Stadtnachricht

Bürgerpreis für Figuren Theater Phoenix


2015-07-23_phoenix

In der vergangenen Woche wurden in Waiblingen die von der Kreissparkasse gestifteten Bürgerpreise verliehen. Die Jury fand, dass das diesjährige Motto „Kultur leben - Horizonte erweitern“ mit den LebensWelten des Schorndorfer Figuren Theaters Phoenix fantastisch umgesetzt werde. Dafür gab es den Preis in der Kategorie „Junge Helden“. Pfarrer Rainer Hinzen hielt die Laudatio. Der Vorstandsvorsitzende der Diakonie Stetten begann seine Rede mit einer Geschichte über das Schicksal einer Flüchtlingsfamilie, die wie viele andere tausende Familien einst nach Europa geflohen ist.

Eine Geschichte wie viele andere

„Ein ,Nein’ war der Beginn der langen Reise der Familie Mohmand“, erzählte Hinzen. „Der Krieg gegen die Sowjetunion ist noch nicht lange vorbei gewesen, da sollte Zakir Mohmand im Bürgerkrieg mitkämpfen, aber er wollte - er konnte nicht.“ Auf Nachbarn schießen? Zakir habe damals nein gesagt. Aber wer nein sagt, lebt sehr gefährlich in Afghanistan, berichtet Hinzen. Zakir wurde immer wieder gesucht. Die Mohmands seien dann geflohen, Mann und Frau, sie hatten damals noch keine Kinder. Rabia Mohmand sei da erst 17 Jahre alt gewesen und habe einfach die Schule abgebrochen. Knapp zwanzig Jahre sei das her, als die Beiden via Frankreich nach Deutschland kamen. Sie wären zu früh aus dem Zug ausgestiegen und in Augsburg gelandet. Wohin jetzt? Sie hätten dann irgendein asiatisches Geschäft gesucht, einfach so. Und dort trafen sie einen Mann, der ihre Sprache sprach. Dieser Unbekannte habe sie in seiner Wohnung übernachten lassen. So gastfreundlich sei der erste Tag in Deutschland verlaufen. „Inzwischen sind die Mohmands in Deutschland angekommen“, erklärte Hinzen.

Die Mohmands seien etabliert, aber das Geld reiche zum Leben nur gerade so. Die Mohmands werden weiter kämpfen müssen, aber ihnen sei nicht mehr bange.„Wir sind mit zwei Tüten angekommen“, erinnert sich Rabia Mohmand. Heute lebe die Familie in Sicherheit. Das sei ihnen das Wichtigste. Ihre Kinder hätten hier außerdem gute Zukunftschancen. „Wir sind zufrieden“, sagt die Mutter. Sie wisse, wem sie alle ihre Zukunft zu verdanken hätten - Gott und Deutschland.

Spielerische Inklusion

„Das ist nur ein Beispiel, eine Geschichte von vielen, ein Schicksal, das heute aber immer noch viele teilen“, betonte Pfarrer Rainer Hinzen. „Nicht nur aus Afghanistan fliehen die Menschen, auch aus Syrien, dem Sudan, Somalia, dem Kongo und aus dem Irak. Aber wer sind die oft noch sehr jungen Menschen hinter diesen Geschichten? Und genau an dieser Punkt setzt unser Preisträger in der Kategorie „Junge Helden“ an. Nachdem eine junge Gruppe Asylbewerber mit ihren Sprachhelfern eine Vorstellung des „Figuren Theater Phoenix“ in Schorndorf besuchte hatte, entstand die Idee, ein Theaterprojekt für Menschen mit Migrationshintergrund anzubieten.“ Durch die Sprachhelfer seien dann Kontakte zu den Bewohnern des Asylbewerberheims in Schorndorf geknüpft worden und mittlerweile stünden 16 junge Menschen im Alter von 16 bis 25 Jahren aus sieben verschiedenen Ländern auf der Bühne des „Phoenix“. Ihr Projekt nennen sie „LebensWelten“.

Viele Themen werden bearbeitet

Regelmäßig einmal die Woche und oft auch am Wochenende würden sich die Jugendlichen zum Proben treffen. Zusammen mit verschiedenen Helfern, wie zum Beispiel einer Theaterpädagogin und einem Musiker, entwickle man mit den jungen Leuten Stücke, erläutert Hinzen. „Es werden beispielsweise Lebensgeschichten dargestellt, aber es geht oft auch um Themen wie Krieg, das Verlassen der Heimat oder das Finden eines neuen Zuhauses. Häufig werden aber auch solche Themen wie freie Meinungsäußerung oder fehlende menschliche Werte einer Wohlstandsgesellschaft thematisiert. Gearbeitet wird mit verschiedenen Ausdrucksmitteln, unter anderem mit Schauspiel, Pantomime und Musik“, erläuterte Hinzen
Durch die gemeinsame Arbeit im Theater würden die Asylbewerber integriert, denn sie lernen das soziale Umfeld, Alltagssituationen und die Themen der Gleichaltrigen kennen. Dadurch müssten sie sich mit dem Gastland auseinandersetzen und würden durch das Entwickeln der Stücke auch die deutsche Sprache erlernen. Andersherum lernen die deutschen Jugendlichen die fremden Kulturen kennen und werden sensibilisiert. Das Figuren Theater Phoenix sei ein Theater für Jung und Alt. Sein Spielplan, so der Theologe weiter, umfasse eine breite Palette darstellerischer Mittel und Figurentechniken wie Tischfiguren, Marionetten, Schatten- und Handfiguren.

Projekte an Schulen

Im Abendprogramm würden interessante Produktionen in den Bereichen Figurentheater, Schauspiel, Live-Hörspiel, Lesung und Comic gezeigt. Außerdem biete das „Phoenix“ Schauspielkurse an und betreut theaterpädagogische Projekte an Schulen und sonstigen Einrichtungen. Nach Absprache würden auch Sondervorstellungen für Kindergärten, Schulen und sonstige Gruppen angeboten. Im Jahre 1986 begann das Figuren Theater in einem kleinen, alten Haus in der Schlichtener Straße in Schorndorf und zog 14 Jahre später in größere Räumlichkeiten in der Barbara-Künkelin-Halle um – in ein Theater, das eigens von der Stadt Schorndorf für das Figuren Theater in die neue Stadthalle mit eingebaut wurde.

Das Figuren Theater Phoenix wird durch das Land Baden-Württemberg und die Stadt Schorndorf finanziell gefördert.