Stadtnachricht

Zeugnis in Zeiten von Corona


Rektorin Groß händigte die Zeugnisse aus.

Es war eine ganz besondere Abschlussfeier, wenn man die diesjährige Zeugnisübergabe in der Gemeinschaftsschule Rainbrunnen so nennen kann. Corona-bedingt wahrten alle Anwesenden 1,5 Meter Abstand voneinander und trugen Mund-Nasen-Schutzmasken, wenn sie nach vorne gingen, um ihre Zeugnisse abzuholen. Doch auch oder gerade weil diese Zeugnisübergabe so besonders war, bekam Rektorin Karola Gross Unterstützung vom Ersten Bürgermeister Edgar Hemmerich. Dieser überreichte den Schülerinnen und Schülern Blumen, während Karola Gross ihnen ihre Abschlussunterlagen aushändigte. Der Erste Bürgermeister war zudem da, um ein paar Worte an die erfolgreichen Zehntklässler zu richten. Denn auch für ihn war es etwas Besonderes. „Normalerweise sind Bürgermeister nicht bei Zeugnisübergaben dabei. Aber da ja in Corona-Zeiten gerade sowieso alles anders ist, machen wir das jetzt auch mal anders“, sagte Hemmerich.

Sichtlich gerührt

Corona war aber nicht der einzige Grund für den Besuch von Edgar Hemmerich. Zum einen wollte er den von dem kürzlich verübten Vandalismus (wir berichteten) gebeutelten Schülern und Lehrern einen Besuch abstatten, zum anderen war dieser Jahrgang nun die erste Zehnte Klasse, die an der Gemeinschaftsschule Rainbrunnen ihren Realschulabschluss absolvierte. Rektorin Karola Gross war daher bei der Verabschiedung sichtlich gerührt. „Ich habe euch als Gemeinschaftsschüler begrüßt und nun verlasst ihr uns mit einem Realschulabschluss in der Tasche“, sagte Gross bei ihrer Rede an die Schüler. Und auch wenn nicht alle des Jahrgangs sich für einen Abschluss entschieden hatten, so waren es doch ganze30 Schülerinnen und Schüler, die mit einem Zeugnis an diesem Tag die Schule verließen, 19 davon mit einem Lob und drei sogar mit einem Preis. Und hob Gross dann auch noch einmal die starke Leistung der Jugendlichen hervor und machte ihnen Mut für ihren weiteren Weg. Anschaulich machte sie dies mit einer altbekannten Metapher: dem halbleeren – oder wie die Rektorin den Schülern empfahl, es zu sehen – dem halbvollen Glas.

„Wir sollten mit Optimismus auf das blicken, was wir haben“, sagte sie. Als halbleer könnte man das Glas zwar sehen, wenn man auf die abgesagten Feste und Abschlussfahrten blicke. Halbvoll zeige es sich jedoch, wenn sie an die Herausforderungen, die sie gemeistert und die sie krisenfest gemacht hatten, sowie das tolle Ergebnis, das der Jahrgang erzielte, dachten: „Zwei Drittel von euch haben einen guten Abschluss.“ Edgar Hemmerich sah das ähnlich. „Es hilft nicht, sich zu bedauern. Es macht Sinn, das Glas als halbvoll anzusehen. Später einmal erinnert man sich dann sowieso nur noch an die guten Dinge aus der Schulzeit.“ Und: „Ein Optimist nimmt die Herausforderung an“, ergänzte Karola Gross. „Daher will ich euch ganz viel Optimismus mit auf den Weg geben.“ Die Rektorin lobte aber nicht nur die Schülerinnen und Schüler, sondern auch ihre Belegschaft. Die Lehrer hätten maßgeblich zu diesem Erfolg beigetragen. Sicherlich keine einfache Aufgabe in Zeiten von Homeschooling und Infektionsschutz. Und Hemmerich dankte Lehrerinnen und Lehrern sowie den Schülerinnen und Schülern im Namen der Stadt dafür, dass sie nie aufgegeben und nie den Glauben an die Schule verloren hatten. Es sei auch für die Verwaltung eine herausfordernde Zeit, aber mittlerweile sei sie eine echte Meisterin der Improvisation. „Keiner hätte je gedacht, dass wir schließen müssen“, blickte er zurück. Und Karola Gross meinte: „Anfang des Jahres hatten wir uns noch eine große Abschlussfeier ausgemalt.“ Auch Tobias Bihlmaier, Klassenlehrer der 10b, hatte noch was zu erzählen. Im letzten Jahr gerade fertig mit seinem Referendariat geworden, war ihm gleich die Verantwortung für eine Abschlussklasse übergeben worden. Auch Bihlmaier nutzt eine Metapher und vergleicht das Schuljahr mit einer Bergbesteigung. „Trotz aller Schwierigkeiten habt ihr den Aufstieg geschafft“, erklärte er seinen Schülern. „Doch vor euch liegen auch noch sehr viele weitere Berge, die es zu meistern gibt.“

Wie nah sich Schüler und Lehrer an der Gemeinschaftsschule Rainbrunnen stehen, merkte man jedoch nicht nur an den aufmunternden Worten, die sie sich gegenseitig zusprachen. Es wurde auch eine Vielzahl an Geschenken und Anekdoten ausgetauscht. Am Ende durfte noch erraten werden, welcher Lehrer sich auf welchem Kinderbild verbarg. Und während nur die Klassenlehrer im Raum anwesend sein durften, verfolgte das restliche Kollegium die Zeremonie von draußen. Sie standen vor dem Klassenzimmer und beobachteten ihre Schüler, wie sie sich aufmachten, in die weite Welt zu ziehen und den nächsten Berg zu meistern, wobei der ein oder andere die Gläser auf seinem Weg wohl von nun an immer als halbvoll ansehen wird.