Stadtnachricht

Jahresbericht der Stadtbücherei Schorndorf 2020


Stadtbücherei Schorndorf mit einigen Bücherregalen und Büchern

Die Stadtbücherei gehörte im Jahr 2020 zu den Dingen, die den Schorndorfern Freude bereitet haben. Zu diesem Schluss kommt Büchereileiterin Marianne Seidel angesichts der Statistik, die sie dieser Tage im Jahresbericht der Stadtbücherei veröffentlicht. Obwohl die Bibliothek entsprechend der Corona-Verordnungen an 35 Tagen geschlossen blieb, zählte sie mehr physische Entleihungen als im Vorjahr: 225.000. Inklusive der digitalen Ausleihen waren es sogar fast 263.000. Das ist ein Plus von 4 Prozent gegenüber 2019. Die schließungsbedingten Pauschalverlängerungen wurden selbstverständlich herausgerechnet. Vor den beiden Schließzeiten wurden Rekordmengen an Medien entliehen. Am letzten Öffnungstag des Jahres, dem 15. Dezember besuchten 500 Menschen die Stadtbücherei und entliehen über 3.000 Medien. Diese Menge ist sicher einmalig in der Geschichte der Bibliothek.

Im Zentrum des Jahresberichts stehen die Monate, in denen normal geöffnet war. Von Mai bis November verzeichnete die Stadtbücherei durchschnittlich 8 Prozent mehr physische Entleihungen und 10 Prozent mehr Besucher als im Vergleichszeitraum 2019. Absoluter Ausleihrenner waren die vom Freundeskreis der Stadtbücherei gespendeten Gesellschaftsspiele (plus 32 Prozent). Den stärksten Zuwachs verzeichneten danach Unterhaltungsmedien wie Kinder- und Jugend-Hörbücher (plus 19 Prozent) und DVDs und Konsolenspiele (plus 11 Prozent). Auch Kinder- und Jugendliteratur wurde häufiger entliehen (plus 8 Prozent). Bei der Sachliteratur hingegen ging die Ausleihe zurück (minus 14 Prozent). Hier machten sich die geltenden Einschränkungen bemerkbar. Beispielsweise entfielen die meisten Schüler-Referate (GFS), für die in sonst Sachliteratur benötigt wird. Es wurden weniger Reiseführer ausgeliehen, weil Reisen nur eingeschränkt möglich war.

Viele Lebensbereiche verlagerten sich 2020 ins Digitale. Die digitalen Medien der eBibliothek Rems-Murr erlebten 2020 kreisweit eine Ausleihsteigerung um 37 Prozent. Die 1.000 Schorndorferinnen und Schorndorfer, die die Onleihe nutzten, entliehen 17 Prozent mehr eBooks, digitale Ausgaben von Hörbüchern, Zeitschriften sowie Zeitungen als 2019. Schorndorf hatte in den Vorjahren bereits relativ viele Onleihe-Nutzer. Diese reduzierten sich im Pandemie-Jahr erstaunlicher Weise um 20 Prozent. Möglicherweise fielen 2020 einige Gelegenheiten weg, zu denen sie sonst eMedien bevorzugten, zum Beispiel Reisen und der tägliche Weg zur Arbeit. Außerdem kam es bezüglich der eReader zu einem Generationswechsel. Ältere Tolino-Geräte unterstützen die Onleihe nicht mehr. Wer ein solches Gerät besitzt, konnte es für die eBooks der Stadtbücherei nicht mehr nutzen. Durch die Kontaktbeschränkungen konnte die eBook-Sprechstunde nicht wie sonst stattfinden und Hilfestellungen mussten per Telefon erfolgen.

Als einziger Teilort verfügt Weiler über eine eigene Ortsbücherei. Sie befindet sich im Rathaus Weiler und hatte 2020 an 32 Donnerstagnachmittagen geöffnet. Kinder und Romanleserinnen finden dort eine reichhaltige Auswahl mit fast 6.000 Medien. Die kleine Bücherei ist ein Geheimtipp: Aktuelle Bücher und Bestseller bekommt man hier manchmal schneller als in der großen Stadtbücherei, weil weniger Titel vorgemerkt werden.

„Wir haben den Eindruck, dass für viele Menschen der Stellenwert von Literatur, profunder Information und guter Unterhaltung im Krisenjahr gestiegen ist. Und die Kinder hatten mehr Zeit zum Lesen“, erklärt sich Marianne Seidel den Erfolg. Der Mangel an Alternativen hat sicherlich das seine dazu beigetragen. Vor allem ab November hatte das Büchereiteam den Eindruck, dass der Bibliotheksbesuch für Familien zu einem geschätzten Moment der Normalität im Alltag wurde. Dabei war der Betrieb alles andere als normal: Zugangsbeschränkungen regelten den Eintritt, es war kein Aufenthalt zum Lesen und Arbeiten erlaubt, fast alle Veranstaltungen entfielen.

Der pandemiebedingte Ausfall vieler bibliothekspädagogischer Angebote schmerzt Julia Terber, die in der Stadtbücherei die Kinder- und Jugendabteilung leitet und für 2020 ein umfangreiches Programm zur Leseförderung geplant hatte. Nur ein Bruchteil davon durfte stattfinden. „2019 erreichten wir über unsere Kooperationen und Veranstaltungen 2.300 junge Leserinnen und Leser. 2020 konnten nur 300 teilnehmen“ lautet ihre Bilanz. Das wirke sich auf die Anzahl der Neuanmeldungen aus, sie sank um 28 Prozent. 4.200 Menschen nutzten die Bibliothek im Jahr 2020, indem sie physische oder digitale Medien entliehen. Dass die Ausleih- und Besucherzahlen trotzdem konstant waren, weist darauf hin, dass diejenigen die Bücherei intensiver nutzten, die sie bereits kannten. Jede aktive Benutzerin entlieh durchschnittlich 53 Medien. Es kamen 58.200 Besucher. Das sind zwar 10 Prozent weniger als 2019, aber schließlich waren die Öffnungstage um den gleichen Wert reduziert.

Das Team der Stadtbücherei ist froh, dass seine Arbeit von den Bürgerinnen und Bürgern 2020 so deutlich geschätzt wurde. Momentan muss die Stadtbücherei geschlossen bleiben, bietet aber einen Abholservice zur Ausleihe an. Der Zukunft sehen die Mitarbeiterinnen gespannt entgegen. Wird 2021 der ersehnte Baubeschluss für eine zeitgemäße, moderne Stadtbücherei fallen? An der Konzeption für die neue Stadtbücherei wurde 2020 intensiv gearbeitet. In Zeiten, in denen selbst die Ausleihe auf einen Abholservice reduziert ist, liest sich der Auftrag der künftigen Bibliothek geradezu visionär: ein Ort der lebenslangen Bildung soll sie werden, ein Ort der Kultur und Teilhabe sowie ein Ort der Begegnung. All das wird eines Tages wieder möglich sein. Die guten Nutzungszahlen – sogar am alten Standort und unter Krisenbedingungen - legen nahe, dass sich viele Bürgerinnen und Bürger darüber sehr freuen würden.
Der komplette Jahresbericht steht im Internet unter www.stadtbuecherei-schorndorf.de zum Herunterladen zur Verfügung.