Haushaltsrede 2023 von Oberbürgermeister Bernd Hornikel

Es gilt das gesprochene Wort.

Trotz Krise die Zukunft gestalten

Wie wir die Leistungsfähigkeit der Stadtverwaltung erhalten und uns dennoch zukunftsfähig aufstellen

Sehr geehrter Herr Erster Bürgermeister Englert,
sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte,
liebe Schorndorferinnen und Schorndorfer,

lassen Sie mich ehrlich sein: So hatte ich mir mein erstes halbes Jahr als Oberbürgermeister und meine erste Haushaltsrede nicht vorgestellt. Geplant hatte ich, Ihnen meine Ideen und Projekte für nächstes Jahr vorzustellen. Ich wollte in der Stadt gestalten: ein umfassendes Stadtentwicklungskonzept sollte auf den Weg gebracht werden, in dem wir die Themen Verkehr und Mobilität, Klimaschutz, Umwelt- und Naturschutz, Arbeiten und Wohnen, Pflege und vieles mehr planvoll und vorausschauend denken können. Auch kleinere Schritte in diese Richtung wollte ich schnell angehen. Sie wissen was kommt: so sollte aus meiner Sicht der Untere Marktplatz schnell autofrei werden und eine qualitativ hochwertige Aufenthaltsqualität bekommen. Auch Maßnahmen für die Verwaltung, für das Rathaus hielt ich für notwendig, so z.B. die Schaffung eines Justitiariats für die Stadt, um juristisches „know how“ intern aufzubauen. Lebendige Innenstadt und Tourismus sind weitere Stichworte und Bereiche, die zu gestalten wären. Und das sind nur wenige Beispiele.

Pläne, Ideen und Ziele werden aber derzeit von der aktuellen Krisenlage überrollt Und ja, ich gebe es zu, das ist zunächst einmal sehr frustrierend.

Aber sie fordern mich und uns auch heraus!

Große Aufgaben, ja Probleme stehen zur Lösung an. Diese scheinen sich vor einem aufzutürmen und lassen uns manchmal sogar ratlos zurück. Gefühlt beschäftige ich mich 12 Stunden am Tag mit der Flüchtlingskrise, die anderen 12 Stunden mit der Energiekrise und den jeweils damit verbundenen Kosten.

Ich verstehe die Bürgerinnen und Bürger, die Angst haben. Die sich Sorgen machen. Die wütend sind. Sie haben jedes Recht dazu. Auch mir geht es zwischendurch so. Aber wir dürfen nicht in diesen Gefühlen verharren. Es ist unsere Aufgabe, die Stadt durch diese Krisen zu manövrieren.

Die multiplen Probleme der Zeit bekommen wir nur als Gesamtgesellschaft gelöst. Persönliche Einzelinteressen müssen jetzt zurückstehen. Ich appelliere an Sie alle, sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte, dass wir zusammenzuhalten und mit einer starken Stimme gemeinsam Entscheidungen zum Wohle aller treffen.

Diese Entscheidungen werden angesichts unserer finanziellen Lage hart sein. Erster Bürgermeister Englert wird in seiner Haushaltsrede detaillierter auf die Zahlen eingehen. Die Entscheidungen, die wir treffen müssen, werden vor allem Freiwilligkeitsleistungen betreffen, die rund 16 Millionen Euro pro Jahr ausmachen. Sie werden Kürzungen und Streichungen bedeuten. Wir werden Standards senken müssen. Wir werden Menschen enttäuschen.

Ich bitte Sie, dass wir diese harten Entscheidungen gemeinsam nach außen vertreten. Glauben Sie mir, diese fallen uns ganz sicher nicht leicht. Wir treffen sie, weil uns die finanzielle Situation in der aktuellen multiplen Krisenlage schlicht keine andere Wahl lässt.

Dabei müssen wir aber auch aufpassen, dass wir die unterschiedlichen Interessen und Belange der Bürgerinnen und Bürger nicht gegeneinander ausspielen und nicht zu einem sozialen Unfrieden beitragen. Wir dürfen niemanden vergessen!

Die letzten zweieinhalb Jahre haben wir auf die Zeit nach Corona gehofft. Immer mehr wird zur Gewissheit, dass wir nur in eine Zeit mit Corona kommen. Die Belastungen der Pandemiejahre wiegen bei vielen nach wie vor schwer. Gesundheitlich, wirtschaftlich und oft auch seelisch.

