Stadtnachricht

„Mobilität ist nicht nur in Großstädten ein Thema“


Prof. Dr. Barbara Lenz vom DLR spricht über die Zukunft der Mobilität.

Gut gefüllt war der Große Sitzungssaal des Rathauses am vergangenen Freitag zur Auftaktveranstaltung des Projekts „Mikromobilität - nachhaltige Mobilitätslösungen für die Stadt von morgen“. Das Thema lockte nicht nur Interessierte aus Wissenschaft und Politik an, sondern auch einige Bürgerinnen und Bürger.
Prof. Dr. Barbara Lenz vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) war aus Berlin angereist und eröffnete die Runde mit einem Vortrag. Mobilität habe aus ihrer Sicht auch etwas mit Klimaschutz zu tun und der Verkehr habe bisher zu wenig dazu beigetragen, die Treibhausgase zu verringern. Imponiert zeigte sie sich deshalb vom neuen Projekt der Stadt: „Sie zeigen hier in Schorndorf, dass Mobilität nicht nur in Größstädten ein Thema ist.“

Experten beantworten die Fragen der Gäste.Seit dem 1. Januar dieses Jahres beschäftigt sich ein Team der Stadt mit der Frage, ob, und wenn ja, welche Mobilitätsformen die Schorndorferinnen und Schorndorfer in Zukunft für ihre letzte Meile benötigen. Mikromobile, also Kleinstfahrzeuge wie E-Scooter oder Dreiräder mit E-Antrieb werden hierbei genauer unter die Lupe genommen.

Projektleiterin Diana Gallego stellte den Teilnehmern noch einmal die Forschungs-schwerpunkte vor. Besonders suche man in nächster Zeit den Kontakt zu den Menschen, um herauszufinden, was sie für Bedürfnisse haben. Gibt es zum Beispiel Interesse an Lastenrädern, um den Einkauf nach Hause zu bringen? Lohnt sich Sharing, also das Ausleihen und Teilen von Rädern, überhaupt? Und sind Mikromobile nicht nur für Privatpersonen, sondern zum Beispiel auch für Handwerksbetriebe interessant? Diese und vielen weiteren Fragen gilt es, in diesem Jahr nachzugehen und, wenn möglich, auch zu beantworten.

E-Scooter-Invasion vermeiden

Was man auf keinen Fall wolle, sei E-Scooter willkürlich aufzustellen und zum Verleih anzubieten, betonte Diana Gallego auf Nachfrage eines besorgten Bürgers. Durch die systematische Untersuchung, wie es jetzt in Schorndorf der Fall sei, könne man eine Entwicklung, wie sie aktuell in den Großstädten zu sehen sei, verhindern.

E-Scooter sind voll im Trend, überall stehen sie zur Verfügung aber auch im Weg herum und sorgen deshalb für viel Freud und Leid. Erfahrungen aus Stuttgart zeigen, dass die Zweiräder im Schnitt 8 Minuten ausgeliehen werden und dabei eine Strecke von ca. einem Kilometer zurückgelegt wird. „Durch die E-Scooter werden maximal Fußwege oder Bahnfahrten ersetzt, aber keine Autofahrten“, berichtet Ralf Maier-Geißer, vom Referat Strategische Planung und Nachhaltige Mobilität der Stadt Stuttgart. Diese Erfahrung konnte Prof. Dr. Lenz aus Berlin nicht teilen und vermutet, dass die Entwicklung vielmehr mit der topografischen Lage Stuttgarts zusammenhänge. Sie wünscht sich mehr Geduld bei dem Thema. „Als das Auto oder das Fahrrad erfunden wurde, lief ja auch nicht alles sofort unfall- und fehlerfrei.“ Zustimmung erhält sie von Yorks-Sprecher Dominik Neyer. Das Start-Up-Unternehmen hat sich auf nachhaltige E-Roller spezialisiert. Anders als die Mietmodelle in den Großstädten soll ihr Roller nicht nach ein bis drei Monaten schrottreif sein, sondern lange halten. „Auch ich bin der Meinung, dass neue Mobilitätslösungen einfach Zeit brauchen, bis sie vom Verbraucher genutzt und akzeptiert werden.“
Die Stadt ganz neu planen

Es gibt nicht die eine Lösung für das Verkehrsproblem, das überall - sei es in einer Großstadt oder in einer kleinen Kommune - vorherrscht. Und klar ist auch, dass die Mobilität, genau wie viele andere Bereiche, stetig im Wandel ist. „Die Zukunft der Mobilität ist multimodal“, sagt Prof. Dr. Barbara Lenz und meint damit, dass Menschen immer häufiger verschiedene Fortbewegungsmittel nutzen. Und genau deshalb ist es so wichtig, dass sich die Stadt damit auseinandersetzt, wie die optimale Lösung für einen selbst aussieht.

Bürgermeister Thorsten Englert macht zum Ende der Veranstaltung deutlich, wohin die Entwicklung in Schorndorf gehen soll:„Es ist die zentrale Aufgabe der Stadtplaner, unsere Stadt neu zu denken, die Infrastruktur neu zu planen und sich die Mobilität der Zukunft auszumalen. Wir dürfen alle gespannt sein, wie diese aussehen wird.“

Wer ein Mikromobil mal testen möchte: Am 22. März findet im Rahmen der Veranstaltung „Rund ums Rad“ ein Erprobungs- und Informationstag am Karlsplatz statt.