Stadtnachricht

Gmünd und Schorndorf engagieren sich im Libanon


Die Oberbürgermeister Arnold und Klopfer (von links) beim Besuch im Libanon

Mit dem Projekt „Maßnahmen zur Abwendung der Folgen von Corona und Resilienzbildung“ im Zuge des kommunalen Corona-Solidarpaket von Engagement Global helfen die Stadtverwaltungen Schwäbisch Gmünd und Schorndorf in der libanesischen Gemeinde Bkarazla. In der ersten Phase des Projekts beschafft wurden Tablets für die Schülerinnen und Schüler, Scanner und Laptops, um hybriden Unterricht vorzubereiten und Nähmaschinen, um Masken für die Bürgerinnen und Bürger zu produzieren. Der Projektplan wurde in Rücksprache mit den libanesischen Projektpartnerinnen erarbeitet. Das Libanon-Projekt läuft von November 2020 bis November 2021. In der zweiten Phase soll nun ein virtueller Schüleraustausch aufgebaut werden. Auch ein virtueller Verwaltungsaustausch zur kommunalen Pandemiebekämpfung ist im nächsten Schritt geplant. Bei einer virtuellen Pressekonferenz informierten Schorndorfs Oberbürgermeister Matthias Klopfer und Richard Arnold, Oberbürgermeister von Schwäbisch Gmünd, über den aktuellen Stand des Projekts.

Schwierige Situation vor Ort

„Schon vor der Pandemie war die innenpolitischen Lage im Libanon nicht gut. Die Bevölkerung im Libanon ist derzeit unmittelbar von einer Dreifach-Krise betroffen: Regierungs-, Finanz- und Coronakrise. Vor allem die Schulen im Libanon sind von den Auswirkungen der Krisen betroffen. Hier wollten wir gemeinsam mit unseren libanesischen und Schorndorfer Partnern schnell und nachhaltig handeln“, beschreibt Inga Adam, Koordinatorin für kommunale Entwicklungspolitik der Stadt Schwäbisch Gmünd, die Anfänge des kommunalen Entwicklungsprojekts. Es folgte eine eindrückliche Analyse der Lage von Ort gemeinsam mit der deutschen Botschaft in Beirut, Caritas International und dem Libanon-Experten Marwan Abboud-Taam für die weitere Planung des Projekts. Isabelle Kübler, Fachbereichsleiterin Schule und Vereine bei er Stadt Schorndorf und derzeit im Mutterschutz, und Inga Adam beschlossen auf Basis der Rücksprachen eine „Female Task-Force“ zu gründen, einer Projektgruppe, die sich mit der Planung und Durchführung des Projekts im Zuge des Corona-Solidarpakets befasst. Grund für diese Entscheidung war, dass Frauen aus soziologischer Sicht den empathischen Zugang zu einer Gesellschaft darstellen. Zudem sollte die Corona-Krise als Chance genutzt werden, die Stellung der Frau in Bkarzala zu stärken. Bei der ersten gemeinsamen Videokonferenz der Female Taskforce, im August 2020 kristallisierte sich zwei Handlungsfelder heraus: Zum einen der Gesundheitsschutz der Bevölkerung vor Ort, zum anderen die Schaffung von Möglichkeiten für die Durchführung eines hybriden Unterrichts. In der Gemeinde von Bkarzala fehlte es nicht nur an Schutzmasken, sondern auch an technischen Möglichkeiten der Gemeindeverwaltung zur Bekämpfung der Pandemie. Und so ergab es sich, dass mit dem gemeinsam entwickelten Projektplan im November 2020 die Projektförderung von Engagement Global bewilligt wurde.
In der ersten Phase des Projekts „Maßnahmen zur Abwendung der Folgen von Corona und Resilienzbildung“ im Zuge des Corona-Solidarpakets mit einer Projektlaufzeit bis November 2021, stand die Beschaffung von elektronischen Endgeräten und Fotokopierer sowie Nähmaschinen und Stoffen im Vordergrund. Auch zwei Näherinnen zum Nähen von Masken wurden engagiert. „Hier handelt es sich um ein Projekt, bei dem den Menschen vor Ort schnell, unmittelbar und nachhaltig geholfen wird. Dieses Projekt zeigt einmal mehr, wie wichtig die kommunale Entwicklungspolitik und die kommunale Zusammenarbeit ist,“ so beschrieb Oberbürgermeister Richard Arnold das Libanon-Projekt. Schorndorfs Oberbürgermeister Matthias Klopfer fügte dem hinzu: „Wir waren 2018 vor Ort und haben gesehen, in welch schlechtem Zustand die High School ist. Nichtsdestotrotz ist die Schulleiterin sehr engagiert und wir freuen uns, dass wir ihr unermüdliches Engagement mit diesem Projekt unterstützen können.“ Die Projektleiterin Inga Adam erzählte mit Blick auf die wirtschaftliche Lage im Libanon: „Uns war es wichtig, alle Beschaffungen vor Ort zu tätigen, um so die lokalen Unternehmen und Dienstleister in der Wirtschaftskrise zu unterstützen.“ Isabelle Kübler, die selbst bei einer Delegationsreise im Jahr 2018 in Bkarzala war, sagte bezüglich der Bildungskomponente im Projekt: „Das Bildungsniveau im Libanon ist vergleichbar mit dem deutschen Niveau. Nur fehlt es an für uns selbstverständlichen Dingen wie einem Fotokopierer mit Scan-Funktion oder einer funktionierenden technischen Infrastruktur. Das Bildungswesen im Libanon ist von den Krisen schwer getroffen.“ Aufgrund der stark dynamischen Entwicklungen im Libanon und der Pandemie wurde die für Oktober 2020 geplante Delegationsreise verschoben. „Wir freuen uns, unsere deutschen Partner und Partnerinnen in Bkarzala in der Zukunft wieder in unserer Gemeinde begrüßen zu dürfen“, so die Gemeinderätin Mireille Khoury.
Mit der Unterstützung der Städte Schwäbisch Gmünd und Schorndorf sowie Engagement Global kann nun der hybride Unterricht an der Bkarzala High School, in der auch aus Syrien geflüchtete Jugendliche unterrichtet werden, gestaltet werden. Durch die Engpässe an Treibstoff und die wirtschaftlichen Herausforderungen, können viele Schülerinnen und Schüler nicht den Schulbus bezahlen. Durch den hybriden Unterricht mit den Tablets und dem Fotokopierern, können alle, ob Geflüchtete oder Libanesen, am Unterricht teilnehmen. Die Näherinnen nähen derzeit bis zu 2000 Schutzmasken, die an die Gemeindebevölkerung und die syrischen Geflüchteten vor Ort kostenfrei zur Verfügung gestellt werden.