Flüchtlingskrise

Hinzukommt der Krieg in der Ukraine, in Europa, gar nicht weit weg. Viel zu nah. Die Auswirkungen des Krieges spüren wir unmittelbar. Die Energiekosten sind explodiert und belasten Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen, aber eben auch uns als Stadt. Die horrenden Mehrkosten für Strom und Heizung müssen wir auffangen und stemmen.

Hier kann ich nur an alle Bürgerinnen und Bürger appellieren Vorsorge zu treffen und Energie zu sparen so viel es geht!

Mit großer Besorgnis schaue ich in das nächste Jahr, wenn die erhöhten Energiekosten in den Nebenkostenvoraus- und dann vor allem auch in den Nachzahlungen angekommen sind. Für viele wird es eng werden; viele werden sich das schlicht nicht mehr leisten können. Hier werden Lebensplanungen, ja Lebensträume platzen. Hinzu kommt eine seit langem nicht mehr gekannte Inflation und ein deutlicher Anstieg der Zinsen. Die Lebenshaltung, meine Damen und Herren, ist so teuer wie lange nicht mehr. Für manche zu teuer, nicht mehr leistbar. Positiv kann man vielleicht formulieren, dass wir die Flüchtlingskrise bislang geräuschlos gemeistert haben. Wir haben in Deutschland, in Baden-Württemberg und auch in Schorndorf bereits jetzt deutlich mehr Geflüchtete aufgenommen als in den Jahren ab 2015. Das zeigt schon eine enorme Leistungsfähigkeit auch der Stadt Schorndorf und der Stadtgesellschaft. Wir dürfen aber auch nicht vergessen, dass in diesem Bereich viele Aufgaben von Ehrenamtlichen übernommen wurden! Hierfür bin ich sehr dankbar.

Schorndorf hat in der Vergangenheit geholfen, geflüchteten Menschen aus aller Welt eine Unterbringung zu geben, in vielen Fällen sogar eine neue Heimat. Viele Menschen fliehen vor dem Krieg in der Ukraine; viele aber auch vor anderen Konflikten auf der Welt oder vor Natur- und Hungerkatastrophen aus Afrika und Asien. Diese dürfen wir ebenfalls nicht vergessen. Schorndorf wird auch in Zukunft alles daran setzen zu helfen und steht ohne Wenn und Aber zu seinen humanitären Pflichten im Bereich der Anschlussunterbringung von geflüchteten Menschen.

Allerdings stehen wir – und so offen muss ich das ansprechen - vor einer tatsächlichen Grenze der Leistungsfähigkeit. Im Frühjahr/Sommer war die Brühlhalle in Schornbach eine Notunterkunft für geflüchtete Menschen. Die Belegung der Halle konnten wir zum neuen Schuljahr hin zwar auflösen und die Halle wieder für den Schul- und Vereinssport herrichten. Aber ganz aktuell mussten wir die Tannbachhalle in Miedelsbach und die Festhalle in Haubersbronn als Notunterkunft einrichten. Damit verbunden sind viele Einschränkungen im gesellschaftlichen Leben in den beiden Ortschaften.

Wenn wir weitere Hallen in der Stadt und in den Ortschaften mit Geflüchteten belegen müssen, wird der Vereins- und der Schulsport zum Erliegen kommen. Die Krise wird voll in unserer Gesellschaft ankommen. Leidtragende werden vor allem diejenigen sein, die bereits in der Pandemie so sehr gelitten haben: Kinder und Jugendliche!

Die Errichtung von Containerstandorten als Alternative ist teuer. Wenn wir ehrlich sind, können wir uns diese gerade jetzt finanziell nicht leisten. Aber haben wir denn eine Alternative? Auch die Einrichtung der Hallen und deren Betrieb kostet viel Geld. Diese wichtige Entscheidung steht heute noch auf unserer Tagesordnung. Gemeinsam haben wir haben uns in einer Klausur sehr gut vorbereitet. Ich bin sicher, wir werden zusammen einen guten und richtigen Beschluss fassen.

