Stadtnachricht

Der Palm-Preis wird verliehen


Zum ersten Mal in der Geschichte des Palm-Preises findet in diesem Jahr corona-bedingt kein öffentlicher Festakt statt. Dennoch wird am kommenden Sonntag, 6. Dezember, eine Veranstaltung im Kreis einiger geladener Gäste, Unterstützerinnen und Partner in Form einer Videokonferenz ausgerichtet, um der Preisträgerin und dem Preisträger die verdiente Anerkennung auszudrücken.

Bushra Al-Maktari


Porträt der Palm-Preis-Trägerin Bushra Al-Maktari

Bushra Al-Maktari, Aktivistin, Journalistin und Buchautorin aus dem Jemen ist seit 1998 publizistisch tätig. Seit dem Ausbruch des Krieges im Jemen im Jahr 2015 hat sie über 400 Einzelschicksale akribisch dokumentiert. In ihrem auch auf Deutsch erhältlichen Buch „Was hast du hinter dir gelassen?“ berichtet sie über den mörderischen Alltag in einem völlig zerstörten und international isolierten Land. Sie setzt sich damit erheblichen persönlichen Risiken aus, da sie sich jeder Parteizugehörigkeit verweigert und zahllose Verbrechen an der Zivilbevölkerung beschreibt. „Ihr erschütterndes Werk ist ein Akt des Widerstands gegen die Sinnlosigkeit von Krieg und Gewalt“, heißt es im Text der Preisurkunde.
Der Jemen ist seit Monaten so gut wie abgeriegelt; eine Ausreise der Preisträgerin war nicht organisierbar. Bushra Al-Maktari wird wegen fehlender technischer Voraussetzungen und wegen ihres schlechten Gesundheitszustandes eine vorab aufgezeichnete Grußbotschaft an die Gäste der Preisverleihung senden.

Gui Minhai


Porträt des Palm-Preis-Trägers Gui Minhai

Gui Minhai, Autor, Buchhändler und Verleger aus China erhält den Preis für seine mutige Kritik an den Auswüchsen des autokratischen Einparteiensystems der Volksrepublik China. Den Preis, den er dafür zu zahlen hat, ist hoch: Bereits im Jahr 2015 ist er gemeinsam mit einigen Kollegen aus Hongkong entführt und massiv unter Druck gesetzt worden. Als er 2018 versuchte, für eine ärztliche Behandlung in die schwedische Botschaft in Peking zu gelangen (Gui Minhai besitzt die schwedische Staatsbürgerschaft), verhaftete ihn die chinesische Staatssicherheit erneut. Im Februar 2020 verurteilte ihn ein chinesisches Gericht wegen des angeblichen Verrats von Staatsgeheimnissen zu zehn Jahren Haft. Seither befindet er sich an einem unbekannten Ort. Gui Minhai steht in einer frappierenden Traditionslinie mit dem Namens- und Ideengeber des Preises: „Wie der historische Buchhändler und Verleger Johann Philipp Palm gibt auch er ein herausragendes Beispiel für den Kampf um das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung,“ so das Kuratorium der Palm-Stiftung e.V. in seiner Begründung. Seine Tochter, Angela Gui, engagiert sich für seine Freilassung. Sie wird dem Festakt per Videochat live zugeschaltet sein.

Tag der Menschenrechte


Da die Veranstaltung nicht live stattfinden kann, werden einzelne Wortbeiträge, wie etwa die Urkundentexte und die Laudationes, eingesprochen. Am Donnerstag, 10. Dezember, dem Tag der Menschenrechte, wird auf der Homepage der Palm-Stiftung e.V. ein Zusammenschnitt der Veranstaltung oder der Einzelbeiträge zum Nachvollzug zur Verfügung stehen.
In jedem Fall jedoch erhalten die Preisträgerin und der Preisträger das ihnen zustehende Preisgeld wie immer am Montag nach dem geplanten Festakt. Der Johann-Philipp-Palm-Preis für Meinungs- und Pressefreiheit ist mit insgesamt 20.000 Euro dotiert. Er steht unter der Schirmherrschaft des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann.
Mit dem Preis werden in jedem geraden Jahr Personen und Institutionen ausgezeichnet, die sich in herausragender Weise für Meinungs- und Pressefreiheit einsetzen.