Stadtnachricht

Johann-Philipp-Palm-Preis für Meinungs- und Pressefreiheit verliehen


Vertreter der Palm-Stiftung und OB Bernd Hornikel mit den Preisträgern Jaques Vagheni und Alexei Wenediktow, sowie den Laudatoren und Staatssekretär Sigfried Lorek

Vergangenen Sonntag, 4. Dezember, wurde der mit 20.000 Euro dotierte Johann-Philipp-Palm-Preis für Meinungs- und Pressefreiheit in der Barbara-Künkelin-Halle verliehen. Die diesjährigen Preisträger sind der kongolesische Radio- und Fernsehverbund Coracon und Alexei Wenediktow, ehemaliger Chefredakteur des russischen Radiosenders Echo Moskwy.

So verschieden sich die Geschichten der beiden Preisträger auch anhören, verbindet sie doch dasselbe Ziel: Sie wollen beide der Welt die Wahrheit erzählen und ihrer Bevölkerung die Möglichkeit geben sich ihr eigenes Bild machen zu können. Beide wussten anfangs nicht, wofür der Palmpreis vergeben wird. Nach intensiver Recherche war ihnen klar, dass dieser Preis eine Möglichkeit bietet der Welt zu zeigen, was in ihrem Land geschieht.

Laut dem Vorstandsvorsitzenden der Palm Stiftung, Professor Dr. Ulrich Palm, ist dieser Preis wichtiger denn je. „Wir müssen wissen, was Recht und Unrecht ist und zu denen stehen, die aufstehen und ihre Stimme erheben“, so Dr. Ulrich Palm. Auch Siegfried Lorek, Staatssekretär im Ministerium der Justiz und für Migration, der in Vertretung von Schirmherr Ministerpräsident Winfried Kretschmann anwesend war, stimmte Professor Dr. Ulrich Palm zu. Im Jahr 2021 stieg die Zahl inhaftierter Medienschaffender im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 20 Prozent auf ein Rekordhoch an. Vor fast genau einem Jahr saßen weltweit 488 Journalisten und Journalistinnen wegen ihres Berufs in Haft. „Angesichts dieser Tatsachen ist es umso wichtiger, dass Menschen, die sich weltweit und besonders in schwierigen Kontexten für die Meinungs- und Pressefreiheit einsetzen, Anerkennung und Unterstützung erhalten“, so Lorek.

Coracon

Coracon ist ein Verbund aus dem Kongo mit mehr als 40 lokalen TV- und Radiostationen. Stellvertretend nahm Jaques Vagheni, Koordinator des Vebundes den Preis entgegen. Vagheni kommt aus einer Region im Ostkongo, welche von Gewalt und Armut verschiedenster Art geprägt ist.

Dort setzen er und seine Arbeitskollegen tagtäglich ihr Leben aufs Spiel und das aus einem einfachen Grund: Sie sagen die Wahrheit. Coracon kämpft für ein friedliches Zusammenleben, für Menschenrechte und gegen Gewalt. Auch Gesundheitsthemen, wie etwa der Schutz vor Ebola, stehen auf ihrer Agenda.

„Schon lange können wir uns nicht mehr so ausdrücken, wie wir es für richtig halten“, so Jaques Vagheni zu der Situation im Kongo. Täglich wird ihnen die Arbeit durch Aufstände, brennende Autos, Entführungen oder Beschlagnahmung notwendiger Materialien, wie Handy oder Kameras, erschwert.

Diese unschönen Ereignisse bestätigt auch Laudatorin Judith Raupp, ehemalige Politik-Redakteurin der „Süddeutschen Zeitung“, die sich als Journalistenausbilderin seit 2011 im Kongo engagiert. Für sie war es anfangs eine enorme Umstellung den Arbeitsalltag der dortigen Journalisten zu verstehen. „Hier kommt es nicht darauf an, die beste Geschichte parat zu haben, wir müssen jeden Tag aufs Neue hoffen, dass wir den nächsten Tag noch erleben dürfen“, so Raupp zu ihrem Leben im Kongo, welches sie in ihrer Laudatio eindrücklich beschrieb. Und weiter: „Vagheni motiviert alle Mitarbeitenden, hält den Laden zusammen und kümmert sich um alles“, so Raupp weiter.

Alexei Wenediktow

Alexei Wenediktow setzt sich seit mehr als 30 Jahren für den Zugang zu freien und unabhängigen Informationen ein. Er war Chefredakteur des russischen Radiosenders Echo Moskwy, bei dem unter anderem Hillary Clinton und Alexei Nawalny zu Gast waren. Eine Woche nach Kriegsbeginn zwischen Russland und der Ukraine, wurde der Sender von der Regierung geschlossen und Wenediktow als „ausländischer Agent“ diffarmiert. Grund für die Schließung war die intensive und scharfe Analyse, sowie die klaren Aussagen die Wenediktow täglich an die Bevölkerung richtete. Dieser Meinung ist auch Rüdiger von Fritsch, ehemaliger Botschafter in Russland, der die Laudatio für Wenediktow hielt.

„Unabhängigen Journalismus in einem autoritären System, das zur Diktatur wurde, zu betreiben ist unfassbar schwer“, so von Fritsch. „Wichtig war mir, dass ich den Menschen nicht meine Sicht vermittle, sondern sie sich durch meine Recherche ein eigenes Bild der Situation machen können“, sagte Alexei Wenediktow über seine Arbeit. Sein Sender gab der Bevölkerung die Möglichkeit sich über die wichtigsten Themen informieren zu können, weshalb ihm nach Beginn des Krieges auch bewusst war, dass das, das Ende von Echo Moskwy sein wird. Aufgeben ist für ihn keine Option, somit hat sich der Arbeitsalltag von Alexei Wenediktow seither nicht stark verändert. Seinem Beruf geht er immer noch nach, nur jetzt nicht mehr über den Radiosender, sondern über YouTube. Russland zu verlassen steht für ihn momentan, trotz Sanktionen nicht zur Debatte. „Weil wir für die Bevölkerung und für unsere Leute arbeiten, ist es wichtig in Moskau zu bleiben und so deren Vertrauen zu gewinnen“, so Wenediktow.

Eintrag ins Goldene Buch

Nachdem sich die Preisträger im Goldenen Buch der Stadt Schorndorf verewigten, sprach Oberbürgermeister Bernd Hornikel in seinem Grußwort über die unterdrückte Pressefreiheit. „Es ist erschreckend zu sehen, dass laut Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen nur noch zwölf Länder weltweit einen Pressefreiheitsindex von „gut“ haben. Dabei ist eine unabhängige, freie Presse in Krisenzeiten wichtiger denn je“, so Hornikel. Weiter sprach er den Preisträgern den allergrößten Respekt für ihren Mut, ihre Entschlossenheit und ihrer Leidenschaft, trotz aller Widrigkeiten und Repressalien ihre Arbeit zu verrichten aus.

Johann-Philipp-Palm-Preis

Der Johann-Philipp-Palm-Preis für Meinungs- und Pressefreiheit wird seit 2002 alle zwei Jahre vom Kuratorium der Palm Stiftung e.V. in Gedanken an den Schorndorfer Buchhändler Johann Phillip Palm in Schorndorf verliehen. In der Tradition würdigt der Preis Frauen, Männer sowie Institutionen, die in herausragender Weise ein Beispiel für persönlichen oder institutionellen Einsatz ungehinderter Verwirklichung von Meinungs- und Pressefreiheit geben.