Stadtnachricht

Wildschweine stellen Jäger und Landwirte vor Probleme


Der Andrang beim ersten Wildschweingipfel im Rathaus war groß.
Der Andrang beim ersten Wildschweingipfel im Rathaus war groß.

Presserundgang vor dem Wildschweingipfel: Die Schäden sind zum Teil massiv.In Schorndorf und in den Ortsteilen, wie auch in der gesamten Region richten Wildschweine derzeit massive Schäden in der Landwirtschaft aber auch auf privaten Flächen an. Die Schwarzwildpopulation hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Wildschäden und Wildunfälle auf den Straßen häufen sich ebenfalls. Hinzu kommt, dass sich die Afrikanische Schweinepest weiter in den Wildschweinbeständen Richtung Westen ausbreitet und das Problem verschärft. Ein Thema, das bewegt, wie sich beim ersten Wildschweingipfel in der vergangenen Woche in Schorndorf zeigte. Mit rund 100 Jägern und Landwirten diskutierten Oberbürgermeister Matthias Klopfer, Bürgermeister Thorsten Englert, Erster Landesbeamter Michael Kretzschmar, Andreas Schunter, stellvertretender Vorsitzender des Bauernverbands, Walter Rupff, stellvertretender Kreisjägermeister, und stellvertretend für die Ortschaften Ortsvorsteher Siegbert Doring über mögliche Maßnahmen. Im Fokus standen vor allem Drückjagden, also Jagden, bei denen das Wild tagsüber mit Hunden und Treibern aufgescheucht wird, sowie die Schadensregulierung.

Denn der Ärger bei den Landwirten über die Schäden wächst. Auch die Jagdpächter haben mit den Umständen zu kämpfen: Sie müssen für die Schäden auf landwirtschaftlich genutzten Flächen innerhalb ihres Reviers aufkommen. „Das können wir auf Dauer nicht leisten“, sagten die Jäger unisono. Damit ist klar: Wenn die Kosten für die Schadensregulierung weiter steigen, wird es für die Stadt immer schwieriger, Jagdpächter zu finden. Und in Schorndorf laufen die bestehenden Jagdpachtverträge im Jahr 2020 aus.

Vielfältige Gründe

Umgegrabene Wiesen sind für Landwirte ein großes Ärgernis.Die Gründe für die in den vergangenen Jahren extrem angestiegene Wildschweinpopulation seien vielfältig, wie Toralf Bauch von der Wildforschungsstelle Landwirtschaftliches Zentrum Baden-Württemberg in seinem Fachvortrag verdeutlichte: Ausreichend zur Verfügung stehende Nahrung, milde Winter, eine extrem gute Anpassungsfähigkeit seitens der Wildschweine auf veränderte Bedingungen, und, eines der Hauptprobleme, so Bauch, deutlich höhere Fortpflanzungsraten. Bei Wildschweinen hängt die Geschlechtsreife nicht vom Alter, sondern vom Gewicht ab, sie sind ab 20 Kilo geschlechtsreif. „Das Durchschnittsgewicht von Frischlingsbachen ist in den vergangenen Jahren um rund drei Kilo gestiegen, sie werden also deutlich früher geschlechtsreif“, erklärte Bauch. Um das derzeitige Niveau bei der Schwarzwildpopulation zumindest zu halten und im besten Fall zu reduzieren, ist es aus Sicht von Toralf Bauch unerlässlich, die Abschussraten zu erhöhen. Zwingend notwendig sei dabei, dass Tiere jedes Gewichts und Alters geschossen werden dürften – bislang gibt es Gewichts- und Altersklassenbeschränkungen. Und: Es müssten flächendeckende und vor allem revierübergreifende Drückjagden stattfinden, an denen sich alle Reviere auch beteiligen. Denn, Wildschweine seien extrem schlau. „Sie merken sofort, wenn ein Revier nicht beteiligt ist, dort verstecken sie sich dann.“ Der Experte ist sich sicher: „Wenn wir nicht eingreifen, wird die Schwarzwildpopulation weiter steigen.“

Ein Maisfeld am Grüß-Gott-Weg Richtung Weiler, das Wildschweine verwüstet haben.„In der vergangenen Jagdsaison haben 20 Drückjagden stattgefunden“, erklärte Michael Kretzschmar, der als Erster Landesbeamter beim Landratsamt Rems-Murr-Kreis für dieses Thema zuständig ist. Diese flächendeckend einzusetzen, sei allerdings schwierig. Denn es müssten bestimmte Abstände zu den Straßen eingehalten werden, das Unfallrisiko sei zudem sehr hoch. Und die viel befahrenen Straßen im Kreis für Drückjagden zu sperren, bedeute immer einen sehr hohen Aufwand. „Wir als Stadt werden hier nach Kräften unterstützen“, sagten sowohl Oberbürgermeister Matthias Klopfer wie auch Bürgermeister Thorsten Englert zu. Die Stadtverwaltung werde sich weiter intensiv mit der Problematik auseinandersetzen und gemeinsam mit den Jägern und Landwirten nach Lösungen suchen. „Wir werden dem Gemeinderat beispielsweise einen Vorschlag zur Anschaffung von Geräten machen, die zur Behebung von Wildschäden eingesetzt werden können“, kündigte Thorsten Englert an. Und es werde Gespräche mit den Jägern über die Höhe der Pacht geben. „Ich freue mich, dass wir heute die Gelegenheit genutzt haben, mit allen Beteiligten ins Gespräch zu kommen“, betonte Oberbürgermeister Matthias Klopfer. „Denn Sie alle tragen dazu bei, dass wir hier in unserer Region eine hohe Lebensqualität haben. Umso wichtiger ist, dass wir eng zusammenarbeiten, um diesem Problem Herr zu werden.