Delegationsreisen

Seit der ersten Delegationsreise im August 2017 pflegen die Städte Schwäbisch Gmünd und Schorndorf Kontakte in den Libanon. Bei einer entwicklungspolitischen Konferenz zur kommunalen Zusammenarbeit im Nahen Osten in München, durchgeführt von Engagement Global, im Januar 2018 lernten die Gmünder Teilnehmer der Konferenz die Libanesinnen Mireille Khoury, Gemeinderätin der libanesischen Gemeinde Bkarzala, und die Kämmerin der Gemeinde Collette Nemeh kennen. Die beiden Vertreterinnen Bkarzalas besuchten im Anschluss an die Konferenz die Stadt Schwäbisch Gmünd. Im Jahr 2018 erfolgte der Gegenbesuch der Gmünder und Schorndorfer Delegation in Bkarzala. Im Zuge des Schnellstarterpakets I sollte damals gemeinsam mit Expertem wie bspw. der Gesellschaft im Ostalbkreis für Abfallbewirtschaftung (GOA) in Bkarzala eine Biogasanlage entstehen. Die Einschätzung der Experten ergab, dass es sich nach damaligen Stand für ein zu umfangreiches Projekt handelte. Während des Delegationsbesuchs in Bkarzala besichtigten Oberbürgermeister Richard Arnold und der Oberbürgermeister der Stadt Schorndorf, Matthias Klopfer, die örtliche High School. Die Beteiligten waren sich einig, dass ein Bildungsprojekt priorisiert behandelt werden sollte. Die Planung für ein Schulprojekt waren in vollen Gange, als die Corona-Pandemie im März 2020 aufkam. Die Gemeinde Bkarzala (alternative Schreibweise Bqerzala) liegt in der Region Akkar im Nordlibanon, 2 ½ Stunden von Beirut entfernt an der syrischen Grenze gelegen. Bkarzala ist maronitisch-christlich geprägt und es leben 2000 Einwohner in der Gemeinde, davon 200 syrische Geflüchtete.