Stadtnachricht

"Das Leben in den Städten schützen"


Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
 
Wir wissen, dass die Lage ernst ist und wir der weiteren Ausbreitung des Corona-Virus entschieden entgegentreten müssen. Hierbei haben Sie wie in der Vergangenheit unsere volle Unterstützung. Wir können aber nur erfolgreich sein, wenn wir auch die Bürgerinnen und Bürger vom Sinn der Maßnahmen überzeugen können. Das fällt uns bei den gestern in Berlin gefassten Beschlüssen schwer.
 
Wir fragen uns, nach welchen Kriterien die Bereiche ausgewählt wurden, die nun komplett geschlossen werden sollen. Theater, Oper, Kino, Gastronomie, Hotellerie und Cafés haben gute Hygienekonzepte etabliert und sind als Treiber des Infektionsgeschehens nach unserer Kenntnis von eher geringer Bedeutung. Es ist für uns nicht ersichtlich, dass durch den kompletten Lockdown dieser Bereiche das Tempo der Pandemie ausreichend gebremst werden könnte.
 
Es scheint, als liege der Auswahl der Schließungsbereiche die Annahme zugrunde, dass diese am ehesten entbehrlich seien. Dieser Auffassung treten wir entgegen. Kunst, Kultur und Gastronomie machen das Leben in unseren Städten wesentlich aus. Sie einfach abzuschalten, gefährdet auf Dauer Bürgersinn, Zusammenhalt und Lebensgeist der Stadtgesellschaften. Wir sehen die Gefahr, dass die Maßnahmen damit das gefährden, was wir zuallererst brauchen, um die Pandemie durchzustehen.
 
Das gilt um so mehr, als wir zwar lesen, dass die Schließungen bis zum Ende des Monats befristet sein sollen, darauf aber nicht vertrauen können. Im Gegenteil. Es ist zu befürchten, dass die Pandemie durch diese sektoralen Eingriffe so wenig gebremst wird, dass sie bis zum Frühjahr verlängert werden müssen. Das hätte gravierende Strukturbrüche zur Folge. Allein mit Geld kann man Unternehmergeist, Kreativität und Leistungswillen nicht erhalten. Dauerhafte Abwertung und Untätigkeit wird viele zum Aufgeben treiben. Was dadurch zerstört wird, ist auf lange Zeit nicht mehr wiederherzustellen.
 
Aus diesem Grund bitten wir Sie, die Umsetzung der Beschlüsse in Landesrecht nochmals auf den Prüfstand zu stellen. Wir sind uns im Klaren, dass Baden-Württemberg keine völlig andere Linie fahren wird. Aber wir hielten es für angemessen, dem Infektionsschutz bei der Definition der Maßnahmen einen höheren Stellenwert zu geben und von gänzlich abstrakten Verboten Abstand zu nehmen. Beispielsweise ist Gastronomie mit Decken oder Heizstrahlern an der frischen Luft nach unserer Meinung völlig unbedenklich. Der Besuch einer Kunstausstellung oder einer Theatervorstellung kann durch weiter verschärfte Besucherzahlgrenzen, Masken und Abstände sicher gestaltet werden.
 
Wir bitten Sie diese Differenzierungen nochmals zu erwägen, bevor ein allzu pauschaler Lockdown angeordnet wird.
 
Mit freundlichen Grüßen
 
OB Richard Arnold, Schwäbisch Gmünd
OB Dr. Pascal Bader, Kirchheim unter Teck
OB Stefan Belz, Böblingen
OB Andreas Brand, Friedrichshafen
OB Michael Bulander, Mössingen
OB Ulrich Fiedler, Metzingen 
OB Johannes Fridrich, Nürtingen
OB Bernd Häusler, Singen
OB Thomas Keck, Reutlingen
OB Matthias Klopfer, Schorndorf
OB Klaus Konzelmann, Albstadt
OB Michael Lang, Wangen im Allgäu
OB Julian Osswald, Freudenstadt
OB Boris Palmer, Tübingen
OB Helmut Reitemann, Balingen
OB Thilo Rentschler, Aalen
OB Michael Scharmann, Weinstadt
OB Norbert Zeidler, Biberach

BM Tobias Benz, Wyhlen
BM Marcus Ehm, Sigmaringen
BM Meike Folkerts, Titisee-Neustadt
BM Birgit Förster, Niefern-Öschelbronn
BM Janette Fuchs, Todtmoos
BM Philipp Hahn, Hechingen
BM Lisa Hengstler, Gütenbach
BM Franziska Kenntner, Mehrstetten
BM Dagmar Kuster, Hettingen
BM Diana Kunz, Zaberfeld
BM Petra Müller-Vogel, Gaiberg,
BM Daniela Paletta, Biberach (Baden)
BM Sarina Pfründer, Sulzberg
BM Sabine Schwaiger, Aglasterhausen
BM Antonia Walch, Sternenfels
BM Monica Wieland, Gutenberg-Hürben
BM Sybille Würfel, Maisch
BM Helga Wössner, Mühlenbach