Stadtnachricht

Stadtmuseum erbt Kurfürstenbibel


Aus dem Nachlass des im Juni vergangen Jahres verstorbenen langjährigen Weilermer Ortsvorstehers und Stadtrats Helmut Schwarz, erhielt das Schorndorfer Stadtmuseum jetzt eine "Kurfürstenbibel" auch Weimarer Bibel genannt. Diese Bibeln heißen deshalb so, weil ihr Druck einst von dem Kurfürsten "Ernst dem Frommen" von Sachsen-Weimar im Jahre 1641 in Auftrag gegeben wurde. Unter folgender alten Beschreibung werden heutzutage die doch inzwischen recht seltenen Exemplare dieser Bibeln in Antiquariaten zum Kauf angeboten: "Kurfürstenbibel" - Biblia germanica: Biblia, das ist die gantze Heilige Schrifft, Altes und Neues Testament, verdeutscht von Herrn Doctor Martin Luther, und auf gnädigste Verordnung des Durchlauchtigsten Fürsten und Herren, Herrn Ernsts, Herzogen zu Sachsen, Jülich, Cleve und Berg". Was den weiteren Inhalt des Werkes anbelangt so wurde dieser vor 360 Jahren folgendermaßen beschrieben: "Unter andern zu finden, ein Bericht, von Vergleichung der Jüdischen und Biblischen Monden, Maaß, Gewicht, Münz und Elen mit den Unserigen. Sowohl auch eine Beschreibung der Stadt Jerusalem". Daneben sind noch Kupferstiche und Lebensläufe von Mitgliedern des sächsischen Adelsgeschlechts zu finden, welches eine Zeit lang zu den sieben Kurfürstentümern gehörte, die den deutschen König wählten. Kaufpreis für ein gut erhaltenes Exemplar derzeit 10.000 Euro.

Frank Geißler und Dr. Andrea Bergler


Angebote ließ seine "Durchlaucht" vor Auftragsvergabe bei führenden Druckereien in Nürnberg und Lüneburg einholen. Den fürstlichen Zuschlag erhielt damals die Nürnberger Druckerei Endter. Ausschlaggebend war, dass die Freie Reichsstadt Nürnberg die absolut bessere Verkehrsanbindung hatte. Seit Jahrhunderten existierte bereits schon damals die alte Reichsstraße Nürnberg - Leipzig, die über Bayreuth-Berneck-Hof-Plauen-Zwickau-Altenberg-Borna-Connewitz in die sächsische Handelsmetropole führte.

Das Exemplar im Stadtmuseum stammt aus dem Jahre 1652 und gehört zur vierten Auflage aus dem Hause Endter, die zwischen 2.000 und 5.000 Exemplare umfasst.

Die Bibel befand sich seit dem 18. Jahrhundert im Besitz der Familie der Mutter von Helmut Schwarz. Wie sie allerdings in den Besitz der Familie Heeß gelangte, ist leider nicht bekannt. Zusammen mit einem Jagdgewehr bekam Helmut Schwarz die Familienbibel von seinem Opa Albert Heeß im März 1943 zur Konfirmation geschenkt. Man könnte es fasst eine göttliche Fügung nennen, denn so kam das wertvolle Stück von Schlichten nach Weiler. Wenige Monate danach wurden bei einem Notabwurf mehrere Gebäude in dem Schurwaldort, darunter auch das der Familie Heeß, durch amerikanische Fliegerbomben zerstört.

Die 45 Zentimeter lange, 27 Zentimeter breite, 16 Zentimeter hohe und weit über zehn Kilogramm schwere Bibel lag immer bei seinem Nachbar auf dem Küchenbuffet, erinnert sich Frank Geißler, Schorndorfs ehemaliger Stadtkämmerer, der im Vorstand der Helmut-Schwarz-Stiftung sitzt (siehe Artikel unten) und im Auftrag der Nachlassverwalter das gute Stück dem Museum überbrachte.

Dass Helmut Schwarz in seinem Vermächtnis festlegte, die Bibel soll ans Stadtmuseum gehen, findet Geißler sinnvoll, denn so bliebe sie als eindrucksvolles Zeugnis der Buchdruckerkunst der Nachwelt erhalten. Außerdem sind in dieser Fassung der Lutherbibel - Ausgabe letzter Hand, wie sie auch bezeichnet wird, viele handschriftliche Eintragungen der früheren Eigentümer enthalten. Sogar in griechischer und hebräischer Sprache.

Bergler steht schon in engem Kontakt mit Dr. Christian Herrmann, dem Bibelexperten der Württembergischen Landesbibliothek in Stuttgart. Zunächst einmal muss der in Schweinsleder gebunden Wälzer fachmännisch restauriert werden.

Darüber, wie die Kurfürstenbibel der Öffentlichkeit präsentiert werden soll, hat Andrea Bergler sich auch schon ihre Gedanken gemacht. Immerhin ist dieses Exemplar der "Heiligen Schrift" bisher das Einzige im städtischen Besitz, das aus dem 17. Jahrhundert stammt.

Zur Präsentation der Kurfürstenbibel in der Öffentlichkeit will sie Dr. Christian Herrmann für einen Fachvortrag zur Geschichte des Bibeldrucks gewinnen. Vielleicht, so hofft sie insgeheim, hat ja noch der eine oder andere aus Schorndorf noch ein altes Exemplar vom "Buch der Bücher" zu Hause. Die könnte man dann an diesem Abend alle gemeinsam vorstellen.

Zumindest zwei Besitzer alter Bibeln haben sich auf den Artikel in den Schorndorfer Nachrichten hin bereits schon bei Ihr telefonisch gemeldet.