Palm-Preis für Pressefreiheit verliehen
06.12.2018
Ein besonderer Moment bei der diesjährigen Verleihung des 9. Johann-Philipp-Palm-Preisesam vergangenen Sonntag: Das rund 300-köpfige Publikum in der Barbara-Künkelin-Halle sang den beiden geehrten Journalistinnen Stefica Galic aus Bosnien und Josephine Achiro Fortelo Olum aus dem Südsudan das deutsche Volkslied „Die Gedanken sind frei“ von Hoffmann von Fallersleben. Unterstützt wurde das Publikum von den beiden Musikern Truike van der Poel (Mezzosopranistin) und Zaza Miminoshvili (Gitarre), die auch jeweils ein Lied aus dem Südsudan und ein bosnisches Lied spielten.
Das Publikum singt. Fotos: Bebop Media, Grbic
Zwei herausragende Vorbilder
„Wir ehren zwei mutige Frauen, die für die Wahrung der Menschenrechte und Demokratie in ihren Ländern kämpfen. Diese starken Journalistinnen wissen, dass Feder und Papier mehr Feuer entzünden als alle Streichhölzer der Welt. Sie beweisen Zivilcourage, Mut, Rückgrat und eine klare Haltung. Mit dem öffentlich machen ihrer Meinung geben sie den Menschen, für die sie sich einsetzen eine unsichtbare Rüstung“, sagte Oberbürgermeister Matthias Klopfer in seiner Ansprache. Er bedankte sich außerdem bei der Familie Palm und allen an der Palmstiftung Mitwirkenden für die Auswahl der Preisträgerinnen sowie die Organisation der alle zwei Jahre stattfindenden Preisverleihung. „Die Palm-Stiftung bereichert mit ihrer Arbeit unsere Stadt und unterstützt das wichtigste Gut in unserer Gesellschaft: Meinungs- und Pressefreiheit.“Friedensarbeit
„Journalistische Arbeit ist Friedensarbeit“, betonte Professor Heiner Bielefeldt, Lehrstuhl für Menschenrechtspolitik an der Universität Erlangen-Nürnberg, der einen Festvortrag zum Thema „Kein Friede ohne Meinungsfreiheit“ hielt. Er zeigte in seiner Rede insbesondere die Bedeutung von investigativem Journalismus auf, dessen Aufgabe es sei, Vertrauen zu stiften.Das Risiko wert
Beide Journalistinnen sind Gefahren und Bedrohungen ausgesetzt. Stefica Galic stehe für den Widerstand gegen eine politisch fabrizierte „fake history“, also eine Verharmlosung und Verherrlichung der Geschichte, so Bielefeldt. In ihrem Bemühen um Aufklärung historischer Verbrechen habe sie sich Feinde gemacht und Bedrohungen an Leib und Leben erfahren.Josephine Achiro Fortelo Olum muss ähnliche Erfahrungen machen. Sie ist Radiojournalistin und versucht möglichst viele Menschen, darunter zahlreiche Analphabeten, mit unabhängigen Nachrichten zu erreichen. Ihr Ziel ist „Frieden im Land, Vergebung und das Zusammenwachsen von seit langem verfeindeten Gruppierungen“. Sie selbst sagt, dass dieses Ziel jedes Risiko wert sei.
Tränen der Trauer und Wut
„Diese Auszeichnung erhalte ich zu einem Zeitpunkt, als ich fast den Glauben an das Gute und Gerechte verloren habe“ – mit diesen Worten bedankte sich Stefica Galic für die Auszeichnung, berichtete unter Tränen über ihren Kampf um Versöhnung und über die schlimmste Zeit in ihrem Leben. Während der Kriege in Bosnien und Herzegowina habe sie am eigenen Leib miterlebt, wie ihre Nachbarn in Lager gebracht und gefoltert wurden. Sie sah, wie Menschen verschwanden, Moscheen, Kirchen und Häuser brannten, wie Menschen in Kühlwagen abtransportiert wurden. Bis heute sei ein Großteil der damaligen Gewalttäter nicht bestraft worden. Während des Kriegs bewahrten Galic und ihr Ehemann Hunderte von Bosniaken vor einer Deportation. Heute klärt sie über die damaligen Verbrechen während der Jugoslawienkriege auf. Auf ihrem Online-Portal „Tacno.net“ klagt sie Täter öffentlich an. „Ihr Ziel ist es, dass die Schrecken der Vergangenheit aufgearbeitet und die Opfer um Vergebung gebeten werden“, so Andrea Beer vom ARD Hörfunkstudio Südosteuropa, die die Würdigung der Preisträgerin vornahm.OB Klopfer, die Preisträgerinnen Galic und Olum mit Krönert (v.l.).