Stadtnachricht

Politik im Rathaus: Stadträtinnen und Stadträte haben das Wort


Apropos - Streit um den Ziegeleisee

Thomas Berger:

Bekanntlich kann ein Leben in Gesellschaft mit anderen nur dann gelingen, wenn man bereit ist bei strittigen Fragen und Problemstellungen Kompromisse zu schließen. Dies bedingt jedoch, dass die Streitparteien zunächst bereit sind sich die Argumente des jeweils anderen anzuhören, sie möglichst objektiv zu bewerten um dann in eine sachorientierte Diskussion einzutreten. Innerhalb der Diskussion kann man schließlich versuchen mit den vorgebrachten Argumenten die andere Seite für sich zu gewinnen. Sollte dies nicht gelingen und man ist ebenfalls nicht bereit die Position des anderen vollumfänglich anzuerkennen bietet sich zur Problemlösung an, nach einer Kompromisslinie zu suchen. So auch beim Thema Ziegeleisee. Nachdem die ersten Kommunikationsschwierigkeiten überwunden waren und Gegner und Befürworter der Sanierung sich zu mehreren Gesprächen trafen schien alles den bewährten Gang zu gehen.

Man war sich einig, dass angesichts der drastisch sinkenden Besucherzahlen etwas unternommen werde müsse. Dann hörte es aber schon auf mit den Gemeinsamkeiten. Auf der einen Seite die Stadtwerke und die klare Mehrheit des Gemeinderats, die sich für einen umfassende Umgestaltung des Ziegeleisees zu einem Familienbad mit Sprungfelsen, großem Sonnendeck, Liegeterrassen, modernen Sanitäreinrichtungen, umfassender gastronomischer Nutzung, Kleinkinderbereich, Integration des Sees in die Saunalandschaft und der Möglichkeit zur Durchführung von Schulschwimmen durch geklärtes Wasser einsetzt. Auf der anderen Seite ein Bündnis aus treuen Gästen des bisherigen Ziegeleisees, welche sich -bis auf die Neugestaltung der sanitären Einrichtungen- grundsätzlich für die Beibehaltung des Status quo, insbesondere für den vollständigen Erhalt der 100-Meter-Bahnen für den Gesundheitssport, aussprachen.

Soweit so gut. Nach mehreren Gesprächsrunden war es soweit - ein Kompromiss schien gefunden: Der Sprungfelsen kommt dort hin, wo er die Sportschwimmer nicht stört, auf das Sonnendeck im See wird weitgehend verzichtet, die 100-Meter-Bahnen bleiben für die Schwimmbegeisterten erhalten, die Sanitäranlagen werden modernisiert und das Wasser wird durch ein rein biologisches Verfahren von der Trübung befreit, um dort gefahrlos Schulschwimmen und Schwimmkurse anbieten zu können. Man sollte meinen, dass sowohl Befürworter als auch Gegner der Umgestaltung Teile ihres Anliegens verwirklicht sehen und man nun an die Umsetzung gehen kann -zum Wohle aller Beteilig-ten. Leider zu früh gefreut!

Wir erleben derzeit immer häufiger, dass dieses bewährte demokratische System des Interessensausgleichs nicht mehr funktioniert, weil einzelne Personen nicht bereit sind, sich von ihren absoluten Standpunkten zu lösen und Kompromisse zu schließen. So auch hier. Nachdem der Bauherr im Rahmen der Planungsfortschreibung fast allen Belangen der Kritiker Rechnung getragen hat geht´s jetzt wieder ums Prinzip - ums trübe Wasser. Es soll nun doch alles so bleiben wie es ist und die Menschen mit dem Bedürfnis nach klarem Wasser sollen doch zum Schwimmen nach Winterbach gehen. Dann wird das Ganze unter dem Deckmantel einer erweiterten Bürgerbeteiligung in eine Petition verpackt und an den Landtag geschickt, mit dem klaren Ziel den Umbau zu stoppen. Wohlwissend, dass hiermit die Badesaison 2011 und die damit verbundenen dringend notwendigen Einnahmen gefährdet sind.

Vollends unverständlich wird´s schließlich, wenn man sich unmittelbar an den Petitionsausschuss wendet ohne zuvor das in der Gemeindeordnung verankerte Instrument des Bürgerbegehrens für sein Anliegen zu nutzen. Da drängt sich einem unweigerlich der Eindruck auf, dass man sich der breiten Unterstützung in der Bevölkerung doch nicht so sicher ist und dass es einzelnen Personen lediglich darum geht sich zu profilieren. Für uns ist klar, dass man auf diese Weise ein Gemeinwesen nicht nach vorne bringen kann.

Vor diesem Hintergrund muss man dankbar sein, dass das Grundgesetz die Richtlinienkompetenzen dort verankert, wo letztlich auch die politische Verantwortung für die getroffenen Entscheidungen übernommen wird. Denn (gute) Politik für Schorndorf wird in den Schorndorfer Gremien zusammen mit den Bürgern gemacht und eben nicht im Petitionsausschuss in Stuttgart. Uns ist im Übrigen kein Fall bekannt, bei welchem einzelne Vertreter einer BI oder ein Petitionsausschuss die Verantwortung für das Scheitern eines Projekts und die damit verbundenen finanziellen Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger übernommen haben. Die SPD in Schorndorf steht zur direkten Bürgerbeteiligung und zur Kompromisssuche. Als Plattform für die Profilierung einzelner Personen taugt sie indes nicht.