Stadtnachricht

Startschuss für Inklusion


Die Stadt Schorndorf positionierte sich erstmals öffentlich zum Thema Inklusion und zeigt so den politischen Willen, das Zusammenleben von Menschen mit Behinderungen und Menschen ohne Behinderung im Alltag selbstverständlich zu machen. An die 130 Gäste waren der Einladung zum ersten Inklusionsforum gefolgt. Unter Federführung der Stadtverwaltung hatten Oberbürgermeister Matthias Klopfer, der Kreisjugendring Rems-Murr und die Diakonie Stetten am 21. Oktober in die Barbara-Künkelin-Halle eingeladen.

Ein perfekter Einstieg war das Experiment "Behinderung erfahren", bei dem die nichtbehinderten Gäste Einschränkungen, wie Sehbehinderung, Lähmung oder Taubheit selbst erleben konnten.

OB Matthias Klopfer möchte die Vorgaben der UN-Konvention, dem Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, das Deutschland 2009 unterzeichnete, in Schorndorf verwirklichen und: "Menschen mit Behinderung selbstverständlich am Leben beteiligen, von Anfang an, praktisch, nicht als Zaungäste und nicht nur auf dem Papier."

Zu Wort kamen an diesem Abend daher vor allem die Gäste: Vertreter aus sozialen Einrichtungen, Lehrer, Erzieher, Eltern und Betroffene konnten an den Themen-Inseln "Gemeinsames Lernen", "Freizeitgestaltung" und "Sensibilisierung" Ideen und Wünsche äußern, wie sie sich gelungene Inklusion vorstellen, und welche Unterstützung sie von der öffentlichen Hand erwarten, um diesem abstrakten Begriff Leben einzuhauchen.

Die Lenkungsgruppe, der Hauptamtsleiterin Nicole Marquardt und Verena Krabbe vom Hauptamt, Simon Maier und Frank Baumeister vom Kreisjugendring, Simone Meyer und Jan Langhans von der Diakonie Stetten sowie Achim Schmidt als Elternvertreter angehörten, hatte ein abwechslungsreiches Programm und ein lebendiges Beteiligungs-Modell ausgearbeitet, das von SWR-Redakteur Knut Bauer sympathisch und professionell moderiert wurde.

Landesbehindertenbeauftragter Gerd Weimer lobte dieses aktive Veranstaltungsformat und empfahl es zur Nachahmung: "Wenn Inklusion in allen Kommunen so lebendig diskutiert werden würde wie hier, dann könnten alle Städte und Gemeinden die Inklusion schneller voranbringen."

Konsens in allen drei Arbeitsgruppen, deren Ergebnisse von Gerd Weimer, OB Matthias Klopfer und Steffen Wilhelm von der Diakonie Stetten zusammengefasst wurden, war, dass Inklusion gelingen kann, wenn die Bereitschaft und Einsicht eines jeden Einzelnen da ist, Menschen mit Behinderung als Bereicherung im gesellschaftlichen Leben zu betrachten. Nicht der Mensch mit Behinderung muss sich anpassen, sondern die Gesellschaft, in der er lebt.

Die Teilnehmer forderten auf, mehr Plattformen und Begegnungsmöglichkeiten zu schaffen, um Berührungsängste abzubauen. Und das Thema Inklusion müsse über die Expertenkreise hinaus eine breitere Basis bekommen. Dass die Inklusion weiter Fahrt aufnimmt, zeigen Einrichtungen wie die Diakonie Stetten. Sie verlagert ihre Wohnangebote für Menschen mit Behinderungen in die Kommunen hinein. So bezogen im Juli 24 Männer und Frauen, die vormals auf dem Gelände der Diakonie in Stetten lebten, Wohnungen in einem Wohnhaus an der Bismarckstraße. Für diese Schorndorfer Neu-Bürger muss Teilhabe am gesellschaftlichen Leben möglich sein. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist die Barrierefreiheit in öffentlichen Räumen, Kinos und Restaurants. Diese Vorgaben wird die Stadt bei künftigen Bauvorhaben und Umbauten erfüllen. Einfache Sprache in Infobroschüren oder im Internet ist ein weiterer Bestandteil von Barrierefreiheit. Sport- oder Musikvereine sollten mit geeigneten Angeboten auch Menschen mit Behinderungen eine Teilnahme ermöglichen.

Einigkeit herrschte auch darüber, dass die Sensibilisierung der Gesellschaft bereits im Kindesalter beginnen muss. Für gemeinsames Spielen und Lernen in Kindergärten, Kindertagesstätten und Schulen müssen Rahmenbedingungen und Unterrichtsformate geschaffen werden.

Alle drei Arbeitsgruppen wünschten sich eine zentrale Anlauf- oder Beratungsstelle in Schorndorf. Oberbürgermeister Matthias Klopfer versprach, die wertvollen Anregungen und Vorschläge der Arbeitsgruppen in den Gemeinderat zu transportieren.

Er wies aber auch darauf hin, dass es dafür natürlich finanzieller Mittel bedürfe, die an anderer Stelle eingespart werden müssten, um Schorndorf zu einer inklusiven Stadt zu machen.

Die Stadt Schorndorf macht sich auf den Weg, gemeinsam mit Selbsthilfegruppen, Trägern der Behindertenhilfe, Vertretern von Schulen und dem Kreisjugendring soll es weitergehen. Am Montag, 4. November gibt es einen Fortsetzungstermin. Die Lenkungsgruppe und Schulleiterin Ulrike Falk, laden dazu auf 18 Uhr in die Schorndorfer Fröbelschule, Rainbrunnenstraße 24 ein. Alle BürgerInnen, die mithelfen wollen, die Barrieren im Kopf abzubauen und sich einbringen wollen, sind herzlich zu diesem Termin eingeladen.