Von Land und Bund bekommen wir bislang keine Perspektive, wie es in Zukunft weiter geht. Niemand kann sagen, wie lange die Krise andauern wird oder wie sich die Flüchtlingszahlen mittelfristig entwickeln werden. Wir müssen deshalb von einem Worst case-Szenario ausgehen. Wir können nicht einmal sagen, ob und welche finanzielle Unterstützung wir und die anderen Städte, Gemeinden und Kreise, die vor den gleichen Problemen stehen wie wir, erhalten werden. Vor diesem Hintergrund haben wir, die Oberbürgermeisterin und die Oberbürgermeister der Großen Kreisstädte im Rems-Murr-Kreis, einen offenen Brief an die Landes- und Bundespolitik verfasst, um auf die für uns so prekäre Lage hinzuweisen und um Unterstützung gebeten. Der Brief hat große Aufmerksamkeit erregt und ein beachtliches mediales Echo erzeugt. Das Problem ist in der Landespolitik und wohl auch im Bund angekommen. Ob oder bis wann wir allerdings mit konkreten Hilfen und Maßnahmen rechnen können, vermag ich nicht zu sagen.

Auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung kommen mehr und mehr an ihre Grenzen oder sind bereits darüber hinaus. Egal ob im Ausländerwesen oder im Integrationsmanagement, die Belastung ist aktuell außergewöhnlich hoch. Die Überlastung wird verstärkt durch Personalmangel und viele Personalwechsel. In der Ausländerbehörde gibt es derzeit beispielsweise nur eine Sachbearbeiterin mit Berufserfahrung. All das kommt hinzu zu einem immer spürbarer werdenden Mangel an Fachkräften und Fachpersonal. Hierzu komme ich gleich noch ausführlicher.

Ich habe es bereits zu Beginn gesagt: unsere politische Handlungsfähigkeit im nächsten Jahr ist auf ein Minimum zusammengeschrumpft. Zukunftsthemen sind aktuell vor diesem Hintergrund nur schwer zu bearbeiten. Sie gehen sogar manchmal in der Wahrnehmung angesichts der vielen unterschiedlichen Krisen unter.

Aber gerade deshalb dürfen wir jetzt keine Schritte zurückgehen – Stichwort: neue Bücherei – und auch nicht in eine Schockstarre verfallen. Wir müssen an die Zeit nach den Krisen denken und entsprechend handeln.

Nichts mehr tun, meine Damen und Herren, ist gewiss keine Lösung!

Wir müssen Weichen für die Zukunft stellen. Das bedeutet für mich, dass wir zwingend Priorität auf die Themen und Handlungsfelder richten müssen, die in Zukunft entscheidend sein werden bzw. die Zukunft an sich bereiten.

Aus meiner Sicht sind das vor allem und in erster Linie die Themen Klimaschutz, Bildung und Personal!

Klimaschutz

Klimaschutz – ein Begriff, der seit einigen Jahren in aller Munde ist und von dem jeder weiß, was er bedeutet. Was jedoch stark schwankt, ist der persönliche Stellenwert dieses Themas. Für mich hat er einen sehr hohen. Sehr froh bin ich, dass die Mehrheit der Stadtgesellschaft ebenso denkt und wir uns mit dem Gemeindesratsbeschluss im März 2021 das Ziel gesetzt haben, bis 2035 klimaneutral zu werden.

Ja, es ist ein sehr hoch gestecktes Ziel. Und ja, es ist mit sehr viel Arbeit, zeitlichen, personellen und finanziellen Ressourcen verbunden. Dennoch überwiegt der Mehrwehrt deutlich. Es ist ein Invest in die Zukunft unserer Stadt und in die Zukunft unserer Nachkommen. Es darf einfach nicht sein, dass wir heute über unsere Verhältnisse leben und Ressourcen in einem derartigen Maße verbrauchen, dass die Freiheiten der zukünftigen Generationen eingeschränkt werden. Denn das, meine Damen und Herren, ist egoistisch. Auch zukünftige Generationen sollen frei über ihre Lebensweise entscheiden können, genauso wie wir es heute tun. Klimaschutz geht uns alle etwas an! Es ist an uns, die Lebensgrundlage für die nächsten Generationen zu erhalten. Meine Söhne sind 10 und 16. Ich werde mir von den beiden nicht vorwerfen lassen, ich hätte mich nicht genügend eingesetzt.

