Stadtnachricht

Politik im Rathaus: Stadträtinnen und Stadträte haben das Wort


Agieren statt reagieren

Eine ernste Geschichte über

Visionen, Sparen, Effizienz und Identifikation

Wilhelm Pesch: Wir schreiben das Jahr 2013: Der Ortsvorsteher macht in seinem Flecken die übliche Kontrollfahrt mit dem Fahrrad und notiert Schäden in sein Notebook. Zwei Straßen weiter trifft er auf den Sporthallen-Manager: Er ist versierter Pensionär und checkt als 400-Euro Kraft alle Dinge rund um die Halle. Da wird er auf seinem I-Phone angesimst: Es ist seine Assistentin, eine Minijobberin und seine rechte Hand. Beide organisieren gerade ein großes Heimatfest zusammen mit Vereinsmitgliedern. Danach führt ihn sein Weg ins Schulsekretariat, wo seine wöchentliche Bürgersprechstunde stattfindet und die notwendigen Akten aufbewahrt werden. Weiterhin ist noch eine wichtige Ortschaftsratssitzung vorzubereiten. Die Verwaltungsspitze wird erwartet und es gibt was zu feiern: Drei Jahre leben die BürgerInnen jetzt ohne Verwaltungsstelle und keiner vermisst sie. Das hat den städtischen Haushalt bis jetzt mit einer Million Euro für Personalkosten und Bauunterhalt entlastet. Mittlerweile sind alle Ortsteil-Rathäuser verkauft bzw. anderweitig genutzt. Die fast 2 Mio. Euro Verkaufserlöse wurden in unsere Kinder und Jugendliche gesteckt: Bildung statt Ineffizienz! Die wenigen Bedenkenträger von damals freuen sich ebenso über die Zunahme des Vereinslebens und das starke Kulturengagement der BürgerInnen.

Doch kehren wir zurück in die Gegenwart: Wir befinden uns infolge der Finanzkrise in einer dramatischen Haushaltssituation. Wir müssen die Belastungen und Einschnitte gleichmäßig und gerecht auf die Kernstadt und die Stadtteile verteilen. Die Stadt wird ansonsten handlungsunfähig und der Zwangsverwalter des Regierungspräsidiums steht vor der Tür. Wir müssen jetzt handeln, sonst haben wir es in 2014 mit einem Schuldenberg von über 40 Mio. Euro zu tun! Das können wir für die kommende Generation nicht verantworten. Und bis zum Jahresende sind noch weitere finanzpolitische "Grausamkeiten" vom Land und Bund zu erwarten.

Wir als Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sind der Meinung, dass auch die Verwaltung schlanker werden muss. Das Angebot muss heißen: Unabdingbar erforderlich, statt bequem und wünschenswert. Und nur keine faulen Kompromisse eingehen. Ganz wichtig für uns ist in diesem Zusammenhang die Unterstützung und Förderung der Ortschaftsräte, der lebendigen Demokratie an der Basis. Jeglicher Aushungerung der Ortsteilvertretungen ist Einhalt zu gebieten. Wir müssen dagegen die OrtschaftsrätInnen mit mehr Kompetenzen ausstatten. Dazu gehört auch mal eine Fortbildung, Sachaustattung und der Austausch mit dem Gemeinderat und der Verwaltung.

Werfen wir noch einen Blick in andere Kommunen des Rems-Murr-Kreises und darüber hinaus: Da gibt es Teilorte ohne Verwaltungsstelle, in denen das Vereins- und Kulturleben blüht und die BürgerInnen ihre Geschicke selbst in die Hand nehmen. Das Ausfüllen und Bearbeiten von Verwaltungsvorgängen am Computer daheim (neudeutsch "E-Government") gewinnt in den nächsten Jahren immer mehr an Bedeutung, so dass sich ein aufgeblähter Verwaltungsapparat in den Teilorten dann von selbst erledigen wird. Wir brauchen eine Verwaltung in der Kernstadt aus einem Guss mit hoher Kompetenz bzw. Sachverstand. Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen hofft, dass sich in der Abstimmung über das Sparpaket am 22. Juli eine breite Mehrheit zum Wohl der Gesamtstadt findet.