Stadtnachricht

Vielfalt tut gut: Mit dem Kochlöffel malen


Die Integration von Ausländern ist in unserer Gesellschaft ein Dauerthema, das auch der Bundespräsident in seiner Grundsatzrede zum "Tag der Deutschen Einheit" eindrucksvoll angesprochen hat. Nicht absondern, sondern sich in örtlichen Vereinen und Organisationen engagieren, lautet eine wichtige Empfehlung. Äußerst hilfreich sind eine fundierte schulische Ausbildung sowie das Erlernen eines Berufs bis zur Meisterprüfung. In einer losen Folge stellt "Schorndorf Aktuell" erfolgreiche Schorndorfer mit ausländischen Wurzeln vor.

"Wenn man als Außenseiter durch die Stadt läuft, bekommt man große Ohren" und man hört das Flüstern der Leute: "Wer ist denn das? Kennst du den?" Arnold Kumordzie, Schorndorfer, geboren in Ghana hat diesen fein ausgeprägten Gehörsinn. Aber ein bisschen hat sich auch etwas verändert. Heute, 15 Jahre nach seiner Ankunft in Deutschland, kennen ihn schon ein paar Menschen mehr und deshalb hört er mittlerweile den Dialog der Passanten um einen kleinen Satz erweitert: "Das ist der Herr Kumordzie".

Arnold Kumordzie, 43 Jahre alt, verheiratet, zwei Söhne, ist selbstständiger Werbegrafiker und Künstler. Dabei könnte man an seiner Kunst vielleicht auch ein bisschen das Ankommen in Deutschland ablesen. "Sie sind nicht mehr so afrikanisch", sagt er. Der Ausdruck von Einsamkeit ist ein wenig gewichen. Heute sind die Bilder "afrikanisch-europäisch". Und er sei ein bisschen "schwäbischer geworden", lacht er. Obwohl manches immer anders bleiben wird: "Ich kann nur Wein trinken, nicht schlotzen".

Manche Fragen, die sie ihm, dem Fremden stellen, verwundern ihn immer noch, aber er versucht sie zu beantworten oder Vorurteile zu widerlegen. "Die meisten glauben, dass in Afrika alle Menschen verhungern", und eine ältere Frau habe ihn mal gefragt: "Warum trinken in Afrika die Männer immer Tee und die Frauen arbeiten?" Arnold versucht dann zu erklären, dass Afrika groß ist und die Geschichte mit den Tee trinkenden Männern vielleicht irgendwo so sein kann, aber er kennt das aus seiner Heimat nicht. Man müsse sich das so vorstellen, wie wenn ein Deutscher nach den Sitten eines Menschen in Polen oder Süditalien gefragt werde.

Seit zwei Jahren hat Arnold Kumordzie die deutsche Staatsbürgerschaft. Ausschlag war eine Reise nach London zu seiner Schwester und die Unannehmlichkeiten am Zoll. Ansonsten antwortet er auf die Frage, was denn nun deutsch an ihm sei: "Mein Alltag." Ein bisschen seltsam sei das aber schon gewesen dieses Deutsch-Werden. Die deutsche Hymne zu singen fand er "befremdlich". "Ich würde die ghanaische Hymne auch nicht singen, dieses Patriotische, das gefällt mir nicht so." Aber die Deutschwerdung hatte auch ihre komischen Seiten: Die zuständige Frau auf dem Landratsamt kannte ihn von Kunstausstellungen und tat sich ein bisschen schwer, ihm solche Fragen wie die nach dem Namen des baden-württembergsichen Ministerpräsidenten zu stellen oder ähnlich Alltagspraktisches.

Vielleicht muss ein Mensch wie Arnold Kumordzie vor allem ein gehöriges Maß an Geduld und Gelassenheit mitbringen? Seinen beiden Söhnen will er vermitteln, dass sie "verstehen, dass sie anders sind und lernen damit umzugehen". Dazu gehört für ihn: den Anderen zu respektieren und in seiner Art zu akzeptieren.

Seit einem Jahr geht Arnold Kumordzie regelmäßig in den Winterbacher Kindergarten St. Elizabeth, um dort mit den Kindern auf ehrenamtlicher Basis Kunst zu machen. Auch hier mussten sich die Menschen, die kleinen und der große, erst einmal kennenlernen. "Die ersten Tage haben sich die Kinder beschäftigt mit dem Thema Neger." Die Gespräche gingen so: "Du bist ein Neger." "Ja." "Warum?" "Weil ich aus Afrika komme." "Kannst du Fußball spielen?" Nein, das kann er nicht so gut, aber malen. Irgendwann war das Thema dann erledigt und heute ist zwischen den Kindern und Arnold eine sehr kreative Malgemeinschaft entstanden. Wobei Arnold Kumordzie seinen jungen Schülern eigentlich gar nichts beibringen will. Er bringt Farben mit und Werkzeuge aller Art, "bloß keine Pinsel", und zeigt ihnen, dass man mit allem malen kann und dass es beim Malen kein richtig und falsch gibt. Und dabei lernt auch der große Maler wieder etwas und die Eltern und Erzieherinnen der Kinder merken: Wir Großen grenzen uns oft zu sehr ein. "Die Kinder machen, wie es ihnen passt", sagt Arnold und das ist gut so.

Und manche Kinder verbinden Afrika jetzt auch mit Kunst. Arnold Kumordzie will das Projekt weiter begleiten und am liebsten auch die Eltern einbeziehen. Die sollen lernen, dass man sogar mit einem Kochlöffel malen kann.

Bleibt am Ende die Frage nach den Ereignissen, Dingen und Menschen, die ihn in den letzten 15 Jahren am meisten beeindruckt haben. "Die Menschen, die mich unterstützen" gehören dazu, auch Ereignisse wie der Streit um Stuttgart 21, "bei dem man sieht, dass die Bürger etwas zu sagen haben" und, auch wenn er nicht Fußball spielen kann: "Die Fußballweltmeisterschaften 2006 und 2010". Da schlugen zwei Fußballherzen in ihm.

Info
Arnold Kumordzie ist in Ghana geboren. Er lebt seit 15 Jahren in Schorndorf, ist verheiratet und hat zwei Söhne. Er ist selbstständiger Werbegrafiker und Künstler.