Haushaltsrede von Gerhard Nickel, FDP/FW

Sparen können wir uns nicht leisten

Da ich heute das Vergnügen habe, als letzter Redner zu Ihnen zu sprechen, möchte ich mich relativ kurz fassen. Hinzu kommt, dass ich wegen des gestrigen Urteils des Bundesverfassungsgerichts und der von mir erwarteten Auswirkungen auf den städtischen Haushalt meine Rede völlig verändert habe.

Ursprünglich wollte ich von den „Hackney Diamonds“ von den Rolling Stones direkt zum städtischen Haushalt überleiten. Den Zusammenhang möchte ich gerne erläutern: „Hackney Diamonds“ werden die Scherben genannt, die am frühen Morgen in Londoner Slums die Straßen bedecken. Ich halte es für unsere vornehmste Aufgabe, solche Zustände in unserer schönen Stadt Schorndorf zu vermeiden, indem wir den sozialen Zusammenhalt – den „Kitt“ – bewahren.

Dies wird uns allerdings weder vom Bund noch vom Land leicht gemacht. Ich berufe mich hier auf den Präsidenten des Gemeindetags Baden-Württemberg Steffen Jäger, der beim Festakt 50 Jahre Gemeindetag die kommunalen Aufgaben einem Realitätscheck unterzogen hat und zu dem Ergebnis kam, dass die Kommunen zur Erfüllung ihrer Aufgaben keine Hilfe von Bund oder Land erwarten dürfen: weder bei der Digitalisierung noch beim Ausbau der Kindertagesstätten, der Mobilität, dem Breitbandausbau oder der Unterbringung Geflüchteter dürfen wir uns Hoffnungen auf ausreichende Unterstützung machen.

Dies gilt erst recht nach dieser gestrigen Entscheidung. Wir werden uns um uns selbst kümmern müssen. Dabei dürfen wir den „Kitt“, der unsere Gesellschaft zusammenhält, nicht kaputt machen. Sonst fällt das Fensterglas aus dem Rahmen und gibt „Hackney Diamonds“. Dies können wir uns nicht leisten.

Ich appelliere daher an den Gemeinderat, die Anstrengungen im Bereich der Förderung der Jugend, der Kinderbetreuung, der Schulen, der Vereinsförderung und der kulturellen Einrichtungen nicht aufzugeben und dafür zu sorgen, dass unser sozialer Zusammenhalt erhalten bleibt.

Jeder dort investierte Cent ist bestens angelegt und bringt gute Rendite. Daher dürfen wir hier nicht sparen.

Um uns diese Ausgaben trotz allem leisten zu können, werden wir insbesondere beantragen, im „Ziegelfeld“ die Entwicklung eines klimaneutralen und zukunftsweisenden Gewerbegebietes in Angriff zu nehmen. Nur durch Gewerbesteuereinnahmen werden wir unsere Standards halten können. Da sich Steuererhöhungen von vornherein verbieten, müssen wir – bei allen zu erwartenden Konsequenzen – gerade zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit unseres Gemeinwesens für angemessene Erträge sorgen. Der Zielkonflikt mit der Bekämpfung des Klimawandels ist uns durchaus bewusst: In der Abwägung halten wir aber ein klimaneutrales Gewerbegebiet für unabdingbar, genauso wie begleitende Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung im Fuchshof.

Weitere Haushaltsanträge betreffen die Einrichtung eines Mobility Hubs im Bereich der Heinkelstraße, wobei wir insoweit an frühere Haushaltsanträge unserer Fraktion erinnern. Schließlich möchten wir am Gottlob-Kamm-Platz einen unseres Ehrenbürgers würdigeren Rahmen schaffen und beantragen eine Entsiegelung der Parkplatzfläche.

Zu guter Letzt sei mir eine persönliche Anmerkung gestattet: Ich bin gespannt wie der Spagat zwischen dem Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts und dessen gestriger Entscheidung wegen der Finanzierung gelingen wird. Ich befürchte, dass die Kommunen letztlich die Gekniffenen sein werden. Deshalb das Motto: Sparen können wir uns nicht leisten.