Ein bekanntes Sprichwort lautet: „Auch Kleinvieh macht Mist.“ Es ist die Summe aller noch so kleinen Maßnahmen auf lokaler und kommunaler Ebene, die für eine Veränderung ausschlaggebend ist. Wir alle können und werden etwas bewirken.

Ein ganz konkretes Beispiel: 38 Prozent, also mehr als ein Drittel, aller Treibhausgase in Schorndorf entstehen in Privathaushalten. Auch hinsichtlich der verkehrsbedingten Treibhausemissionen in Schorndorf können sich viele unter uns an die eigene Nase fassen. Diese betragen stolze 26 Prozent. Zum Vergleich: Das ist fast genauso viel wie die Emissionen unseres städtischen Gewerbes mit etwa 27 Prozent. Der Verkehr und unser Nutzungsverhalten in den eigenen vier Wänden sind somit zwei große Stellschrauben, an denen wir alle zusammen drehen können.

Gleichzeitig haben wir aber auch erkannt: Der in Schorndorf dringend benötigte Anteil an Erneuerbaren Energien ist sowohl bei der Nutzung von Wärmeenergie als auch beim Strom verschwindend gering. Nämlich gerade mal 14 Prozent bei der Wärme und 7 Prozent beim Strom. Spätestens seitdem die Preise für fossile Energieträger wie Öl und Gas durch die Decke gehen, ist uns allen klar: Es besteht höchster Handlungsbedarf.

Wie gut, dass Schorndorf bereits im Oktober 2021 mit der Wärmeleitplanung begonnen hat. Wir haben die Potenziale für die Nutzung Erneuerbarer Energien zur Wärmeerzeugung in unseren Stadtteilen, Quartieren und Gebäuden untersucht. Bei über 10.000 Gebäuden gibt es hier definitiv Potenzial.

Unsere Stadtwerke werden aufbauend auf den Ergebnissen der Wärmeleitplanung ein Wärmenetz in der Kernstadt ausbauen. So haben möglichst viele Schorndorfer Haushalte künftig die Möglichkeit, saubere Energie zu beziehen und das ohne eigene teure Investitionen!

Aber auch bei der Stromerzeugung zeigt sich, dass wir zukunftsorientierte Geschäftsfelder der Stadtwerke mit der Arbeit der Verwaltung im Klimaschutz sehr gut verzahnen können. So haben wir die Potenziale für Photovoltaik auf Freiflächen und auf Dachflächen städtischer Liegenschaften untersuchen lassen. Diese Grundlage können die Stadtwerke nutzen, um als Betreiber von PV-Anlagen zu agieren und sich wirtschaftlich stark aufzustellen.

Auch die Möglichkeit Windräder zu errichten, müssen wir – auch angesichts der Energiekrise – neu überdenken!

Denn nur so, meine Damen und Herren, nämlich mit der Verzahnung der strategischen Planung und der Umsetzung und Vermarktung nachhaltiger Produkte, gelingt es, eine Stadt zukunftsfähig aufzustellen.

Das passiert natürlich nicht von heute auf morgen. Es bedarf einer tiefgreifenden Veränderung in der Art und Weise, wie wir Energie erzeugen und nutzen, wie wir unsere Mobilität organisieren und auch wie wir Güter produzieren und konsumieren.

Die gute Nachricht: In Schorndorf haben wir das erkannt. Und wir gehen es an. Nur so ermöglichen wir es, dass wir als Stadt überlebensfähig bleiben, dass wir resilient werden gegen multiple Krisen und somit die Lebensgrundlage für uns und für zukünftige Generationen wahren.

Das Schorndorf der Zukunft fokussiert eine Stadtentwicklung des kompakten Bauens. Wir nutzen die Potenziale der Nachverdichtung, bereiten Brachflächen und Baulücken auf und reaktivieren Wohnraum. Quartiere, die wir neu ausweisen, sollen Musterquartiere des ökologischen Bauens werden.

