Stadtnachricht

Neue Sonderausstellung im Stadtmuseum Schorndorf


Dr. Andrea Bergler und Oberbürgermeister Matthias Klopfer betrachten die Ausstellung

„Verlegt nach Grafeneck“ – diese Notiz betraf mindestens 18 Menschen aus Schorndorf, die im Zuge der NS-„Euthanasie“ in der Vernichtungsanstalt Grafeneck auf der Schwäbischen Alb ermordet wurden. Das Stadtmuseum Schorndorf widmet ihnen und ihrer Geschichte eine Sonderausstellung, in der fünf Biographien, auch in Leichter Sprache, näher vorgestellt werden.

Am Freitag, 26. März eröffneten Oberbürgermeister Matthias Klopfer und Museumsleiterin Dr. Andrea Bergler die Ausstellung im Rahmen einer kleinen Pressevorstellung.
„Ein riesen Lob an das Team des Stadtmuseums, die solch ein schwieriges Thema aufgearbeitet haben und es so der Bevölkerung zugänglich machen“, bedankte sich Oberbürgermeister Matthias Klopfer. „Auch im Remstal ist es eine große Herausforderung mit der Geschichte umzugehen.“ Da die Ausstellung auch hervorragend für Unterrichtsbegleitung geeignet ist, hofft Klopfer, dass bald auch Schulklassen ins Museum kommen können.

Während des Lockdowns nutzte das Ausstellungsteam des Stadtmuseums die Zeit, um die ursprünglich für 2020 geplante Ausstellung zu überarbeiten und zu erweitern. Als Grundlage dient eine Berliner Wanderausstellung über die Tiergartenstraße 4, kurz „T-4“. In dieser Berliner Villa planten die Nationalsozialisten die „Euthanasie“-Aktion, die sie zwischen 1940 und 1941 ausführten. Dafür erfassten sie systematisch über 70.000 Menschen mit geistiger Behinderung oder psychischer Erkrankung, deportierten diese in Vernichtungsanstalten und ermordeten sie dort mit Gas.

Neben der Berliner Wanderausstellung zeigt der Schorndorfer Teil fünf der hiesigen Opferschicksale und stellt neueste Forschungsergebnisse zu ihnen vor. Im Zentrum geht die Ausstellung, räumlich wie inhaltlich, mit Fragen zur Herkunft, zu Hintergründen und zum Anstaltsalltag auf die Schicksale ein. Wer waren die Schorndorfer Opfer? Aus welchen Familien kamen sie? Warum mussten sie in eine Anstalt und wie sah ihre Arbeits- und Freizeitgestaltung dort aus? Meist kamen Schorndorfer Patientinnen und Patienten in den „Heil- und Pflegeanstalten“ Stetten im Remstal und Winnental in Winnenden unter. So befand sich beispielsweise Marie Anna Fetzer nach ihrer Diagnostik in der „Universitäts-Nervenklinik“ Tübingen zuletzt in Winnental. Von dort wurde sie 1940 nach Grafeneck „verlegt“. Diese Notiz findet sich bei allen Opfern auf den Transportlisten und bescheinigt ihre Ermordung in den Vernichtungsanstalten. Die Ausstellung zeigt ihre Geschichte mit Exponaten aus der Zeit. Für die fünf bekannten Opfer ist außerdem je eine Terracotta-Figur aus dem Kunstprojekt „Grafenau10654“ von Jochen Meyder zu sehen.

Die Erforschung weiterer Opfer aus Schorndorf ist jedoch noch längst nicht abgeschlossen. Im Rahmen der Ausstellung sollen weitere Erkenntnisse über Opferschicksale gewonnen werden, um allen ermordeten Patientinnen und Patienten ein Gedenken zu ermöglichen, so wie es Marie Anna Fetzer nachträglich erfahren hat. Am 30. Juni 2016 wurde für sie in der Römmelgasse ein Stolperstein verlegt. „Die Stolpersteine geben den Opfern ihre Namen zurück“, sagt Matthias Klopfer. „Da im Zuge der Recherchen weitere Fälle entdeckt wurden, werden die Stolpersteine eine Fortsetzung finden. Leider.“

Die Sonderausstellung ist von Samstag, 27. März bis Ende Januar 2022 im Saal des Stadtmuseums dienstags bis samstags von 14 bis 17 Uhr und sonntags von 11 bis 17 Uhr zu sehen. Ein Begleitprogramm mit Führungen und Vorträgen wird angeboten, sobald sich die derzeitige Lage rund um die Covid-19-Pandemie entspannt. Die Öffnung des Museums richtet sich nach den laufenden Corona-Verordnungen des Landes: Bei einer stabilen 7-Tage-Inzidenz von unter 50 im Rems-Murr-Kreis ist der Besuch für bis zu 20 Personen ohne Voranmeldung möglich. Ab einer Inzidenz von 50 ist der Besuch für bis zu 20 Personen mit vorheriger Terminbuchung per Telefon oder Mail und Kontaktdatenerfassung möglich. Ab einer Inzidenz von über 100 wird das Stadtmuseum geschlossen.

Alle aktuellen Informationen zur Sonderausstellung und zu den Besuchsmodalitäten findet man auf www.stadtmuseum-schorndorf.de.

Derzeit ist der Besuch mit vorheriger Anmeldung möglich.
Sie können sich telefonisch 07181/602-1132 oder per Email an stadtmuseum(at)schorndorf.de zu den Öffnungszeiten anmelden.