht-Kriterien“ oder die Umsetzung der Agenda 21 von Rio.
Die auf starkes Wachstum ausgelegte Politik des Oberbürgermeisters und vieler Stadträte und das vom OB mit Verve forcierte Einwohner- und Gebäudewachstum machen das Ziel, bis 2035 Klimaneutralität zu erreichen - ehrlich bilanziert - unmöglich. Schorndorf wäre die erste Stadt, der eine solche Quadratur des Kreises gelänge. Ich kann bislang auch nicht erkennen, dass hinsichtlich der Förderung von Kohlenstoffsenken auf Stadtgemarkung Konzepte erkennbar sind, die das Ziel erreichbar machen. Und es ist mir schleierhaft, wie die Stadt gleichzeitig klimaneutral und Smart City werden soll. In einer ehrlichen und umfassenden CO2-Bilanzierung geht beides nicht zusammen.
Zu den Smart Cities: Der für ihre Erstellung nötige, immense Bedarf an Rohstoffen und Mineralien wird enorme Umweltschäden, soziale und geopolitische Konflikte zur Folge haben. Letztlich wird damit das Gegenteil von dem erreicht werden, was sich jetzt viele wünschen. Das beschreibt zum Beispiel Birgit Mahnkopf anschaulich. Sie war Professorin für Gesellschaftspolitik an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin. Ihre Aufsätze heißen „Produktiver, grüner, friedlicher? Die falschen Versprechungen des digitalen Kapitalismus“. Erschienen in den Blättern für deutsche und internationale Politik, Oktober und November 2019.

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