Mein Schorndorf der Zukunft erweckt den viel zitierten Satz „Stadt der kurzen Wege“ zum Leben: Vielfältige Versorgungseinrichtungen des täglichen Bedarfs, aber auch kulturelle Einrichtungen und gesellschaftliche Treffpunkte direkt vor Ort. Gleichzeitig könnte die Anbindung der Teilorte an die Kernstadt etwa durch die Etablierung eines Bürgerbusses erheblich verbessert werden. Hier können wir auf eine besondere Stärke der Schorndorfer Gesellschaft aufbauen: das herausragende bürgerschaftliche Engagement.

Bildung

Wenn wir über die Zukunft sprechen, dann geht es dabei automatisch auch immer um Bildung. Darum, die Bildung zukunftsfähig zu machen. Deutschland hat keine Ressourcen, keine Bodenschätze. Bei uns sind es die Köpfe, die uns auf dem Weltmarkt halten.

Kitas

Neben den Eltern und der Familie ist die Kita meist der erste und wichtigste externe Bildungs- und Erziehungspartner. Schorndorf bietet eine bunte Kita-Landschaft mit verschiedenen Bildungsschwerpunkten. In den vergangenen Jahren haben wir sehr viel Geld investiert. Das Kinderhaus Purzelbaum, die Kita Volltreffer in Haubersbronn und die Kita Stöhrerweg gehören zu unseren absoluten Vorzeigeprojekten mit viel Raum für Entwicklung- und Bewegungsmöglichkeiten.

Und wir investieren weiter: in den kommenden Jahren entsteht die 6-gruppige Kita Uhlandstraße und die 2-gruppige Kita Hegelstraße. Außerdem ist ein Anbau an die Kita Ellenberg geplant.

Das derzeitige Kita-Angebot zu erhalten, ist für uns ein wichtiger Standortfaktor. Als Kommune wollen wir diesen Auftrag auch weiterhin für alle Familien erfüllen, jedoch in einem klaren Rahmen. Dieser Rahmen kann sich allerdings nicht mehr stets an dem maximalen Möglichen orientieren. Der Fachkräftemangel und die aktuelle Haushaltslage begrenzen uns hier. Herr Erster Bürgermeister Englert wird hierzu in seiner Rede näher ausführen.

Schulen

Nach Home Schooling und Testpflicht kehrt dieses Jahr in den Schulen wieder mehr Normalität in den Schulalltag ein. Das Landesprogramm „Aufholen nach Corona“ hat uns eine wichtige Investition ermöglicht: Denn Stand heute dürfen sich alle Schorndorfer Schulstandorte über die tatkräftige Unterstützung durch unsere städtisch organisierte Schulsozialarbeit freuen. Einen weiteren Ausbau unserer Jugendarbeit konnten wir dank dieser Fördertöpfe auch mit der daraus geschaffenen Stelle der mobilen Kindersozialarbeit erzielen.

Auch wurden in diesem Jahr zwei große Bauprojekte fertiggestellt: Der Neubau der dreizügigen Rainbrunnenschule für rund 15 Millionen Euro – offizielle Einweihung ist morgen, Freitag, 28. Oktober, dazu nochmals meine herzliche Einladung. Und vor Kurzem der neue Schulpavillon für die Fuchshofschule inklusive Mensa, Musiksaal, zwei Klassenzimmern und viel Raum für Ganztagesbetreuung für 3,5 Millionen Euro.

In puncto Ausbau der Ganztagesbetreuung ist die Stadt ordentlich in Vorleistung gegangen und hat die drei Pilotschulen Fuchshof-, Rainbrunnen- und Sommerrainschule mit einer Ganztagesbetreuung auf den Weg gebracht. Und in Kürze wird der dringend benötigte Anbau der Sommerrainschule gestartet.

Die Schulen und Bildungseinrichtungen stehen nach Corona vor der nächsten Herausforderung, denn die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die aus der Ukraine, aber auch weiterhin aus anderen Ländern zu uns kommen, wird zunehmen. In den Schulen werden unter größter Mühe Kinder und Jugendliche in Vorbereitungs- und Regelklassen integriert und willkommen geheißen. Für diese Leistung und Einsatzbereitschaft aller am Schulalltag Beteiligten bin ich Ihnen zutiefst dankbar.

Bildung bedeutet für mich auch Einrichtungen wie die Forscherfabrik und das Stadtmuseum zu erhalten und weiterzuentwickeln.

