Stadtnachricht

Menschen in Schorndorf:
Renate Gässler die gute Seele der AWO-Begegnungsstätte


Renate Gässler

Dürfen wir vorstellen: Das sind sie, die Menschen in Schorndorf. Manche sehr bekannt, manche gar nicht. Alte und Junge, Männer und Frauen, Hiesige und Reigschmeckte. Sabine Reichle und Renate Seibold-Völker stellen sie Ihnen vor.  Lassen Sie sich überraschen. Treffen Sie hier alte Bekannte und lernen Sie neue Gesichter kennen.

Es heißt es gibt Menschen, die haut so schnell nichts um. Die lachen auch dann noch, wenn s mal schwer ist. Sie stehen auf, sie kämpfen und verlieren dabei vor allem eines nichts: Ihre Lebensfreude, die sie gerne auch an andere weitergeben.

So eine ist Renate Gässler. Viele nennen sie seit Jahren die "gute Seele der AWO-Begegnungsstätte", die wirklich ihres Lebens frohe Frau, die als junges Mädchen nach Schorndorf kam. Einfach war dieses Leben nicht immer. Aber, so lacht Renate Gässler und zündet sich noch "a Zigarettle" an: "Ich lass mich nicht unterkriegen, ich nehm s, wie s kommt".

Seit 2008 arbeitet Renate Gässler in der Begegnungsstätte der AWO. Obwohl sie das vielleicht gar nicht so sehr Arbeit nennen würde. Sie sagt, sie habe ihr Leben so eingerichtet, dass sie mittags zu ihren Gästen kann: Zu den Stammtischmenschen, zu den Skatspielern, zu der Gruppe von blinden Menschen, "des werden immer mehr". "Diese Woche kommt dann noch der Jahrgang 32, und d r Jahrgang 1916/17 - des send nemme so viele."

Renate Gässler versichert ganz glaubhaft: "Ich habe in der AWO-Begenungsstätte meinen Traumjob gefunden". Gefunden hat sie ihn dort, wo so manche Geschichten anfingen: Im Café am Marktplatz traf sie, kurz, nachdem sie in Rente gegangen und sowieso auf der Suche nach einer kleinen Beschäftigung war, "die Kamps, Ursel". Die habe sie gefragt, ob sie nicht auch mal in der Begegnungsstätte der AWO aushelfen wolle. Erfahrung als Bedienung hatte Renate Gässler ja ausreichend: Über 23 Jahre hat sie in der "Traube" in Schornbach gearbeitet, ebenso hat sie in der "Krone" in Steinach bedient.

1939 ist Renate Gässler in Thüringen geboren. Mit 13 Jahren ist sie "von daheim weg" und zu ihrer Tante gezogen. Sie war später bei einem "Tschechen in Stellung" und kam 1956 nach Schorndorf, wo ihr Vater bereits lebte. Hier hat sie im Karlsfrauenstift gearbeitet, bevor sie für eine Zeit lang nach Bayern gegangen ist.

1959 kam sie wieder in die Daimlerstadt zurück und hat bei Jupiter angefangen. "Zwischendrin bin ich schwanger geworden. Das war damals halt so", sagt sie.

Ihren Sohn hat sie alleine groß gezogen und auch für die Tochter, die sie noch geboren hat, hat sie die meiste Zeit alleine gesorgt. Das war beileibe nie einfach.

Das Gerede der Leute und vor allem immer die Sorge ums Geld. Renate Gässler hat viel gearbeitet. "Ich habe meine zwei Kinder ernähren müssen". Verbittert wirkt sie aber nicht. Ganz im Gegenteil: "Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg", meint sie und man glaubt es dieser Frau einfach.

Der frühe Tod ihres Sohnes hat sie schwer getroffen. Zerbrochen aber ist sie auch daran nicht. Irgendwie geht es ja doch immer weiter, wenn man so eine Kämpferin ist.

Heute kennt man sie vor allem lachend und immer um ihre Gäste bemüht. Zusammen mit ihrem Lebensgefährten Hans Fürst ist sie fast jeden Tag in der AWO zu finden. "Heute kommt ein Stammtisch, dene stell i ihre fünf Flascha Sprudel hin, zwei Frauen trinken koffeinfreien Kaffee und um drei back ich ein paar Brezeln auf. Ich tu alle Wünsche erledigen."

Sie kümmert sich auch um die, die von manch Zeitgenossen gerne übersehen werden. Im Park nahe der Begegnungsstätte treffen sich jene, die man vorsichtig formuliert "sozial schwach" nennen könnte. An Heiligabend lädt die AWO ein und "manchen Kerle musch erst suchen", sagt Renate Gässler. Die das aber macht, so wie sie auch ein paar jungen Frauen dort "den Marsch geblasen hat", weil die sich nicht genug um ihre Kinder kümmern.

Hat so eine eigentlich auch mal Zeit für sich? Aber sicher meint Renate Gässler. Sie geht gerne spazieren, schwimmt im Sommer und manchmal da geht sie auch tanzen, "wie d r Lump am Stecka". Nur eines, das mag sie nicht so: Selbst bedient zu werden, das fällt ihr schwer.