Stadtnachricht

Menschen in Schorndorf: Franz Hammer und die Musik


Dürfen wir vorstellen: Das sind sie, die Menschen in Schorndorf. Manche sehr bekannt, manche gar nicht. Alte und Junge, Männer und Frauen, Hiesige und Reigschmeckte. Sabine Reichle und Renate Seibold-Völker stellen sie Ihnen vor.  Lassen Sie sich überraschen. Treffen Sie hier alte Bekannte und lernen Sie neue Gesichter kennen.

Manchmal muss man einen Mann nur anschauen, dann weiß man ungefähr, für was sein Herz klopft. Franz Hammer könnte ein Lehrer mit Leidenschaft sein, oder ein engagierter Pfarrer. So wie er vor einem sitzt oder steht und jedes Wort unterstreicht mit Armen und Händen und dabei sich stets gerade hält.

Weder Lehrer noch Pfarrer - Franz Hammer war im Hauptberuf auf dem Schorndorfer Rechts-und Ordnungsamt als Sachgebietsleiter im Ressort Einwohner-Melde und Passwesen tätig und in seiner Freizeit als Musiker und später vor allem als Dirigent der legendären Combo "Original Fidelen Egerländer" unterwegs.

Franz Hammer ist dieser Tage 75 Jahre alt geworden und zeigt selbst im Sitzen die Autorität eines Menschen, der ein Orchester leiten kann. Immer sind seine Arme und Hände in Bewegung, als wolle er die Worte wie einst die Musiker zum richtigen Einsatzort dirigieren. Und er sprüht noch immer die Begeisterung aus, die einer haben muss, will er andere mitreißen.

Franz Hammer sitzt in seinem Wohnzimmer in der Hofstraße unter einem Bild von Alfred Seidel. Man hat sich gekannt Fremde waren zunächst beide mal in Schorndorf. Franz Hammer kommt aus dem Bäderdreieck bei Karlsbad. Dem Egerländer Land. 1946 musste er mit seiner Familie weg aus der alten Heimat. Eine Nachbarin hat ihm das Kostbarste was er damals hatte zugeworfen, als Franz schon im Zug in den Westen saß: seine kleine, grüne Ziehharmonika, die er im letzten Kriegsjahr von den Eltern geschenkt bekommen hat. Mit ihr hat er die Musik ins fremde Schorndorf mitgenommen.

Die Erinnerung an diese erste Zeit im Remstal ist gut. Oder beeinflusst von einer weiteren Eigenschaft, die man bei Franz Hammer spüren kann: Er ist ein eher bescheidener, auch nachdenklicher Mann. Die großen Gesten, sich ins Rampenlicht setzen oder gar zu wichtig nehmen sind sein Ding eher nicht.

In Schorndorf angekommen hat er schnell Kontakt bekommen zur örtlichen Musikszene: Stunden im Peissnerschen Akkordeonorchester und bei Theo Joos. Und später zogen er und seine Tanzcombo "Exquisit" durch sämtliche Sporthallen und Tanzräume Schorndorfs. Sein altes Album ist voll mit Zeitungsanzeigen und Fotos dieser Tage: kein ASV-Fest, kein Kappenabend beim VfL ohne Franz Hammer und "Exquisit".

Franz Hammer ist ein Musikmensch. Die Tanzmusik war das eine, lange Jahre bestimmende, nebenher hat er aber auch musikalische Ausflüge in den Jazz gemacht, mit dem Saxofonisten Joe Schwarz und den Mürdter-Brüdern gespielt.

Die Ballnacht 1964 auf dem Killesberg gab den Startschuss für das Egerländer-Abenteuer. Der Hauptakt wurde von Ernst Mosch und seinen Egerländer Musikanten bestritten. Franz Hammer spielte mit seiner Truppe in einem anderen Saal. Das Publikum war begeistert und auch der große Mosch wurde aufmerksam auf die Musikantentruppe aus Schorndorf. Aus "Exquisit" wurden langsam die "Original Fidelen Egerländer" und sie hatten ihr Publikum. Franz Hammer übernahm den Dirigentenstab und führte seine Band zu beachtlichem Ruhm. Man spielte im Vorprogramm von Ernst Mosch, nahm auch Termine wahr, die Mosch nicht spielen konnte. Und die fidelen Musikanten aus Schorndorf waren beileibe keine zweite Wahl.
Franz Hammer war viel unterwegs: Bei großen Festivals, in großen Hallen, sie bekamen euphorische Kritiken in Zeitungen Franz Hammer hat fast alle aufbewahrt und die "Fidelen Egerländer" schafften es sogar ins Fernsehen. Die "Original Fidelen Egerländer spielten mit Chris Howland und Franzl Lang, das ZDF kam eigens angereist nach Schorndorf, um die Kapelle vor historischer Kulisse zu filmen. Der Aufnahmeleiter äußerte den Wunsch, die Musiker aus den Rathausfenstern heraus aufzunehmen. Franz Hammer nahm seinen Mut zusammen, ging zum Chef, dem damaligen Oberbürgermeister Rudolf Bayler, und dieser meinte bloß: "Herr Hammer, heute verfügen sie übers Rathaus".

Franz Hammer erinnert beim Erzählen eine Geschichte nach der anderen. Wie er mit seinen Egerländern in einem Festzelt gespielt hat und ein Gast in der Pause zu ihm kam und sagte: "Herr Mosch, isch heut der Vater nicht dabei?", das bringt ihn heute noch zum Lachen. Dabei wollte er den Ernst Mosch nie überholen. Die fidelen Egerländer verstanden sich als Amateurtruppe. Man hatte seinen bürgerlichen Beruf und auch Familie. Franz Hammer ist verheiratet und hat drei Töchter und es freut ihn ganz besonders, dass seine Enkel "alle in die musikalische Richtung gehen". Selbstverständlich begleitet der Opa sie zu ihren Übungsstunden und zum Geburtstag gab s selbstredend ein Ständchen vom Nachwuchs.

Mitte der 70er Jahre musste Franz Hammer aus gesundheitlichen Gründen langsamer tun mit der Musik und den vielen Auftritten. Seine Gesundheit rebellierte gegen den Stress. In den Mittelpunkt rückte nun verstärkt seine Familie. Doch Franz Hammer ist darüber nicht bitter geworden. Irgendwo steckt in ihm immer noch der Bub, der froh ist an seiner Musik. Seine Großmutter habe ihm einst gesagt: "Bub, wenn du gesund bisch, bisch reich", und wenn einer dann auch noch die Musik hat ist er ein sehr reicher Mensch.

Franz Hammer ist im Oktober 75 Jahre alt geworden. Er arbeitete lange Jahre auf dem Schorndorfer Rechts-und Ordnungsamt. Bekannt wurde er mit seiner Tanzband "Exquisit", die in den 60er Jahren auf vielen Festen in Schorndorf spielte. Nationalen Ruhm errang er mit den "Original Fidelen Egerländern", denen Franz Hammer als Dirigent bis Mitte der 70er Jahre vorstand.