Stadtnachricht

Weichen für die Zukunft gestellt


Sondersitzung des Gemeinderats

Der Gemeinderat hat noch vor der Sommerpause mit großer Mehrheit ein umfangreiches Sparpaket beschlossen ("Schorndorf Aktuell" berichtete bereits ausführlich über die Sondersitzung) und damit "die Weichen für die Zukunft gestellt", wie OB Matthias Klopfer das Bündel mit vielen Maßnahmen bezeichnete. Die Stadt müsse alles tun, um handlungsfähig zu bleiben: "Wir wollen auch in Zukunft Herr des Verfahrens sein und keinen Sparkommissar vor die Nase gesetzt bekommen."

Am meisten umstritten war in dem vorausgegangenen, mehrmonatigen Prozess mit vielen Sitzungen und Besprechungen der Vorschlag des Bürgermeisteramts, die Ortschaftsverwaltungen abzuschaffen (Ortsvorsteher und Ortschaftsräte bleiben dabei unangetastet) und künftig alle Aufgaben von der Zentralverwaltung in der Kernstadt erledigen zu lassen. Dies hätte pro Jahr 360.000 Euro Einsparungen gebracht. Bei dem nun mit sechs Gegenstimmen verabschiedeten Kompromiss (einigen Stadträten war dieser zu großzügig) reduziert sich der jährliche Kostenaufwand immerhin noch um 225.000 Euro. Dafür wird das Wochenstundenkontingent in den Ortschaftsverwaltungen von derzeit 252 mehr als halbiert.

Die sieben Rathäuser sollen zusammen für rund zwei Millionen Euro verkauft werden. Die Umstellungsphase beginnt sofort und ist bis Ende 2011 terminiert. Die Konsenslösung gilt mindestens bis zum Jahr 2014. Danach werden die Ergebnisse von der Verwaltung bilanziert.

Künftig kann man sich in den Ortschaftsverwaltungen noch an- und abmelden, Führungszeugnisse beantragen sowie einfache Meldebestätigungen erhalten und die Hallen belegen. In der Kernstadt werden im Wesentlichen zentralisiert: Friedhofswesen, Passwesen, ein Teil des Meldewesens sowie Aufgaben im Bereich des Standesamtes, der Jagd und Fischerei. Aufgelöst werden die Ortsteilarchive und an einem noch zu bestimmenden Ort untergebracht. Die Verwaltungsstellen (sie werden in anderen Räumen untergebracht) bleiben in den Sommer- und Winterferien an insgesamt sechs Wochen ohne Vertretung geschlossen. Kosten lässt sich die Stadt den Ortsteil-Service immer noch einiges. So erhalten beispielsweise die sieben Ortsvorsteher zusammen eine Aufwandsentschädigung, mit dem der Oberbürgermeister bezahlt werden könnte.

CDU-Fraktionsvorsitzender Hermann Beutel sprach "von einer Menge Arbeit, die sich gelohnt hat." Die Ergebnisse des gesamten Pakets mit Steuer- und Gebührenerhöhungen würden die Bürger zwar unterschiedlich stark spüren, aber die letzte Gerechtigkeit gebe es nun mal nur im Himmel. Obwohl die Diskussion um die Verwaltungsstellen viele Emotionen ausgelöst hätte, liege nun ein zustimmungsfähiger Kompromiss auf dem Tisch: "Damit können alle leben." An Korrekturen bei den Steuererhöhungen könne man frühestens dann denken, wenn sich die politischen Rahmenbedingungen ändern und sich die Wirtschaft wieder so weit erholt, dass man wieder mit einer Zuführungsrate an den investiven Bereich arbeiten könne.

Da hat SPD-Stadtrat Thomas Berger vorerst noch wenig Hoffnung: "Weil die Staatsverschuldung rasant ansteigt, wird der Staat große Schwierigkeiten haben, handlungsfähig zu bleiben." Am Ende müssten die Bürger bis an die Schmerzgrenze belastet werden. Auch Schorndorf sei gefordert, weitere Einsparungspotenziale zu erschließen. Die Stadt habe nach wie vor ein Strukturproblem: Man müsse Kredite aufnehmen, um Löhne und Gehälter zu bezahlen. Die Verwaltungsstellen würden nun einen erheblichen Sparbeitrag bringen, eine Strukturveränderung sehe aber anders aus. Berger: "Da stehen uns noch schwierige Diskussionen bevor."

Etwas zuversichtlicher schätzt FDP/FW-Fraktionsvorsitzender Kurt Mächtlen die wirtschaftliche Lage ein: "Es besteht die Hoffnung einer anziehenden Konjunktur." Bevor diese bei den Kommunen ankommt, müsse weiter gespart werden, auch bei kleineren Beträgen. Wenn die Kassen leer sind, könne man die vielen Begehrlichkeiten einfach nicht erfüllen. Wenn im städtischen Etat wieder Luft vorhanden sei, könne man auch Steuererhöhungen etwas zurückfahren. Mit dem Kompromiss bei den Ortschaftsverwaltungen erklärte sich Mächtlen einverstanden.

Stadträtin Nadia Pagano (Die Grünen) bezeichnete die Finanzlage als miserabel: "Die Schieflage muss wieder geradegebogen werden." Weil Schorndorf leider keinen Goldesel im Rathaus habe, sei es richtig und wichtig, konsequent zu entscheiden, anstatt Bequemlichkeiten zu bedienen. Sie sprach damit in Sachen Ortschaftsverwaltungen das aufgeschnürte und verwässerte Paket an.

Dies sieht auch EBM Horst Reingruber so, der bei den Verwaltungsstellen von einer "halbherzigen Lösung" sprach. Sparen sei offensichtlich schwieriger, als Steuern zu erhöhen.

In den Ortschaften hat man sich mit der Situation offensichtlich arrangiert. Dies brachte der Oberberkener Ortsvorsteher Prof. Klaus Dobler für seine Kollegen zum Ausdruck: "Wir akzeptieren dies mehrheitlich, auch wenn der Schock anfangs tief saß." Schließlich leiste man jetzt doch einen erheblichen Spar-Beitrag.

Gelassen konnte die zweistündige Diskussion Hermann Mößner, Ortsvorsteher von Miedelsbach, verfolgen. Als Einziges wäre sein Gremium noch einen Schritt weiter gegangen und hätte die komplette Rathaus-Schließung befürwortet: "Wir sind alle Schorndorfer und brauchen eine effiziente Verwaltung." Diese sei in der Kernstadt am besten angesiedelt.

Mit großer Mehrheit abgelehnt wurde ein Antrag der Grünen, den Gemeinderat von 32 auf 26 Mitglieder zu reduzieren. Entsprechend sollten auch die Ortschaftsgremien in den Stadtteilen verkleinert werden.

Viel Interesse an der Sondersitzung des Gemeinderats in der Barbara-Künkelin-Halle.