Auftakt für den Anbau der neuen Stadtbibliothek
Mit großen Baggerschaufeln statt kleiner Ausgrabungswerkzeuge wird seit wenigen Tagen das Gelände auf dem Spitalhof bearbeitet. Dort, wo der Anbau der neuen Stadtbibliothek entsteht, wurde Erde ausgehoben und eine Schotterbasis eingebracht, um die Bodenplatte gießen zu können. Im Vorfeld der momentanen Arbeiten war der Untergrund auf historische Elemente untersucht worden. Von Mitte Juli an hatte die Grabungsfirma ArchaeoBW rund zwei Monate lang den Dokumentationswert von Bodendenkmalen gesichert.
Der Anbau für die neue Stadtbibliothek entsteht an der Südseite der ehemaligen Maierei des Schorndorfer Spitals. An dieser Stelle stand bis 1960 die große Spitalscheuer, die 1658/1659 nach der großen Zerstörung Schorndorfs von 1634 erbaut worden war. Der Spital war an dieser Stelle schon Anfang des 15. Jahrhunderts gegründet worden. Die Stadt Schorndorf mit ihrer unmittelbar südlich anschließenden Stadtbefestigung bestand hier schon seit mindestens Mitte des 13. Jahrhunderts. Deshalb waren im Boden Relikte des spätmittelalterlichen Spitals oder auch seiner Vorgängerbebauung zu erwarten.
Schon bei Sondierungsgrabungen zeigten sich Befunde dicht unter dem Unterbau des modernen Parkplatzbelags. Es konnte die südliche und östliche Außenmauer der Spitalscheuer ergraben werden. Unmittelbare Vorgängerbauten dieser Scheune scheinen dagegen nicht mehr vorhanden zu sein. Allerdings fanden die Experten zahlreiche Erdbefunde, die teilweise bis 1,50 Meter unter die Geländeoberkante reichen. Es handelt sich nach bisherigen Erkenntnissen um weitaus ältere Strukturen als die Spitalscheuer, die teilweise auch von deren Mauern überlagert werden. Zu erkennen sind zahlreiche Pfostengruben, die auf eine Bebauung mit Pfostenbauten schließen lassen. Was zunächst für ein sogenanntes Grubenhaus, also eine kleine rechteckige, halb in den Boden eingetiefte Hütte gehalten wurde, könnte auch ein Erdkeller gewesen sein.
Eindeutig zu interpretieren sind die gefundenen Scherben. Keramik überdauert im Boden lange Zeiträume. Ihr Alter kann anhand charakteristischer Eigenschaften bestimmt werden. In diesem Fall können die Befunde aufgrund der gefundenen Keramikscherben ins 11./12. und 13./14. Jahrhundert datiert werden. Sie stammen also teilweise aus der Zeit vor der Stadtgründung von Schorndorf. „Somit haben wir hier eine in Schorndorf bislang sehr selten angetroffene Phase der Besiedlung erfasst,“ erläutert die Archäologin Dorothee Brenner vom Landesamt für Denkmalpflege. Das gilt als Glücksfall, denn aus dieser Zeit liegen keine schriftlichen Quellen vor. Zu den Aufgaben des Landesamts für Denkmalpflege gehört es auch, die jahrhundertealten Funde nun zu katalogisieren und diese anschließend fachgerecht einzulagern.