Stadtnachricht

Hans Gottfried von Stockhausen gestorben


Wenige Monate vor seinem 90. Geburtstag starb der Künstler Hans Gottfried von Stockhausen nach schwerer Krankheit in seinem Haus in Buoch.

Der am 12. Mai 1920 im hessischen Trendelburg geborene Stockhausen galt international als einer der Bewahrer und Erneuerer der Glasmalerei. Seine Glasfenster schmücken die Thomaskirche in Leipzig, das Ulmer Münster, aber auch Kirchen in den USA und England sowie der näheren Umgebung etwa der Dionysuskirche in Grunbach und der Murrhardter Stadtkirche. In Schorndorf gestaltete er das an der Nordseite des Rathauses angebrachte Mosaik über die "Schorndorfer Weiber".

Die für Stockhausen prägendste Erfahrung war seine Teilnahme als Soldat am Zweiten Weltkrieg von 1939 bis 1945. Er entkam dem Kessel von Stalingrad und geriet zu Ende des Krieges zwei Jahre in Gefangenschaft in einem Lager in Ägypten. Die Geschichten, die er aus dieser Zeit zu erzählen wusste, waren verstörende Momentaufnahmen der seltsamsten Berührungen zwischen "Feinden". Etwa die, wie er in Stalingrad gemeinsam tagelang mit einem russischen Soldaten in einem engen Erdloch Schutz vor doppelten Beschuss suchte und die beiden dort die Krümel für eine einzige Zigarette teilten!

Von diesen Erfahrungen her erklärt sich auch seine lebenslange künstlerische Arbeit, die letztlich auf der Suche nach dem Gesicht des Mitmenschen, dem gefährdeten Humanen war. Gerade in Schorndorf lässt sich das an seiner Gestaltung der Geschichte von Barbara Künkelin ablesen. Das Natursteinmosaik wurde 1965 (auf Initiative der Arbeitsgemeinschaft Schorndorfer Frauen unter dem damaligen Vorsitz von Anneliese Hahn) angebracht und löste eine Reihe von Vorläufergemälden ab, in denen allesamt die Künkelin als degenbewehrte Heldin im Zentrum der Darstellung stand. Die Künkelin erschien dort als Schwester einer waffenstarrenden Germania, die sich gegen den welschen Erbfeind wehrt. Ganz anders nun Stockhausen, der die Künkelin entmilitarisiert und ihr als Waffe allein die nachdrückliche Argumentation und die Unterstützung der vielen anderen Schorndorfer Frauen lässt. Wer sich auf das zunächst kühl und spröde wirkende Mosaik einlässt, dem erschließt sich Stockhausens Bilderfindung nachhaltig als das historische Modell einer selbst bestimmten Stadtdemokratie in der auch Frauen ihren geschichtsmächtigen Platz erkämpfen.

Stockhausen studierte nach dem Krieg an der staatlichen Akademie der Künste in Stuttgart, wo er 1969 auch Professor wurde und bis 1985 den Lehrstuhl für Malerei und Glasgestaltung innehatte. Daneben entstand ein so großes wie reizvolles Werk aus Druckgrafiken, die Stockhausen sowohl als tief mit der Tradition vertrauten Künstler zeigt, der dabei aber seinen eigenen, undogmatischen Weg der Moderne jenseits der sich überbietenden Avantgardismen gegangen ist. Stockhausen, der mit der Künstlerin Ada Isensee verheiratet war, wird fehlen - als Künstler, Anreger und einer der seltenen Vaterfiguren, die das Dritte Reich offen zu verarbeiten suchten.

Info: Noch bis zum 28. Februar zeigt das Hällisch-Fränkische Museum in Schwäbisch-Hall unter dem Titel "Licht - Sinn - Raum" Arbeiten von Stockhausen.