Stadtnachricht

Ein bürokratischer Kraftakt mit zweifelhaftem Erfolg


Der Landtag hat vor einem Jahr das Gesetz zur Reform des Gemeindehaushaltsrechts beschlossen und die Weichen für das neue kommunale Haushalts- und Rechnungswesen gestellt. Der Zeitkorridor für die komplette Umstellung wurde bis Ende 2015 festgelegt und damit allen Kommunen eine verbindliche Frist gesetzt. So lange möchte man in der Daimlerstadt nicht warten. Eine Gruppe von sechs Studenten der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg hat jetzt mit der Ersterfassung und Bewertung des städtischen Vermögens für die Eröffnungsbilanz begonnen. Dabei handelt es sich um einen bürokratischen Kraftakt, dem zumindest aus heutiger Sicht ein zweifelhafter Erfolg beschieden sein könnte.

Nach den Herstellungskosten zu bewerten und abzuschreiben sind alle städtischen Verkehrswege ebenso wie kommunale Gebäude. Da stellt sich die Frage, was das Alte Rathaus am Marktplatz wert ist oder die Uhlandstraße. Und was mit solchen Zahlen angefangen werden kann, da Abschreibungen weder erwirtschaftet noch bei der jetzigen Finanzlage Rücklagen angesammelt werden können. Finanzdezernent Horst Reingruber fasst seine Skepsis zusammen: "Der Aufwand bringt uns keinen einzigen Euro mehr in die Kasse." Bezeichnenderweise wende das Land diese Vorschriften für seine eigenen Vermögensteile wie Gebäude und Straßen nicht an.

Guter Dinge sind indes die von Prof. Wolfgang Rieth angeleiteten Studenten. Sie halten die Bewertung des städtischen Anlagevermögens für durchaus sinnvoll. Schließlich könne so der Gegenwert für die eingesetzten Gelder dargestellt werden. Sinnvoll wäre es überdies, wenn die Kommunen Rücklagen entsprechend der Abschreibungen bilden. Wie dies bei hohen Kreditaufnahmen, gekoppelt mit einer negativen Investitionsrate zu bewältigen ist, können sie allerdings auch nicht beantworten. Die Studenten arbeiten in zwei Gruppen. Die eine erfasst die Gebäude, die andere kümmert sich um die Straßen. Was über 50 Jahre alt ist, gilt als abgeschrieben. Sind die Herstellungskosten bei einem Gebäude nicht bekannt, wird der Brandversicherungsanschlag herangezogen. Bei neueren Erweiterungen oder gründlichen Renovierungen wird mit diesen Kosten gerechnet.

OB Klopfer ist noch auf der Suche, welche politischen Schlüsse sich aus den künftigen Zahlenreihen ziehen lassen. Es sollte gelingen, einige Eckdaten herauszufiltern, um den Gemeinderäten die eine oder andere Entscheidung zu erleichtern. Für Klopfer steht fest, dass die BürgerInnen trotz der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise weiterhin ein ähnliches Leistungsangebot wie bisher von der Stadt erwarten. Um dies realisieren zu können, müssten Leistungen noch effizienter und wirtschaftlicher durchgeführt werden. Klopfer: "Das neue Haushaltsrecht sehe ich dabei nicht als Lösung, sondern vielmehr als Hilfsmittel an, um den Ressourcenverbrauch unserer Stadt noch transparenter abzubilden."