Stadtnachricht

Stadtmuseum übernimmt Oberle-Werke


Sonja Schnaberich-Lang, Dr. Andrea Bergler und Konrad Oberle mit einem Selbstporträt von Werner Oberle aus seiner Zeit als Studierender.

Werner Oberle war freischaffender Künstler von überregionaler Bedeutung und ist vielen Schorndorfern ein Begriff. Viele kannten ihn oder kennen seine Werke, haben vielleicht sogar selbst eines oder können sich an die große Doppelausstellung im Jahr 2012 anlässlich seines 100. Geburtstages erinnern. Damals waren in der Galerie für Kunst (heute Q Galerie) seine bekannten Männerbilder zu sehen und das Stadtmuseum zeigte parallel Grafiken und Radierungen. „Unsere Ausstellung war unheimlich interessant“, berichtet Museumsleiterin Dr. Andrea Bergler. „Man konnte erkennen, wie verknüpft die Lebensgeschichte von Werner Oberle mit seinen Grafiken ist.“

Nun, knapp zehn Jahre nach diesen Ausstellungen, übergeben die drei Söhne und zwei Töchter eine umfangreiche Schenkung mit Kunstwerken aus dem Nachlass ihres Vaters an das Stadtmuseum. Enthalten sind circa 2.000 Arbeiten wie Druckgrafiken, Zeichnungen, Aquarelle, Skizzen sowie Entwürfe für Glasfenster. Hinzu kommt Schriftgut wie persönliche Korrespondenzen mit anderen Künstlern, Materialien zu Ausstellungen, Kataloge, Werklisten, Manuskripte und Fotos.

Wertvolle Vorarbeit

„Wir freuen uns sehr, dass das Stadtmuseum einen Teil des Nachlasses von unserem Vater übernimmt und verwahrt,“ sagt Sohn Konrad Oberle bei der Vetragsunterzeichnung. „Der Nachlass unserer Eltern ist ein großes Geschenk, aber auch eine Belastung.“

Gemeinsam mit seinen Brüdern leistete Konrad Oberle sehr wertvolle Vorarbeit. „In den vergangenen 2,5 Jahren haben wir die Arbeiten unseres Vaters thematisch und chronologisch in Mappen geordnet und Listen mit Titel, Technik, Maßen und Fotografien erfasst,“ erklärt er. „Das erleichtert uns die Archivierung der Sammlung ungemein“, freut sich Andrea Bergler darüber. Immerhin handelt es sich um 46 Mappen mit Kunstwerken und sechs Kisten mit Schriftverkehr.

Außergewöhnliches Können

„Die Bandbreite seines Wirkens erkennt man in seinen Werken“ sagt Museumsleiterin Dr. Andrea Bergler.

Konrad Oberle mit einigen Werken seines Vaters Werner Oberle.Werner Oberles Können bestand unter anderem darin spontan einen ersten Eindruck auf Papier bringen zu können. „Häufig bestehen seine Werke nur aus wenigen Strichen und dennoch ist das Motiv gut erkennbar,“ bewundert Bergler.
Oberle hatte ein breitgefächertes Interesse in vielen Bereichen. Beispielsweise interessierte er sich für Archäologie, spielte Geige und Klavier. Er zeichnete immer an der Grenze der abstrakten Kunst. Häufig setzte Oberle sich auch mit der Zeitgeschichte auseinander. Das Thema Mobilität spielt beispielsweise in vielen seiner Männerbilder eine Rolle. Und auch seine Urlaubsorte verewigte er gerne auf Papier. Als er in den 1950er-Jahren häufig nach Frankreich reiste, skizzierte er vermehrt Kathedralen, die er bis in die 80er-Jahre zu Zeichnungen ausarbeitete.

In vielen Kirchen Baden-Württembergs finden sich noch heute von ihm gestaltete Glasbilder, beispielsweise in der Johanneskirche in Rudersberg, der Frauenkirche in Künzelsau und der Stephanuskirche in Bad Cannstatt. Auch die Westrosette der evangelischen Stadtkirche in Schorndorf, die über der Orgel drei Engel zeigt, sind von Werner Oberle.

Fachbereichsleiterin Sonja Schnaberich-Lang, die stellvertretend für die Stadt den Schenkungsvertrag unterschrieb, bedankte sich bei Konrad Oberle mit den Worten „Ein großes Dankeschön im Namen der Stadt für die Überlassung der Werke Ihres Vaters. Diese sind bei uns in guten Händen.”

Biografie

Werner Oberle wurde 1912 in Bad-Cannstatt geboren. Er begann sein Kunststudium im Jahr 1932 in Karlsruhe und setzte es in Stuttgart fort. Im Zweiten Weltkrieg war er im Kriegsdienst in Deutschland und Frankreich eingesetzt. Dabei schloss er sich Widerstandskreisen in beiden Ländern an. Dies zeigt ein Briefwechsel mit Hans Scholl, einem bekannten Widerstandskämpfer der Weißen Rose sowie Porträts von Mitgliedern der Resistance. Oberles Erfahrungen im Krieg waren für ihn sehr prägend. Viele seiner gezeichneten Werke stammen aus der Kriegszeit.

Als Werner Oberle in englische Kriegsgefangenschaft kam, war er als Kunstpädagoge tätig. Auch in Schorndorf unterrichtete er als Kunsterzieher am Gymnasium und arbeitete ebenso an der Pädagogischen Hochschule in Schwäbisch Gmünd. Viele seiner künstlerischen Werke hat Oberle erst in seiner Pension weiter ausgeführt und fertiggestellt. In den 1970er-Jahren war Oberle zudem als Leiter des Heimatmuseums Schorndorf tätig. Dieses gestaltete er in diesen Jahren neu. Er starb am 11. August 1990 im Alter von 77 Jahren.