Stadtnachricht

„Wir benötigen dringend freien Wohnraum“


OB Bernd Hornikel im Interview.

Es wird eng in den Schorndorfer Unterkünften für Geflüchtete. Derzeit gibt es nur noch wenige freie Plätze, um die Menschen, die aus der Ukraine aber auch aus vielen anderen Teilen der Welt fliehen, in der Stadt unterzubringen.
Die prognostizierten Zahlen für dieses Jahr vom Landkreis Rems-Murr sagen voraus, dass Schorndorf noch deutlich mehr Personen aufnehmen muss, als es aktuell Platz gibt.

Wir haben dazu Oberbürgermeister Bernd Hornikel interviewt:

Herr Hornikel, wie ist die aktuelle Situation in Schorndorf?

Derzeit leben rund 430 Personen in den etwa 50 städtischen Unterkünften. Die aktuelle Aufnahmeverpflichtung für das Jahr 2023 liegt bei 183 Personen, wovon wir bereits jetzt schon knapp die Hälfte aufgenommen haben.
In der Festhalle in Haubersbronn sind derzeit 30 Personen untergebracht, in den weiteren städtischen Anschlussunterbringungen haben wir noch Platz für etwa 25 Personen. Das reicht nicht, um unserer derzeitigen Aufnahmeverpflichtung für dieses Jahr gerecht zu werden.
Der Gemeinderat hat den Bau einer neuen Unterkunft für Geflüchtete im Schornbacher Weg für bis zu 200 Personen beschlossen. Wann können dort die ersten Menschen einziehen?
Die Fertigstellung des neuen Gebäudes war eigentlich für dieses Jahr August/September geplant. Da uns aber leider die Genehmigung des Regierungspräsidiums noch nicht vorliegt, verzögert sich der Bau und wir rechnen nun mit einer Fertigstellung erst im Frühjahr 2024.
Bis dahin sind wir dringend auf freien Wohnraum aus der Bevölkerung angewiesen, sonst bleibt uns als letzte Option nur wieder Hallen zu belegen und das möchte ich unbedingt vermeiden.

Welche Art von Wohnraum sucht die Stadt?

Ich bin mir bewusst, dass der Wohnungsmarkt aktuell ohnehin schon sehr knapp und umkämpft ist. In den eigenen vier Wänden zu leben ist aber ein ganz wichtiger und entscheidender Integrationsfaktor. Deshalb suchen wir Zimmer, Wohnungen sowie Häuser und überprüfen bei jeder gemeldeten Immobilie, ob die Räumlichkeiten sinnvoll belegbar sind.
Bei Privatanmietungen werden selbstverständlich die individuellen Bedarfe und Wünsche der Vermieterinnen und Vermieter berücksichtigt.
Angebote nehmen wir per Telefon unter 602-1112, per E-Mail an ukrainehilfe(at)schorndorf.de oder über das Online-Formular auf www.schorndorf.de/ukraine entgegen.
Unser Integrationsteam nimmt im Anschluss Kontakt mit Ihnen auf und klärt alle wichtigen Punkte.
Für interessierte Eigentümer bieten wir auch Infoabende zu dem Thema an. Erst kürzlich standen Mitarbeiterinnen in der Verwaltungsstelle Haubersbronn für Fragen zur Verfügung. Der nächste Infoabend findet am Dienstag, 27. Juni, um 18.30 Uhr im Rathaus, Marktplatz 1, Großer Sitzungssaal, statt.
Am Dienstag, 25. Juli, um 18.30 Uhr stehen einige Integrationsmitarbeiter dann im Sitzungssaal der Verwaltungsstelle Weiler für Fragen zur Verfügung.

Haben Sie schon konkrete Hallen im Blick, die im Fall der Fälle belegt werden müssten?

Darüber muss am Ende der Gemeinderat entscheiden. Für mich ist aber klar, dass wir im vergangenen Jahr ausschließlich Hallen in den Teilorten belegt haben - da diese besser geeignet waren - und es jetzt nur fair wäre, wenn die Hallen in der Innenstadt an der Reihe wären. Wie gesagt: Für mich sind Hallenbelegungen nur die letzte Option. Mir ist wichtig, dass der Schul- und Vereinssport auch weiterhin wie gewohnt stattfinden kann und auch die Geflüchteten nicht in solch beengten Verhältnissen leben müssen.

Vergangene Woche fand ein weiterer Flüchtlingsgipfel zwischen Bund und Ländern statt. Bedeuten die dort gefassten Beschlüsse eine Entlastung für die Kommunen und konkret für Schorndorf?

Der Bund hat uns Kommunen eine Milliarde Euro zusätzlich zugesagt. Aus meiner Sicht, stellt das Ergebnis einen Minimalkompromiss dar. Die Städte und Kommunen brauchen dauerhafte, strukturierte Unterstützung bei der Erledigung ihrer Aufgaben. Eine Vertagung auf den Herbst ist frustrierend.

Was sind Ihre konkreten Forderungen?

Die OB-Kollegin und -Kollegen aus dem Remstal und ich haben schon im September 2022 in einem Brandbrief an die Bundes- und Landtagsabgeordneten aus dem Kreis formuliert, dass wir an unsere Kapazitäts- und Belastungsgrenze kommen. Selbst unter Ausnutzung aller Ressourcen und Kraftanstrengungen ist eine anhaltende Bewältigung von Zugangszahlen in dieser Höhe in der Zukunft nicht mehr leistbar.
Die Bitte an das Land war, die Lage zu analysieren, das Leistbare realistisch zu bewerten und neue Festlegungen zu finden. Hierzu gehört, dass das Land gegenüber dem Bund die Grenzen der Aufnahmefähigkeit unseres Bundeslandes deutlich macht. Dies gilt besonders für die verdichteten Ballungsgebiete in der Region Stuttgart.
Ich habe das Gefühl, dass unsere Forderungen zumindest auf Landesebene angekommen sind und Gehör finden aber wir erwarten jetzt vom Bund, dass er seiner Verantwortung gerecht wird, klare Regelungen schafft und die Kosten für die Flüchtlingsunterbringung übernimmt.