Stadtnachricht

Stadt richtet Notunterkünfte für Geflüchtete ein


Als Reaktion auf den sprunghaften Anstieg der Flüchtlingszahlen in ganz Baden-Württemberg schafft die Stadt Schorndorf Notfallkapazitäten in der Tannbachhalle in Miedelsbach und in der Festhalle in Haubersbronn für bis zu 100 Geflüchtete. Kommende Woche wird die Tannbachhalle in Miedelsbach vorbereitet und ist ab Dienstag,  4. Oktober bezugsfertig. Zwei Wochen versetzt wird dann die Festhalle in Haubersbronn mit Betten, Trennwänden und Gemeinschaftsräumen für Betreuung und den täglichen Bedarf hergerichtet, sie ist ab dem 17. Oktober bezugsfertig. „Die Lage spitzt sich dramatisch zu. Die Dimension des erwarteten Zuzugs ist größer als in der Flüchtlingskrise 2015/16“, sagt Oberbürgermeister Bernd Hornikel. Wöchentlich bekommen die Städte und Gemeinden vom Landkreis eine Aktualisierung zur Aufnahmeverpflichtung zugeschickt. Zuletzt waren es für die Stadt Schorndorf 483 aufzunehmende Personen. „Hallen zu belegen ist die absolute Notlösung, aber es besteht jetzt schnell Handlungsbedarf und wir wollen vorbereitet sein“, so der OB weiter.

Die Stadt Schorndorf sucht weiter dringend nach privatem Wohnraum. Freie Wohnungen und Häuser aber auch leerstehende Gewerbeflächen können über das Online-Formular auf www.schorndorf.de/ukraine gemeldet werden. Bei Rückfragen sind die städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter Telefon 602-1112 erreichbar oder per E-Mail an ukrainehilfe(at)schorndorf.de.

Interview mit Oberbürgermeister Bernd Hornikel

Herr Hornikel, warum steigt die Zahl der Geflüchteten plötzlich so massiv?

In den ersten Monaten des Krieges in der Ukraine orientierten sich die Geflüchteten eher in andere Bundesländer. Es wurde des Öfteren die Erfahrung gemacht, dass mehr Geflüchtete angekündigt waren, als dann letztendlich in Baden-Württemberg angekommen sind. Dies führte dazu, dass andere Bundesländer ihre Aufnahmequoten bereits erfüllt haben, während Baden-Württemberg bei der Aufnahme noch im Minus ist und nun verstärkt Personen zugewiesen bekommt. Bereits in den letzten Jahren wurde zudem die Erfahrung gemacht, dass die Zahl der Geflüchteten in Richtung Herbst insgesamt zunimmt und sich der Effekt nun noch mehr verstärkt.

Wie viele Geflüchtete muss die Stadt Schorndorf aufnehmen?

Die Verteilung der Geflüchteten in Deutschland erfolgt nach dem sogenannten „Königsteiner Schlüssel“. Anhand dieses Schlüssels wird unter anderem auch festgelegt, welchen Anteil der Gesamtzahl an Geflüchteten in Deutschland die einzelnen Bundesländer aufnehmen müssen. Der Anteil für Baden-Württemberg liegt aktuell bei 13,35 Prozent. Von diesem Anteil muss der Rems-Murr-Kreis 3,85 Prozent der Personen aufnehmen und davon wiederum die Stadt Schorndorf 9,31 Prozent. Je mehr Menschen insgesamt Schutz suchen, desto höher wird also auch der Anteil der Personen, den die Stadt Schorndorf aufnehmen muss.

Wie viele Geflüchtete sind aktuell in Schorndorf und wie sieht die Prognose bis Jahresende aus?

Jede Kommune bekommt Anfang des Jahres ihre Aufnahmeverpflichtung anhand des Verteilschlüssels gemeldet. Lag die Aufnahmeverpflichtung im Januar 2022 noch bei 60 Personen ist sie zuletzt auf 483 Personen gestiegen und liegt perspektivisch deutlich über 500. Jede Woche bekommen wir aktualisierte Zahlen. Die Lage spitzt sich also zu. Die Dimension des erwarteten Zuzugs ist größer als in der Flüchtlingskrise 2015/16.

Warum wurde die Notunterkunft für Geflüchtete in der Brühlhalle in Schornbach dann erst vor wenigen Wochen geschlossen?

Die aktuellen Zahlen haben uns erst in den vergangenen Wochen erreicht. Die Entscheidung des Landkreises die Brühlhalle als Notunterkunft für Geflüchtete zu schließen, lag weit davor und das jetzige Ausmaß der weiteren Entwicklungen war damals nicht absehbar. Unser Ziel als Stadt war es, dass der Schul- und Vereinssport dort wieder wie gewohnt stattfinden kann.

Jetzt werden andere Hallen als Notunterkunft hergerichtet. Wie viele Geflüchtete werden dort untergebracht?

Seit Beginn des Ukraine-Krieges sind 397 Geflüchtete aus der Ukraine zu uns gekommen. Diese Zahl war noch vollkommen im Rahmen und wir haben alle bisher in privatem und angemietetem Wohnraum unterbringen können. Die neuste Hochrechnung, verbunden mit einem sprunghaften Anstieg der Aufnahmeverpflichtung von Geflüchteten, zwingt uns dazu, wieder Hallen zu belegen. Das ist die absolute Notlösung, aber es besteht jetzt schnell Handlungsbedarf. Ab Montag wird deshalb die Tannbachhalle in Miedelsbach vorbereitet, sodass ab dem 4. Oktober die ersten Geflüchteten dort einziehen können. Anfang Oktober wird dann die Festhalle in Haubersbronn eingerichtet, damit sie ab Mitte Oktober bezugsfertig ist. Insgesamt können wir in den Hallen bis zu 100 Geflüchtete unterbringen. Wer privaten Wohnraum oder leerstehende Gewerbeflächen bereitstellen kann, darf sich sehr gerne melden. Wir sind dankbar für jedes Angebot über unsere Webseite www.schorndorf.de/ukraine.

Werden in den beiden Hallen ausschließlich Geflüchtete aus der Ukraine aufgenommen?

Das kann ich so pauschal nicht beantworten, weil wir noch gar nicht wissen, wie viele Menschen wirklich zu uns kommen. Nach aktuellen Informationen kommt ein Großteil der Geflüchteten aus der Ukraine, wie eingangs erwähnt, steigt aber auch die Zahl der Geflüchteten insgesamt.

Auf was müssen wir uns als Stadtgesellschaft einstellen?

Wir alle sind gefordert, aber gemeinsam kriegen wir das hin. Die Menschen in Schornbach haben in den vergangenen Wochen und Monaten großartige Arbeit geleistet, die Geflüchteten herzlich empfangen und sie mit viel ehrenamtlichem Engagement unterstützt. Ein ganz herzliches Dankeschön von mir nochmal an dieser Stelle. Gleiches wünsche ich mir natürlich auch von den Bürgerinnen und Bürgern in Miedelsbach und Haubersbronn, denn ich sehe es ist nicht nur als eine gesetzliche, sondern auch als eine humanitäre Pflicht, den Menschen, die aus ihrer Heimat flüchten mussten und nun bei uns Zuflucht und ein Dach über dem Kopf suchen, zu helfen. Meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Ausländerwesen, im Integrationsmanagement und im Gebäudemanagement stehen sehr arbeitsintensive Wochen und Monate bevor. Auch viele andere Fachbereiche sind schon jetzt sehr gefordert. Ich möchte mich bei ihnen allen schon jetzt für ihren Einsatz bedanken.