Die Forscherfabrik richtet sich zunächst einmal an die jüngeren Kinder, an die Kleinen. Sie werden in einem modernen Parkour an technische und naturwissenschaftliche Phänomene herangeführt und können selbst forschen. Die Forscherfabrik ist eine Einrichtung mit großer Strahlkraft weit über die Stadtgrenzen Schorndorfs hinaus. Sie wird breit unterstützt von der Experimenta und dem Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg und gefördert von der Wolfgang Kelch Stiftung. Für mich ist sie ein wichtiger Baustein, den Fachkräftemangel anzugehen, indem bereits die Kleinen mit einem tollen Erlebnis angesprochen werden und Interesse an MINT-Themen geweckt wird.

Zugegeben, unser Stadtmuseum ist in die Jahre gekommen und die Ausstellung in einigen Bereichen nicht auf Höhe der Zeit. Aber wir haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die daran arbeiten, ein Zukunftskonzept für ein modernes Stadtmuseum zu erstellen. Ich halte es für unerlässlich, die Geschichte unserer Stadt zu bewahren, zu erforschen und den Bürgerinnen und Bürgern zu präsentieren. Eine Schließung des Stadtmuseums ist für mich keine denkbare Option. Die dringend notwendige Sanierung des Museumsgebäudes kann meiner Meinung nach auch die Chance beinhalten, das Museum neu für die Zukunft aufzustellen.

Personal

Das Thema Leistungsfähigkeit bringt mich zu meinem letzten Punkt: Zu uns, der Stadtverwaltung. Viel zu selten blicken wir auf uns selbst und auf das, was wir Jahr für Jahr und Krise für Krise an Mehraufgaben zu bewältigen haben.

Rund 5 Millionen Menschen in Deutschland sind im öffentlichen Dienst beschäftigt. Derzeit fehlen hier bereits um die 360.000 Fachkräfte. Bis 2030 könnte diese Zahl auf eine Million anwachsen. Dies würde bedeuten, dass jeder fünfte Arbeitsplatz nicht mehr besetzt werden kann. Der massive Fachkräftemangel lässt schon die Frage aufkommen: wie kann der öffentliche Dienst seine Kernaufgaben in Zukunft noch erfüllen?

Seit Jahren hat die Stadt Schorndorf mit ihren rund 700 Mitarbeitenden eine dünne Personaldecke und in den letzten Jahren hat die Aufgabenfülle, die Komplexität der Aufgaben und das Krisenmanagement stetig zugenommen. Wir brauchen aber mehr Personal in den Bereichen, die seit Jahren ohnehin dünn besetzt sind und mit einem kleinen Team immer mehr Aufgaben bewältigen müssen. Wir kommen deshalb gar nicht drum herum, die Teams vom Bürgerbüro, vom Ausländerwesen, der Integrationsmanager, des Brand- und Katstrophenschutzes und vom Fachbereich Infrastruktur personell aufzustocken.

Denn, meine Damen und Herren, liebe Stadträtinnen und Stadträte, wir als größter Arbeitgeber in Schorndorf haben unseren Mitarbeitenden gegenüber eine Fürsorgepflicht. Ich möchte künftig nicht mehr regelmäßig aus der Personalabteilung gemeldet bekommen, dass der oder die Mitarbeitende für die nächsten Wochen oder sogar Monate wegen psychischer Erkrankung ausfällt.

Wir müssen als Arbeitgeber weiter attraktiv bleiben und wir können unsere hohen Ansprüche nur halten, wenn wir eine Kultur leben, die diese Anspruchshaltung erst ermöglicht. Also: faire Personalausstattung, Weiterbildungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten und Zeit für Führungsaufgaben.

Schorndorf braucht eine leistungsfähige Verwaltung, deshalb dürfen wir uns auch im Rathaus nicht zu Tode sparen. Wir sehen in der Krise, dass es ohne schlagkräftige Verwaltung nicht geht.

Um es mit Winston Churchill zu sagen: „Lass niemals eine Krise ungenutzt verstreichen“. In diesem Sinne bitte ich um Ihre Unterstützung. Packen wir es an!

Ganz herzlichen Dank an Herrn Ersten Bürgermeister Englert und sein Team für die Aufstellung des Haushaltes 2023!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!