Stadtnachricht

Der Frieden fängt ganz im Kleinen an


Eröffnung der Ausstellung

Im Mittelpunkt der Vernissage zur Ausstellung "Peace Counts - die Erfolge der Friedensmacher" stand der Ex-IRA-Kämpfer Joe Doherty, der heute Sozialarbeiter und Friedensaktivist ist. Er erzählte aus seiner wild bewegten Zeit bei der irischen Untergrund-Armee.

OB Matthias Klopfer, der die Gäste begrüßte, bedankte sich zunächst bei den Machern und Kooperationspartnern der Ausstellung: dem Kreisjugendring, dem Institut für Friedenspädagogik Tübingen, der Agentur Zeitenspiegel aus Weinstadt sowie der Culture-Counts-Foundation. Den Vertretern des Kreisjugendring Manuela Mayer und Gerhard Dinger übereichte OB Klopfer einen Scheck der Bürgerstiftung Schorndorf in Höhe von 1.000 Euro.

Die Fotos der Ausstellung würden positive Beispiele zeigen, wie Frieden möglich gemacht werden kann. Und das sei wichtig, betonte Klopfer, denn die Medien würden tagein, tagaus über Krieg, Terrorismus, Hass und Verbrechen berichten. Gewalt und Gewalttaten scheinen offensichtlich in unserer Gesellschaft ein höheres Aufmerksamkeitspotenzial zu besitzen: "Wir sind und werden zu Gaffern des Leids gemacht." Die Bilder verdeutlichen aber, ergänzte Klopfer, dass Frieden im Kleinen anfängt. "Jede, jeder kann zum Frieden beitragen. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir uns das bewusstmachen. Was wir im Kleinen nicht lernen, schaffen wir im Großen nicht."

Klopfer zitierte den Philosophen Immanuel Kant, der habe schon im 18. Jahrhundert vorausschauend erkannte, dass zwei Erfindungen der Menschen wohl als die schwersten angesehen werden können - die Regierungs- und die Erziehungskunst. Der Schwerpunkt von Peace Counts liege deshalb auch folgerichtig vor allem in der pädagogischen Arbeit. Jugendliche werden in Veranstaltungen, Workshops an das Thema herangeführt. "Jugendliche führen Jugendliche durch diese Ausstellung. Dies liegt auch der Stadt Schorndorf am Herzen und wir ermöglichen deshalb den kostenlosen Eintritt in diese Ausstellung", betonte Matthias Klopfer.

Was man aus dieser Ausstellung lernen könne, ließe sich mit einem Begriff auf den Punkt bringen, nämlich "Konfliktbewältigung". Auch Nachdenken über schwierige Situationen und ihre Lösung fällt unter diesen Begriff. Also alles in allem Handwerkszeug für den Frieden. "Wir im Rems-Murr-Kreis haben spätestens seit Winnenden und Wendlingen eine besondere Verpflichtung Handlungsstrategien für den Frieden aufzuweisen. Dazu gehört auch aufeinander zuzugehen und den ersten Schritt nicht als Niederlage zu empfinden, sondern miteinander zu reden, einander zuzuhören und den anderen so zu akzeptieren, wie er ist."

Sein Grußwort beendete Klopfer mit einem Zitat des ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker: "Der Freund des Gespräches aber ist der Freund des Friedens, der nur auf dem Gespräch der Menschen miteinander ruhen kann."

Danach berichtete der heute 47-jährige, ehemalige IRA-Kämpfer Joe Doherty, wie ihn schon als 15-Jähriger der damals in Nordirland brodelnde Strudel der Gewalt in seinen Bann zog. Als Erstes habe er gelernt, wie man mit einfachen Mitteln eine Bombe zusammenbaut und natürlich den Umgang mit Schusswaffen jeglicher Art. Eben die Fähigkeiten, die man als Terrorist in dieser Art Guerillakampf, der von 1968 bis nach 2000 in den Städten seiner Heimat tobte, einfach beherrschen musste.

Am 8. Mai, dann der Tag der sein Leben und letztendlich sein von Hassgefühlen geleitetes Denken später stark änderte. An diesem Tag wurde der 28-jährige britische Elitesoldat Richard Westmachott in Belfast von der IRA erschossen. Einer der Todesschützen war er. Für diese Tat saß er 23 Jahre im Gefängnis. Noch heute kann er diesen getöteten Soldaten nicht vergessen.

Nach der Haft lernte er bei einer Konferenz nach dem Karfreitagsabkommen einen Briten kennen. Als der ihm erzählte, wie seine Frau ums Leben kam, als die IRA einen Lebensmittelladen in die Luft jagte, in dem sie gerade einkaufte, war dies der letzte Anstoß für seinen Umdenkungsprozess. Jetzt verstand er auch die "Gegenseite".

Heute ist Joe Doherty Sozialarbeiter und tut alles damit die von ihm betreuten Jugendlichen beider Glaubensrichtungen nicht so, wie er damals in die Szene der Paramilitärs abdriften. Er holt die Jungs von der Straße, spielt mit ihnen Fußball, geht mit ihnen Schwimmen, damit sie mal raus aus ihrem Viertel weg von den Untergrundgruppen kommen.

Der einstige Terrorist ist heute Friedensaktivist, der mit seinen Mitteln im Kleinen für den Frieden arbeitet. Er erzählte auch in Schulklassen aus seinen Erinnerungen.

Gestern stand ein Podiumsgespräch mit Uschi Entenmann von der Agentur Zeitspiegel in Waiblingen auf dem Programm.

Am Donnerstag, dem 11. März findet in der Galerie für Technik die nächste Veranstaltung zum Thema Frieden statt. Es gibt Reportagen von Peace Counts und deren Entstehung zu hören. Erzählt von Soran Assef (Figurentheater Phönix) und Tilman Wörtz (Agentur Zeitspiegel).

Am Sonntag, dem 14. März findet eine kostenlose Führung durch die Ausstellung in der Galerie statt. Es gibt Kaffee und Kuchen. Die Ausstellung geht noch bis Freitag, dem 19. März.