Stadtnachricht

Einsatz für Meinungs- und Pressefreiheit


Zahra Nader und Wasil Kishkourna, Ehemann der inhaftierten Maryna Zolatava, mit den Urkunden des Palm-Preises

Die Palm-Stiftung hat am Sonntag zum zwölften Mal den internationalen Johann-Philipp-Palm-Preis für Meinungs- und Pressefreiheit vergeben. Den Preis teilen sich in diesem Jahr Maryna Zolatava, langjährige Chefredakteurin des mittlerweile verbotenen Nachrichtenportals Tut.by aus Belarus, und das überwiegend weibliche Redaktionsteam der Onlinezeitung Zan Times aus Afghanistan.

Rund 350 Gäste erlebten am Sonntag in der Barbara-Künkelin-Halle eine emotionale und beeindruckende Veranstaltung. Für seine im Frauenarbeitslager im belarussischen Gomel inhaftierte Ehefrau Maryna Zolatava nahm Wasil Kishkourna den Preis entgegen. Chefredakteurin und Gründerin von Zan Times, Zahra Nader, die im Exil in Kanada lebt, vertrat das Team der Onlinezeitung. Andere Redaktionsmitglieder aus Afghanistan hatten kein Ausreisevisum erhalten. Als Teil der Preisverleihung trugen sich die Geehrten auch ins Goldene Buch der Stadt Schorndorf ein.

„Ohne Meinungs- und Pressefreiheit gibt es keine Demokratie, keine Gerechtigkeit, keine wahre Freiheit. Die diesjährigen Preisträgerinnen zeigen uns eindrücklich, was es bedeutet, diese Werte unter schwierigsten und oft lebensgefährlichen Bedingungen zu leben. Ihr Engagement erinnert uns daran, wie zerbrechlich Freiheit sein kann und wie wertvoll sie ist“, sagte Oberbürgermeister Bernd Hornikel.

„Der Preis ist allen gewidmet, die im Namen der Freiheit ihre Stimme erheben,“ sagte Ulrich Palm, Mitglied im Stiftungsrat und im Kuratorium der Palm-Stiftung, zur Auswahl der Preisträgerinnen. „Sie sollen selbst ermutigt werden – und durch ihr Beispiel andere ermutigen.“

Emotionale Momente

Eindrücklich würdigten Yaroslava Ananka sowie ZDF-Redakteur und Islamexperte Abdul-Ahmad Rashid die Preisträgerinnen in ihren jeweiligen Laudationes. Zwischenfragen der Moderatorin Nicole Köster vom SWR vertieften einzelne Aspekte und schufen teilweise fast intime Gesprächsmomente. Besonders emotional waren die Dankesreden der beiden Geehrten selbst. Beide erlaubten tiefe Einblicke in die mit ihrer Arbeit verbundenen Ängste und Gefahren – aber auch in Momente von Ermutigung und Hoffnung. „Hier sind so viele Menschen, die sich für unsere Geschichte interessieren! Ich bin froh, dass ich unseren Sohn mitgebracht habe. Hier kann er sehen, dass ich für meine Arbeit nicht nur verfolgt, sondern auch anerkannt werde“, fasste Zahra Nader die Veranstaltung für sich zusammen.

Für Energieschübe während des Festakts sorgte der Musiker Ezé aus Dresden. Die Kernaussage seines Covers „Sage nein!“ griffen auch Ministerin Petra Olschowski und Oberbürgermeister Bernd Hornikel in ihren Reden auf: Es sei an uns allen, die Freiheit des Wortes, die Toleranz für Andersdenkende und die Verantwortung für das eigene Handeln zu leben. Dies gelte nicht nur für Belarus und Afghanistan, sondern ebenso täglich am heimischen Küchentisch, im Büro oder über dem Gartenzaun. Diese Werte dürften nicht den destruktiven Hetzern und Zerstörern der Demokratie überlassen werden.

Geehrte auch in Schulen zu Gast

Mit der Veranstaltung am Sonntag sah die Palm-Stiftung ihren Auftrag jedoch noch nicht erledigt. „Es ist uns wichtig, das Thema Meinungsfreiheit, aber auch Medien- und Nachrichtenkompetenz schon bei Jugendlichen zu thematisieren und in Schorndorf in die Breite zu tragen,“ sagt Annette Krönert, Mitglied im Vorstand der Palm-Stiftung. Deshalb fand unmittelbar nach dem Festakt eine Pressekonferenz mit Vertreterinnen und Vertretern von vier Schorndorfer Schulen statt. Eine dreiviertel Stunde standen Zahra Nader und Wasil Kishkourna Rede und Antwort.

Am Montag besuchte Zahra Nader dann die Johann-Philipp-Palm-Schule für eine Fragestunde und Wasil Kishkourna stellte sich im Burg-Gymnasium in der wiederum vollbesetzen Aula den Fragen der anwesenden Jugendlichen. Seine große Bitte: „Bleibt immer kritisch, stellt Fragen, redet miteinander, hört euch zu und macht euch dann euer Bild von der Welt! Selbst, wenn die Sozialen Medien euch alles vorkauen – schlucken müsst ihr es doch selber.“ Ein eindringlicher und mutiger Appell, der in Schorndorf hoffentlich noch lange nachwirkt.

Preisgeld von 20.000 Euro

Unter dem Leitspruch „Für Freiheit. Gegen Gewalt.“ zeichnet die Palm-Stiftung seit 2002 Personen und Organisationen mit dem Palm-Preis aus, die in herausragender Weise ein Beispiel für den Einsatz zur Verwirklichung von Meinungs- und Pressefreiheit geben. Zentrales Vergabekriterium ist der unmittelbare, andauernde und umfassende Einsatz für die Meinungs- und Pressefreiheit mit friedlichen Mitteln. Der Preis wird für ein Lebenswerk vergeben. Das Preisgeld beträgt insgesamt 20.000 Euro. Es wird an zwei Personen oder Organisationen zu gleichen Teilen vergeben. Der Preis wird in jedem geraden Jahr am ersten Sonntag im Dezember in Schorndorf vergeben.    (red)